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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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das eiserne Lineal, an diesem ein Linealchen, an diesem eine Nadel, an dieser Feilstaub. Höchstens nur was auf dem Throne oben sitzt und was unter ihm unten liegt, hat nicht Nexus genug mit der wirksamen Kompagnie: so werden in der französischen Oper nur die fliegenden Götter und schiebenden Tiere von Savoyarden gemacht, alles übrige von der ordentlichen Truppe.
    Also mußte Oefel die dritte Parallele ziehen und daraus auf den Kadetten schießen. Er machte ihm nämlich seine Uniform täglich um einen Daumen spannender und knapper, um ihn aus ihr hinauszuängstigen. Er hatte ihn schon neulich in dieser Absicht zum Getreide-Kordon versenden helfen, wo dem warmen, nur an mildes Geben gewöhnten Jüngling scharfe Neins neue und harte Pflichten waren; aber nun wurde der Dienst von unten auf noch mehr erschwert, und die militärischen Übungen zerbrachen beinahe seinen feinen porzellanenen Leib, so oft und strenge schleppte ihn der Romancier in die Gesellschaft des Vaters aller Friedenschlüsse, nämlich des Kriegs. –
    Wie schmerzlich mußte die rauhe Außenwelt seine wunde innere berühren! Vor ihm stand, seit seinem Zerfallen mit seinem sterbenden Liebling, fest jener Trauerabend mit seinen Tränen und wich nicht; auf sein verlassenes Herz schimmerte noch die blutrote Sonne und ging nicht unter. – Der stumme Abschied seines Amandus, der ihn und andre Wünsche verlor, die abnehmenden Herbsttage seines Lebens und die vorige Liebe drückten sein Auge und Herz zum Trauern zusammen. Die Freundschaft duldet Mißhelligkeiten weniger als die Liebe; diese kitzelt damit das Herz, jene spaltet es damit. Amandus, der ihn so mißverstanden und betrübet und doch dessen innigste Liebe nicht verloren hatte, verzieh ihm alles bis abends um 5 Uhr – dann hört’ er (oder es war ihm genug, wenn er sichs nur dachte), daß Gustav den Park (und mithin die Spaziergängerin) besucht hatte – dann nahm er seine Versöhnung bis auf 11 Uhr abends zurück – dann legte die Nacht und der Traum wieder einen Mantel auf alle Fehler der Menschen und auf diesen. Abends um 5 Uhr fing es von vornen an. Lacht ihn aus, aber ohne Stolz, und mich und euch auch; denn alle unsre Empfindungen sind – ohne ihre Löwen- und Narrenwärterin, die Vernunft – ebenso toll, wenn nicht in unserem Leben, doch in unserem Innern! – Aber endlich hatte er seine Verzeihung so oft zurückgenommen, daß ers bleiben lassen wollte, falls nur Gustav anklopfte und von ihm alle die Beschuldigungen anhörte, welche er ihm zu verzeihen vorhatte. Man schiebt oft das Vergeben auf, weil man das Vorwerfen aufzuschieben gezwungen ist. – Aber, trauter Amandus, konnt’ er denn kommen, Gustav, und ließ ihn der Romancier? –
    Letzter triebs noch weiter und kartete es listig ab, daß Gustav, dieser Großsultan, dieser Held zweier gut geschriebner Bücher, an einem Abend, wo der Kadettengeneral großes Souper gab, vor dessen Haus kam als – Schildwache. Beim Henker! wenn die schönsten Damen vorfahren, die bekannte Residentin – die mit einem zufälligen Blick unsre gute Schildwache ausbälgte und ausgestopft unter ihrer Hirnschale aufstellte – und ihr Gesellschaftfräulein Beata, und wenn man vor solchen Gesichtern das Gewehr präsentieren muß: so will mans viel lieber strecken und überhaupt statt stehen knien, um nicht sowohl den Feind zu verwunden als die Freundin…. Beim Henker! ich werde hier mehr Witz gehabt haben, als wohl gern gesehen wird; aber es versuch’ es einmal ein lebhafter Mann und schreib’ über die Liebe und entschlage sich des Witzes! – Es geht fast nicht. – Ich behaupt’ es nicht und widerleg’ es nicht, daß Oefel vielleicht aus den Träumen Gustavs, die immer sprechend und oft nach dem Erwachen nachwirkend waren, die Namen der gedachten weiblichen Schönheit-Ambe mag vernommen haben. Der Romanschreiber hat also einen Vorteil vor dem Lebensbeschreiber (ich bins) voraus: er schläft neben seinem Helden.
    Er ängstigte seinen und unsern Helden, ders aber nur im ästhetischen, nicht im militärischen Sinne war, mit der Herbstheerschau; denn jeder kleine Fürst spielt dem großen Soldaten auf der Gasse nach neben noch kleinern Kindern; daher haben wir Scheerauer eine niedliche Taschen-Landmacht, eine tragbare Artillerie und eine verjüngte Kavallerie. Es macht ein Landesherr ohnehin einen Spaß, wenn er einen Menschen zu einem Rekruten macht: es widerfährt dem Kerl nichts, sondern nur Bewegung soll er haben, weil jetzt unsre wichtigern

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