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Saeculum

Titel: Saeculum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poznanski Ursula
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dass es nichts gab, was er ihm anbieten konnte.
    »Wasser.« Die Antwort kam langsam und krächzend. Ein prüfender Griff an Steinchens Stirn bestätigte, was Bastian vermutet hatte: Sein Freund hatte Fieber.
    »Ich kümmere mich darum. Bleib sitzen und versuch dich zu entspannen.« Er lief zum Bach, um frisches Wasser in seinen Trinkschlauch zu füllen. Was war das, worunter Steinchen litt? Unklarer Hautausschlag, wirkte wie eine Verbrennung zweiten Grades. Fieber. Atemnot. Möglicherweise Nesselsucht? Aber woher? Und waren die Symptome da wirklich so heftig? Dann vielleicht Vorboten eines anaphylaktischen Schocks? Oh bitte nicht!
    Ich wünschte, ich wüsste es. Ich wünschte, ich wäre Arzt und nicht nur ein planloser Student. Ich wünschte, all das hier wäre vorbei.
    Auf dem Weg zum Bach traf Bastian auf Doro, die mit einem kleinen Messer Zeichen in Baumstämme ritzte. Ein B mit eckigen Ausbuchtungen, ein H mit schiefem Querstrich.
    »Berkano und Hagalaz«, erklärte sie. »Schutzrunen. Sie halten böse Kräfte fern und helfen beim Kontakt mit nicht menschlichen Wesen.« Sie senkte ihre Stimme. »Ich weiß, du hältst mich für verrückt. Aber sieh dir Steinchen an.«
    »Und? Er hat einen Ausschlag mit ein wenig Fieber. Gibt's dafür eine passende Rune?«
    Sie lächelte nicht mal ansatzweise. »Du hast Tristrams Worte vergessen: ›Ihre Haut wird sich vom Fleisch lösen.‹ Ich versuche mein Möglichstes, um das Böse fernzuhalten, verstehst du das nicht?«
    Bastian sah sie wortlos an, verkniff sich ein Kopfschütteln und setzte seinen Weg zum Bach fort. Das plätschernde Wasser war kalt und tat gut, er tauchte seinen Kopf tief ein. Ruhig bleiben. Bestandsaufnahme machen.
    Zwei der Suchtrupps waren zurück, ohne Sandra oder einen der anderen gesehen zu haben. Es gab nichts mehr zu essen, außer sie fanden sich damit ab, das Zeug mit Hunderten Maden zu teilen. Steinchen war krank und brauchte einen richtigen Arzt.
    »Wir müssen hier weg«, murmelte Bastian in den Wald hinein. Für einen Moment schloss er die Augen. Hier verschwinden hieß nicht, die Verschwundenen im Stich lassen. Im Gegenteil. Es hieß Hilfe holen.
    Als er die Augen wieder aufschlug, nahm er eine Bewegung zu seiner Rechten wahr. Ein schnelles Wegzucken, als hätte jemand sich eilig hinter die Felsen zurückgezogen. Jemand mit leuchtend rotem Haar.
    »Hallo?« Bastian kniff die Augen zusammen.
    Nichts rührte sich.
    Vielleicht war es ein Reh gewesen. Ein sehr rotes Reh. Oder ein Irrtum. Die Felsen waren über hundert Meter entfernt und er war schließlich brillenlos. »Hallo?«, rief er noch einmal.
    Wieder keine Reaktion.
    Auch gut, er würde sich nicht weiter damit aufhalten, er musste sich um Steinchen kümmern.
    Auf der Wiese lief er an Carina vorbei, der einzig Rothaarigen in der Gruppe. Doch es war das falsche Rot. Viel zu dunkel.
    Das Wasser und die feuchten Tücher auf der Stirn taten Steinchen gut, er atmete hörbar freier - nur der Ausschlag auf seinen Armen wurde von Minute zu Minute schlimmer.
    »Vielleicht sollte er aus der Sonne«, überlegte Iris laut. »Er sieht schon jetzt aus, als hätte er Verbrennungen.«
    Gemeinsam stützten sie den halb bewusstlosen Steinchen, halfen ihm in den Schatten und blieben neben ihm sitzen. Nicht lange und sein Schnarchen hallte durch den Wald. Bastian nahm das als gutes Zeichen. Ein zweites Geräusch, leiser und lang gezogen, konnte er zuerst nicht einordnen, dann begriff er, dass es Iris' Magen war. Sie hob entschuldigend die Schultern.
    »Meine Vorräte sind alle aufgebraucht. Ist aber nicht schlimm. Ich schnapp mir später ein paar Maden, bastle mir eine Angel und gehe zum Teich fischen.«
    »Kommt nicht infrage.« Ups, jetzt hatte er sich angehört wie sein Vater. »Entschuldige. Aber das ist zu gefährlich. Was, wenn du auch abhandenkommst? Außerdem sollten wir zusehen, dass wir hier wegkommen. Heute noch.«
    Sie nickte, die Stirn voller nachdenklicher Falten. »Wenn ich daran denke, wie sehr ich mich auf diese Tage gefreut habe. Aber Pech. So läuft es manchmal eben.«
    Wenig später kehrte auch die dritte Gruppe von ihrer Suche zurück. Bastian sah auf den ersten Blick, dass weder Sandra noch Warze noch Lars dabei waren. Lisbeths Augen waren gerötet wie von langem Weinen und auch alle anderen wirkten erschöpft.
    »Das hier haben wir gefunden, aufgespießt auf einen Ast.« Paul hielt ein rostbraunes Stück Stoff in der Hand, ungefähr in der Farbe von Sandras Rock. Ganz sicher war Bastian

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