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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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und keiner hat
    In dem Rückgratmark die Schwindsucht.
    Auf den Baumesästen schaukeln
    Große Vögel. Ihr Gefieder
    Farbenschillernd. Mit den ernsthaft
    Langen Schnäbeln und mit Augen,
    Brillenartig schwarz umrändert,
    Schaun sie auf dich nieder, schweigsam –
    Bis sie plötzlich schrillend aufschrein
    Und wie Kaffeeschwestern schnattern.
    Doch ich weiß nicht, was sie sagen,
    Ob ich gleich der Vögel Sprachen
    Kundig bin wie Salomo,
    Welcher tausend Weiber hatte
    Und die Vögelsprachen kannte,
    Die modernen nicht allein,
    Sondern auch die toten, alten,
    Ausgestopften Dialekte.
    Neuer Boden, neue Blumen!
    Neue Blumen, neue Düfte!
    Unerhörte, wilde Düfte,
    Die mir in die Nase dringen,
    Neckend, prickelnd, leidenschaftlich –
    Und mein grübelnder Geruchsinn
    Quält sich ab: Wo hab ich denn
    Je dergleichen schon gerochen?
    War’s vielleicht auf Regentstreet,
    In den sonnig gelben Armen
    Jener schlanken Javanesin,
    Die beständig Blumen kaute?
    Oder war’s zu Rotterdam,
    Neben des Erasmi Bildsäul’,
    In der weißen Waffelbude
    Mit geheimnisvollem Vorhang?
    Während ich die Neue Welt
    Solcher Art verdutzt betrachte,
    Schein ich selbst ihr einzuflößen
    Noch viel größre Scheu – Ein Affe,
    Der erschreckt ins Buschwerk forthuscht,
    Schlägt ein Kreuz bei meinem Anblick,
    Angstvoll rufend: »Ein Gespenst!
    Ein Gespenst der Alten Welt!«
    Affe! fürcht dich nicht, ich bin
    Kein Gespenst, ich bin kein Spuk;
    Leben kocht in meinen Adern,
    Bin des Lebens treuster Sohn.
    Doch durch jahrelangen Umgang
    Mit den Toten nahm ich an
    Der Verstorbenen Manieren
    Und geheime Seltsamkeiten.
    Meine schönsten Lebensjahre,
    Die verbracht ich im Kyffhäuser,
    Auch im Venusberg und andern
    Katakomben der Romantik.
    Fürcht dich nicht vor mir, mein Affe!
    Bin dir hold, denn auf dem haarlos
    Ledern abgeschabten Hintern
    Trägst du Farben, die ich liebe.
    Teure Farben! Schwarz-rot-goldgelb!
    Diese Affensteißcouleuren,
    Sie erinnern mich mit Wehmut
    An das Banner Barbarossas.
    1.
    Auf dem Haupt trug er den Lorbeer,
    Und an seinen Stiefeln glänzten
    Goldne Sporen – dennoch war er
    Nicht ein Held und auch kein Ritter.
    Nur ein Räuberhauptmann war er,
    Der ins Buch des Ruhmes einschrieb,
    Mit der eignen frechen Faust,
    Seinen frechen Namen: Cortez.
    Unter des Kolumbus Namen
    Schrieb er ihn, ja dicht darunter,
    Und der Schulbub’ auf der Schulbank
    Lernt auswendig beide Namen –
    Nach dem Christoval Kolumbus,
    Nennt er jetzt Fernando Cortez
    Als den zweiten großen Mann
    In dem Pantheon der Neuwelt.
    Heldenschicksals letzte Tücke:
    Unser Name wird verkoppelt
    Mit dem Namen eines Schächers
    In der Menschen Angedenken.
    Wär’s nicht besser, ganz verhallen
    Unbekannt, als mit sich schleppen
    Durch die langen Ewigkeiten
    Solche Namenskameradschaft?
    Messer Christoval Kolumbus
    War ein Held, und sein Gemüte,
    Das so lauter wie die Sonne,
    War freigebig auch wie diese.
    Mancher hat schon viel gegeben,
    Aber jener hat der Welt
    Eine ganze Welt geschenket,
    Und sie heißt Amerika.
    Nicht befreien konnt er uns
    Aus dem öden Erdenkerker,
    Doch er wußt ihn zu erweitern
    Und die Kette zu verlängern.
    Dankbar huldigt ihm die Menschheit,
    Die nicht bloß europamüde,
    Sondern Afrikas und Asiens
    Endlich gleichfalls müde worden – –
    Einer nur, ein einz’ger Held,
    Gab uns mehr und gab uns Beßres
    Als Kolumbus, das ist jener,
    Der uns einen Gott gegeben.
    Sein Herr Vater, der hieß Amram,
    Seine Mutter hieß Jochebeth,
    Und er selber, Moses heißt er,
    Und er ist mein bester Heros.
    Doch, mein Pegasus, du weilest
    Viel zu lang bei dem Kolumbus –
    Wisse, unser heut’ger Flugritt
    Gilt dem g’ringern Mann, dem Cortez.
    Breite aus den bunten Fittich,
    Flügelroß! und trage mich
    Nach der Neuwelt schönem Lande,
    Welches Mexiko geheißen.
    Trage mich nach jener Burg,
    Die der König Montezuma
    Gastlich seinen span’schen Gästen
    Angewiesen zur Behausung.
    Doch nicht Obdach bloß und Atzung,
    In verschwenderischer Fülle,
    Gab der Fürst den fremden Strolchen –
    Auch Geschenke reich und prächtig,
    Kostbarkeiten klug gedrechselt,
    Von massivem Gold, Juwelen,
    Zeugten glänzend von der Huld
    Und der Großmut des Monarchen.
    Dieser unzivilisierte,
    Abergläubisch blinde Heide
    Glaubte noch an Treu’ und Ehre
    Und an Heiligkeit des Gastrechts.
    Er willfahrte dem Gesuche,
    Beizuwohnen einem Feste,
    Das in ihrer Burg die Spanier
    Ihm zu Ehren geben wollten –
    Und mit seinem Hofgesinde,
    Arglos, huldreich, kam der König
    In

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