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Saemtliche Dramen

Saemtliche Dramen

Titel: Saemtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Camus
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entführt hatte! … Und dann kriegt sie nach einem halben Jahr ein Kind, und er läuft herum und ist ganz stolz: «Schaut euch das Wunder an, meine Frau schafft in fünf Monaten, wofür andere neun brauchen!»
    TIRSO
    Eusebio kennt keinen Respekt.
    CURCIO
    So eine Plage hat es noch nie gegeben.
    MENGA
    Suche Wege, um ihn zu töten. Wenn du es befiehlst, greifen selbst die Frauen zu den Waffen!
    GIL
    Er ist in der Nähe, so viel ist sicher. Dieser ganze Wald von Kreuzen, Herr, das sind lauter Männer, die er getötet hat.
    OCTAVIO
    Das hier ist die entlegenste Gegend des Gebirges.
    CURCIO (beiseite)
    Und genau hier, oh Gott, habe ich den wundersamen Beweis der Unschuld und Keuschheit einer Schönheit erlebt, die ich so grausam mit meinem Verdacht beleidigte, statt mich einem offenkundigen Wunder zu fügen.
    OCTAVIO
    Herr, quält Eure Einbildung Euch erneut?
    CURCIO
    Mich schmerzt mein Herz, Octavio, nicht eine Einbildung. Und da meine Zunge sich weigert, meine Ehrlosigkeit auszusprechen, sucht der Kummer einen anderen Ausweg, und die Tränen steigen mir in die Augen. Octavio, sorge dafür, dass ich allein bin, um im Angesicht des Himmels über mich zu klagen!
    OCTAVIO
    Auf, Soldaten, wir ziehen ab!
    BLAS
    Wie?
    TIRSO
    Was willst du?
    GIL
    Wir ziehen ab, sagt er, ab-zie-hen!
    (Sie gehen ab. CURCIO bleibt allein.)
    CURCIO
    Dem, den sein Kummer übermannt, tut die Einsamkeit wohl, es hilft ihm, abseits der Welt einen Moment der Ruhe zu finden. So viele Gedanken peinigen mich zugleich, so viele Tränen und Seufzer drängen hinaus, dass Meer und Luft sie nicht zu fassen vermögen, ich bin mein einziger Gefährte in dieser stummen Einsamkeit und will mein Unglück mit der Erinnerung an freudigere Tage vertreiben und dabei weder Vögel noch Quellen zu Zeugen haben: Der Vogel singt, die Quelle murmelt. So seien diese Bäume die Einzigen, die mir lauschen, denn stumm bleibt nur der Zeuge, der zuhört, ohne zu verstehen.
    An diesem Ort offenbarte wahrhaftige Unschuld sich auf eine so besondere Weise, dass unter all den Geschichten von Eifersucht, die uns aus dem Altertum überliefert sind, sich keine vergleichbare findet. Dies Wunder hätte mir die Augen öffnen müssen. Doch wie soll jemand einen Verdacht überwinden, der in sich selbst Lüge und Wahrheit nicht zu unterscheiden vermag? Die Eifersucht ist der Tod der Liebe. Sie vergibt niemandem, macht weder vor Größe noch vor Demut halt.
    Hier haben Rosmira und ich … Ach! Rosmira … Die Seele erbebt bei dieser Erinnerung, die Stimme versagt. Hier gibt es nicht eine einzige Blume, deren Anblick mich nicht in finstere Nacht stürzen würde, jedes Blatt lässt mich zittern, jeder Stein erstarren. Der Mut sinkt mir vor diesen Bäumen und Felsen, die Knie werden weich beim Anblick des Gebirges. Alle, ja, alle waren sie Zeugen einer grenzenlos schändlichen Tat!
    Damals standen wir vor diesem Kreuz, ich zog das Schwert, und Rosmira blickte mich an, unbeirrt und ohne Furcht. «Geliebter Gatte», sagte sie, «halt ein! Wenn du mich töten willst, so werde ich mich nicht widersetzen. Wie könnte ich dir ein Leben verweigern, das dir gehört? Ich bitte dich nur, mir zu sagen, warum ich sterben muss, und dann lass mich dich umarmen.» Ich antwortete: «In deinem Schoß trägst du, was dir wie die Giftschlange den Tod bringen wird. Das Kind, das du erwartest, Ehrlose, ist Beweis genug für dein Vergehen. Doch bevor du es sehen kannst, werde ich dein Henker sein und der eines Engels.» «Oh mein Gatte», sagte sie, «wenn du wirklich von meiner Schuld überzeugt bist, hast du das Recht, mich zu töten. Doch schwöre ich bei diesem Kreuz, das ich umarme, dass ich dich nie betrogen habe. Es soll mein Bürge sein!»
    Ihre Unschuld sprang mir in die Augen, und ich hätte mich ihr voll Reue zu Füßen werfen wollen. Doch wer einen Verrat vorhat, plant genau, was er zu tun beabsichtigt. Wenn er sich anders besinnt und davon ablassen will, macht er dennoch weiter und kann seine eigenen Gründe nicht aufgeben. So zweifelte ich im Grunde meines Herzens nicht mehr an ihrer Ehrlichkeit, wollte aber die Rechtfertigung meines Wahns nicht verlieren und meinen Zorn nicht aufgeben, und so hob ich den Arm und fügte ihr tausend Wunden zu. In Wahrheit aber traf ich nur Luft. Ich meinte, ich hätte sie getötet am Fuß des Kreuzes, ich floh und wollte nur noch nach Hause. Doch als ich dort eintreffe, oh Wunder! Auf der Schwelle sehe ich Rosmira, die ich leblos im Gebirge zurückgelassen zu haben

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