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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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Schlachtschüsseln hingerichteter Provinzen, ich meine eure Spiel- und Speiseteller – Aber ich weiß schon, ich drücke mich nie mit Stärke aus über die knechtischen lauernden Hofaustern, die nichts zu bewegen und aufzuschließen wissen – das Herz ohnehin nicht – als ihr Gehäuse, um etwas hineinzunehmen…«
    »Ich habe dich noch nicht unterbrochen «, sagte der Lord und stand ein wenig still.
    »Inzwischen«, fuhr der Sohn fort, »wate ich mit größter Lust zur Austerbank hinab.. O mein teurer Vater, wie könnt’ ich nicht gehen! Warum ließ ich nicht bisher Ihr krankes Auge aufgebunden, damit Sie auf meinem Gesichte keine einzige Einwendung gegen Ihre Wünsche erblickten! – Ach, um jeden Thron stehen tausend nasse Augen, die von verstümmelten Menschen ohne Hände hinaufgerichtet werden: droben sitzt das eiserne Schicksal in Gestalt eines Fürsten und streckt keine Hand aus – warum soll kein weicher Mensch hinaufgehen und dem Schicksal die starre Hand führen und mit einer unten tausend Augen trocknen?« – Horion lächelte, als wollt’ er sagen: Jüngling!
    »Aber nur um einige prozessualische Weitläuftigkeiten und Fristen bitt’ ich Sie, damit ich Zeit bekomme – stoischer und närrischer zu werden. Närrischer, mein’ ich, vergnügter. Ich möchte unter den guten Leuten um uns und neben meinem Flamin und jetzt im Frühling des Kalenders und in dem meiner Jahre, und eh’ das Lebenschiff im Alter einfriert, nur noch zwei Monate lachen und zu Fuß gehen. Stoisch muß ich ohnehin werden. Wahrhaftig, wenn ich nicht Epiktets Handbuch als einen Schlangenstein an mich und meine Wunden legte, damit der Stein den moralischen Gift heraussaugt, sondern wenn ich mit einer Brust voll Krebsschäden aus dem Hause ginge: was würde denn der Hof von mir denken?… Ach, ich meine es doch ernsthaft: der arme innere Mensch – von dem Wechselfieber der Leidenschaften ausgetrocknet – vom Herzklopfen der Freude ermattet – vom Wundfieber der Leiden glühend – braucht wie ein andrer Kranker Einsamkeit und Stille und Ruhe, damit er genese.« Wenn er das Wort Ruhe nannte, war sein Inneres bis zur Auflösung bewegt; so sehr hatten schon die Leidenschaften sein Blut umgewühlt und sein Herz erschüttert.
    Jetzo gingen beide in schweigender Einigkeit wieder zu Eymann. »Ich habe eine Bitte für meinen Flamin.« – »Welche?« sagte der Lord. – »Ich weiß sie noch nicht, aber er schrieb mir, er werde sie mir bald sagen.« – »Meine an ihn ist,« sagte der Lord, »daß er, wenn er angestellt werden will, mehr die Pandekten als die Taktik und statt des Rapiers die Feder liebe.« – Der Sohn wurde zu höflich vom Vater behandelt, als daß er zur Bitte um seine Geheimnisse – besonders um das, wo Jenners Sohn sei – den Mut besessen hätte. Ich behandle den Leser ebenso fein, und ich hoffe, er hat ebensowenig den Mut; denn wenn sich jemand versteckt erklärt, so ist nichts unhöflicher als eine neue – Frage.
    Der Lord fuhr nun geheilt zum Fürsten zurück.

3. Hundpostta g
     
    Freuden-Säetag – Wartturm – Herzens-Verbrüderung
    Der Lord war der weggenommene Damm, der bisher vor der Flut der Erzählungen, Fragen und Freuden gestanden hatte. Die erste Untersuchung, die das Pfarramt vornahm, war, obs noch der alte Bastian sei. – Und der wars mit Haut und Haar, sogar das linke Seitenhaar hatt’ er noch wie sonst kürzer als das rechte. Wenn der Fleischerknecht heimkömmt aus Ungarn, so wundert er sich, daß seine Sippschaft die alte ist – diese wundert sich, daß er es nicht mehr ist. Hier freute man sich über die doppelte Unveränderlichkeit. Auf jedem Gesicht lag der Heiligenschein der Freude, aber auf jedem mit andern Strahlen. Die Entzückung sieht auf einem sanften Gesicht, wie Viktors seinem, wie die Tugend aus. – Die alte Appel, die in ihrem Leben nichts durchblättert hatte als den Psalter Davids und den Psalter im Ochsenmagen, legte vor den Kupferpfannen ihr Vergnügen dadurch an den Tag, daß sie ungemein zuschürte. Das Wiener Tierspital von einem alten Mops und Kater, die einander nicht mehr haßten – wie sich im alten Menschen die gute und böse Seele aussöhnen –, und die Vogelsammlung unter dem Ofen, die einen schwarzgebeizten Gimpel stark war, nahmen Anteil genug an der allgemeinen Unruhe und stellten sich vor und ließen gern – das täte kein Ambassadeur – das Recht der ersten Visite fahren. Agathe drückte ihre Freude bloß mit ihren Lippen aus, indem sie damit schwieg und

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