Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
Vom Netzwerk:
seines Lebens zubringen, noch immer mit der Ausarbeitung der »Teufelspapiere« beschäftigt, die er immer und immer wieder umschrieb. Schon am 5. Dezember schrieb er an Oerthel nach Leipzig: »Seit meiner Abreise hab’ ich zwölf Bogen umgearbeitet, die neu gearbeiteten ungerechnet.« Ein Dämon zwang ihn, in dieser ihm im Grunde widerstehenden Manier fortzufahren, in der er immer noch am ehesten seine Ziele erreichen zu können hoffte. Dabei hatte er schon von Leipzig aus an Meißner über Leute geschrieben, die »oft mehr aus Nachahmerei als aus angeborener Neigung« sich aufs Spotten verlegten. Welch ein Kontrast zwischen dem satirischen Lachen seiner Arbeiten und der eignen Lage. Welch ein Kontrast aber auch zwischen seinem weicher und weicher werdenden Gemüt und dieser Spottsucht, die mit der satirischen Geißel um sich schlug.
    Im »Siebenkäs« hat er später die Zeit geschildert, in der die »Teufelspapiere« entstanden. Der furchtbare Kampf mit der drückendsten Armut, die ein Stück des Hausgeräts nach dem andern ins Leihamt wandern ließ, und der noch schlimmere Kampf der in einen Raum gepreßten Menschen gegeneinander. Die Mutter, ewig mit geräuschvollen Hausarbeiten beschäftigt, und daneben in der gleichen Kammer er, den Kopf in seine Manuskripte gebeugt, nicht hören wollend, was um ihn vorging. Eine ungeheure Kunst der Konzentration entwickelte sich in ihm. Christian Otto schildert den Freund in dieser unglücklichen Epoche: Auch jetzt habe ihm sein hohes Selbstvertrauen und seine Gemütsruhe und selbst Freudigkeit nicht gefehlt, die nur eine ungemeine Geisteskraft und eine ununterbrochene Geistesrichtung nach dem Höchsten gewähren könne. Durch sie allein wäre es ihm möglich gewesen, alle Gedanken, die sich auf die unwillkommenen Äußerlichkeiten des Lebens bezögen, mit Blitzesschnelle abzuschneiden, und alle Not, in der er war und die ihn täglich umgab, als sei sie nicht da oder nie dagewesen, zu vergessen; wobei er zuweilen mit einer schmerzlichen Bewegung der Hand über die Stirn einen Ideengang, den er zu beseitigen sich bestrebt, gleichsam ab- und hinweggestreift habe.
    Wenn jemals ein Dichter, so lebte Jean Paul in jener Zeit ein heroisches Leben der Menschheit vor. Nicht daß er von Not und Elend umgeben war, ist das Erschütternde daran, sondern dieses Hinwegstreifen des Elends mit einer Handbewegung. Er fuhr mit der Hand über die Stirn, mit einer schmerzlichen, nicht mit einer gleichgültigen Bewegung, und war durch Willensakt wieder in der Welt seiner Gedanken. Was er in dem Leipziger Trostbüchlein geschrieben hatte, hier lebte er es. Man muß den Aufsatz »Die Kunst immer heiter zu sein«, der später in den »Papierdrachen« aufgenommen wurde, lesen, um zu wissen, welcher Heroismus hier am Werke war, das Leben eines großen Menschen aufzubauen. Nur eines Dinges bedurfte er, um sein Gleichgewicht aufrechtzuerhalten: des Kaffees. Bis in seine spätesten Jahre trank er ständig während der Arbeit starken Kaffee. Dazu wußte er sich immer noch die Mittel zu verschaffen.
    Mit Vogel stellte sich das alte gute Verhältnis bald wieder her. Das letztemal hatten Kleidung und abgeschnittener Zopf ihre Beziehungen ernstlich getrübt. Jetzt wurde seine Eigenwilligkeit von den Freunden gutwillig anerkannt. Vogel freute sich um so mehr seiner Gesellschaft, als er damals selbst an einem satirischen Buch arbeitete, das im nächsten Frühling bei Lübeck in Baireuth erscheinen sollte. Jean Paul gab ihm den Titel: »Raffinerieen für raffinierende Theologen«. Das Herüber und Hinüber von Hof nach Rehau wurde wieder aufgenommen. Wie ehemals machte einer der jüngeren Brüder den Brief- und Bücherboten, und Vogels Bibliothek wurde wieder zu Jean Pauls »Akademie«. Öfters verbrachte der Jüngling einige Tage in Vogels Hause, wo ihn die Pfarrerin auch leiblich pflegte und mit neuen Kräften in sein Elend entließ.
    Einige trügerische Hoffnungen auf Verleger für die »Teufelspapiere« zerrannen bald. Ein Leipziger Leihbibliothekar Seiler, dem Jean Paul noch zwölf Taler schuldete, hatte sich erboten, sein Manuskript bei einem Verleger unterzubringen. Es wurde nichts daraus, und eine Zeitlang hatte Jean Paul den freundlichen Mann sogar im Verdacht, daß er sich nur seines Manuskriptes als Pfand für das ihm geschuldete Geld bemächtigen wolle. Ebensowenig gelang es, den Höfer Buchhändler, der erst Hoffnungen gemacht hatte, zur Übernahme des Werkes zu bewegen. Ein neuer Versuch, den

Weitere Kostenlose Bücher