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Saeculum

Titel: Saeculum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poznanski Ursula
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wenn du dich auf den Kopf stellst.« Bastian setzte sich an den Schreibtisch und schlug sein Physio-Buch auf. Die Buchstaben tanzten vor seinen Augen.
    »Manchmal kann ich fast nicht glauben, dass du mein Sohn bist.« Die Stimme seines Vaters war kühl, aber der Zorn dahinter nicht zu überhören. »Ich habe dir immer gesagt, dass Kontakte und Beziehungen in unserem Beruf unverzichtbar sind. Aber du trittst deine Chancen gern mit Füßen, nicht?«
    Das Atmen fiel Bastian zunehmend schwerer. Er biss sich auf die Lippe, würde sich zu keiner voreiligen Antwort hinreißen lassen.
    »Wie dumm von dir. Es ist dir klar, dass das nicht ohne Folgen bleiben wird, oder?«, sagte sein Vater mit beinahe zärtlicher Stimme.
    Ist mir doch egal. Bastian zwang sich, nicht hochzusehen, und konzentrierte sich auf nichts als seine eigenen Atemzüge. Dann endlich entfernten sich Schritte, er hörte die Tür, die geöffnet und geschlossen wurde. Hörte die genagelten Schuhe im Treppenhaus. Atmete ein.
    Noch eine Stunde, bis er am Bahnhof sein musste.

 
    P aul war nicht zu übersehen. Die roten Federn auf seinem Ritterhelm bogen sich leicht nach hinten, wann immer ein Windhauch durch die Bahnhofshalle wehte. Um ihn herum gruppierten sich bereits einige Leute, von denen Bastian nur Steinchen und Doro kannte - und natürlich Sandra, die auf ihn zustürzte, kaum dass sie ihn entdeckt hatte. Sie fiel ihm um den Hals und drückte ihm einen Kuss auf die Lippen. »Ich freue mich so«, flüsterte sie. »Es ist fantastisch, dass du dabei bist.«
    Er freute sich ebenfalls, obwohl die gerade erst überstandene Begegnung mit seinem Vater ihm noch in den Knochen steckte. Nicht daran denken. Lieber Sandra ansehen.
    In den vergangenen vier Wochen hatten sie sich einige Male verabredet, hatten lange Gespräche geführt und gemeinsam Vorbereitungen für dieses Abenteuer hier getroffen, doch viel näher waren sie einander immer noch nicht gekommen. Bastian hatte den Eindruck, dass Sandra bis zu der Convention hatte warten wollen, als könne sie dort erst entscheiden, ob er wirklich zu ihr passte. Jetzt strahlte sie ihn an, vibrierte förmlich vor Aufregung.
    Die beiden unangenehmen Echos - das des unangekündigten Besuchs und das des anonymen Telefongesprächs - begannen zu verklingen. Einige Minuten lang war Bastian unschlüssig, wie er sich verhalten sollte, ob es klug wäre, Sandra auf den Anruf anzusprechen. Aber er wollte die gute Stimmung nicht aufs Spiel setzen. Wozu auch? Er hatte sich entschieden mitzufahren, er war hier, er freute sich. Der Anruf war sicher nur ein dummer Streich gewesen, vielleicht von diesem Typen, der sich am Mittelaltermarkt darüber beschwert hatte, dass Bastian mitfahren durfte und er nicht. Das musste es sein. Pech gehabt, Junge.
    Sandra verschränkte ihre Finger mit seinen und zog ihn hinüber zu den anderen. Paul winkte zur Begrüßung mit seinem Klemmbrett und lächelte Bastian so herzlich an, dass er sich tatsächlich wie ein altes Mitglied der Gruppe zu fühlen begann. Die Zugfahrkarten rückte Paul allerdings noch nicht heraus.
    »Erst wenn wir vollständig sind.«
    Lisbeth und Georg trafen als Nächste ein, Iris kurz nach ihnen. Sie wirkte heute anders als auf dem Markt, hielt sich eng an Steinchen, als versuche sie, in seinem Schatten zu verschwinden. Bastian registrierte, dass sie nicht nur einen unförmigen Seesack auf dem Rücken trug, sondern auch eine große, halbrunde Ledertasche an sich presste. Er wettete mit sich selbst, dass darin die Harfe steckte.
    »Lars, Ralf und Tommi noch, dann sind wir komplett«, erklärte Paul.
    »So wenige?« Das hatte Bastian sich anders vorgestellt. Bisher waren sie zu zehnt, mit den drei Fehlenden würden es gerade mal dreizehn werden.
    »Es fahren nicht alle von Köln weg. Ein paar kommen schon noch dazu, aber es wird keine Massenveranstaltung.« Federleicht streichelte Sandra seine Hand, fuhr mit dem Finger über die Innenseite seines Unterarms. »Wir sind diesmal wirklich ein exklusives Grüppchen, ich hoffe, du fühlst dich geehrt!« Sie unterbrach sich und winkte in Richtung Bahnhofshalle, wo zwei weitere Mitreisende im Anmarsch waren.
    Sandras Erklärungen zufolge war der rundliche blonde Typ, der beim Gottesurteil die Schriftrolle vorgelesen hatte, Ralf. Jetzt schleppte er mit roten Backen und einem feinen Schweißfilm auf der Stirn einen Rucksack vor seinem Bauch und einen auf dem Rücken, während Lars sich auf leichteres Gepäck beschränkt hatte. Dafür hielt er

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