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Saeculum

Titel: Saeculum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poznanski Ursula
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Leinensack holte er Fackeln hervor, mindestens sieben Stück, und befühlte die mit Stoff umwickelten Enden. »Beinahe trocken.« Er hielt eine davon ins Feuer, sie brannte sofort.
    »Ich gehe jetzt und finde heraus, mit wem wir unseren Unterschlupf teilen. Möchte mich jemand begleiten?«
    Zu Bastians Überraschung rappelte Doro sich hoch, aber dann erkannte er, dass sie das nur tat, um sich Paul in den Weg zu stellen.
    »Hast du es so eilig, deinem Schicksal in die Arme zu laufen?« Ihre Stimme war rau vor Angst. »Etwas wartet dort auf uns und ich kann spüren, wie böse es ist.«
    »Ach, Doro.« Paul lächelte auf sie herunter. »Mein Schicksal? Das nehme ich gern selbst in die Hand, da hast du recht. Beruhige dich, okay? Du siehst die Dinge anders als ich, das ist auch in Ordnung, aber langsam muss Schluss sein mit der Angstmacherei und dem Aberglauben. Ich gehe nachsehen, ob außer uns noch jemand hier ist.« Er legte ihr eine Hand auf die Schultern. »Du musst nicht mitkommen. Es ist sogar besser, du bleibst hier und hast ein Auge auf Arno.«
    Sie schüttelte stumm den Kopf. »Es ist nicht nur dein Leben, das du aufs Spiel setzt.«
    Etwas blitzte im Feuerschein - Iris' Messer, das sie aus dem Gürtel gezogen hatte.
    »Ich gehe mit Paul. Es kann gut sein, dass einige unserer Schwierigkeiten mit mir zu tun haben, auch wenn ich nicht begreife, warum dann Warze, Lars und Sandra an meiner Stelle verschwunden sind. Aber ich will wissen, woran wir sind.«
    In Pauls Gesicht zeichnete sich Erleichterung ab. »Danke.«
    »Dann bin ich auch dabei«, erklärte Bastian. Er nahm Iris' Hand, die ebenso kalt war wie seine. Etwas zu tun war besser als warten und sich vor der eigenen Fantasie zu Tode zu fürchten.
    Steinchen schien das ähnlich zu sehen, er beschloss ebenfalls mitzukommen, obwohl er noch nicht ganz sicher auf den Beinen war, doch Carina bot an, ihn zu stützen.
    »Ihr seid großartig.« Paul hob seine Fackel und lächelte in die Runde. »Wir werden der Angst jetzt ihren Stachel ziehen. Kommt.«
    Sie horchten noch einmal nach dem Heulen, nach dem Kichern, doch nichts davon war mehr zu hören. Nur ein Rumpeln, das Bastian nicht einordnen konnte, aber möglicherweise war das der Wind, der an etwas rüttelte.
    Sie folgten Paul in den rechter Hand liegenden Gang, der so niedrig war, dass Bastian die tunnelartig gewölbte Decke mit der Hand berühren konnte, ohne sich auf die Zehenspitzen stellen zu müssen.
    Die schweren Steinquader, aus denen die Wände bestanden, erinnerten ihn an die Verliese verfallener Burgen, zwangen Bastian, darüber nachzudenken, wie alt die Gemäuer um sie herum waren. Wie leicht sie möglicherweise einstürzen konnten. Doros düstere Worte: unser Grab bedrückten ihn plötzlich, er meinte zu fühlen, dass die Wände mit jedem Schritt näher an ihn heranrückten. Nein, jetzt bitte kein Anfall von Klaustrophobie. Einfach weitergehen. Iris' Hand fester halten, sie beruhigend drücken. Auch wenn in Wahrheit Bastian derjenige war, der Beruhigung brauchte.
    Dabei war es albern. Wenn diese unterirdische Burgruine so alt war, wie es den Anschein hatte, würde sie nicht ausgerechnet heute Nacht zusammenbrechen.
    Etwas an dieser Überlegung störte Bastian, doch er kam nicht sofort darauf, was es war. Die Müdigkeit zerschlug den Gedanken zu Splittern, die in alle Richtungen davonstoben. Er konzentrierte sich auf den unebenen Boden unter seinen Füßen, der übersät war mit Steinschutt, Holzstücken und allem möglichen Zeug, das irgendwann seinen Weg von der Oberfläche in die Unterwelt gefunden hatte.
    Burg. Das war es gewesen. Unweigerlich formten sich Bilder in seinem Geist und sie alle hatten mit der Sage zu tun, die Paul erzählt hatte und vor der Doro sich so fürchtete.
    Bastians Gedanken wirbelten durcheinander. Das hier waren die Überreste einer mittelalterlichen Burg. Verlassen, vergessen, nirgendwo verzeichnet. In einem Wald, den man sich selbst überlassen hatte. Es … passte.
    Ich warte. Ich wache. Ich halte euch hier.
    Der Spruch, den Paul und seine Gruppe am vergangenen Morgen gefunden hatten, kam ihm wieder in den Sinn. Wenn man daran glauben wollte, dann konnte man es so sehen: Sie wurden hier festgehalten, jeder ihrer Versuche, den Wald zu verlassen, war gescheitert.
    Ihr seid mir längst zu Willen.
    War es ein fremder Wille, der sie in diesen Keller geführt hatte? Alles kein Zufall? Alles vor Jahrhunderten in die Wege geleitet, durch einen Fluch, der denjenigen treffen

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