Säule Der Welten: Roman
sagte sie. »Ihr Problem ist, dass Sacrus dazu erst bereit wäre, wenn Sie ihm einen überzeugenden Grund lieferten. Es hatte für Ihresgleichen noch nie viel übrig, und Sie waren auch keine Bedrohung. Sind Sie zu uns gestoßen, um sich die nötige Macht zu erkaufen?«
Er zuckte die Achseln. »Oder um Sacrus’ Vernichtung in die Wege zu leiten. Für uns ist eins wie das andere.«
Bryce beugte sich vor und sah den Mann an. »Und dass Sacrus vor einer Generation fünfundzwanzig von Ihren Arbeitern mit Giftgas tötete …«
»… senkt die Waagschale ein Stück weit in Richtung Vernichtung . Wer sind Sie?«, fragte der Bärtige, der über die Identität der anderen Teilnehmer informiert worden war.
Bryce stellte sich mit deutlichem Widerwillen so vor, wie sie es verabredet hatten. »Bryce. Chef des Nachrichtendienstes für Buridan.« Er nickte zu Venera hin.
»Sie haben ein Spionagenetz ?« Der Konservationist grinste ironisch.
»O ja, Mister …«
»Thinblood.« Es klang wie ein Name, hätte aber auch ein Titel sein können.
»Das ist richtig, Mr. Thinblood - und Sie haben am Knotenpunkt Sechzehn ein geheimes Lagerhaus voller Feuerwaffen«, sagte sie und erwiderte sein Lächeln auf die gleiche Weise. Thinblood wurde rot; Venera sah aus dem Augenwinkel, wie sich Prinzessin Corinne das Lachen verbeißen musste.
»Wir sollten uns gegenseitig ernst nehmen«, fuhr Venera fort. »So ernst wie Sacrus. Lassen Sie uns zum Thema zurückkehren.«
»Moment mal«, sagte Thinblood. »Was ist denn eigentlich das Thema? Krieg?«
Venera schüttelte den Kopf. »Noch nicht. Aber Sacrus sollten unbedingt die Flügel gestutzt werden.«
Der zum Gerippe abgemagerte General von Carasthant winkte heftig ab. Alle drehten sich um und sahen
ihn erstaunt an. »Was können so kleine Fische wie wir denn schon ausrichten?«, brummte er mit einer Stimme, die direkt aus seinem hüpfenden Adamsapfel zu kommen schien. »Ich bitte um Vergebung, Madame Buridan und Mr. Konservationist. Erwarten Sie von uns, dass wir einen Hai besiegen, indem wir ihn an den Kiemen zupfen?«
Sein Mitstreiter aus Scoman wackelte zustimmend mit dem Kopf. Die winzige Uhr in seiner Rüstung tickte eine Sekunde weiter. »Sacrus ist von hohen Mauern und Stacheldraht umgeben«, sagte er über das leise Klirren seiner Panzerung hinweg, »und es hat Türme mit Heckenschützen und Maschinengewehrstellungen. Selbst wenn es uns gelänge, ins Innere vorzudringen, was sollten wir denn tun? Ihnen auf den Rasen pissen?«
Den Ausdruck hatte Venera noch nie gehört.
Sie hatte angestrengt darüber nachgedacht, was sie auf diese Frage antworten sollte. Alle diese Männer und Frauen waren hier, weil ihre Heimat von Sacrus geschädigt oder gedemütigt worden war - aber waren sie nur gekommen, um ihrem Unmut Luft zu machen? Würden sie den Kopf einziehen, wenn man sie zum Handeln aufforderte?
Venera wollte lieber nicht preisgeben, dass sie wusste, was Sacrus im Schilde führte. Der Schlüssel zu Candesce war so wertvoll, dass man dafür auch alte Freunde verriet. Wenn die hier Versammelten erführen, dass Sacrus ihn hatte, würde die Hälfte auf der Stelle zu Sacrus überlaufen, und die andere Hälfte würde Pläne schmieden, wie sie selbst diesen Schlüssel in die Hand bekommen könnte. Das Treffen im Buridan-Turm
könnte zu einer Nacht der langen Messer entarten.
»Sacrus bewahrt seine Wertgegenstände im Grey-Hospital auf«, sagte sie. »Was immer sie herstellen und verkaufen, stammt von dort. Wir müssen zumindest in Erfahrung bringen, womit wir es zu tun haben, welche Absichten Sacrus verfolgt. Deshalb schlage ich vor, in das Grey-Hospital einzudringen.«
Die neu Hinzugekommenen waren zunächst sprachlos. Prinzessin Corinnes breites, sonnenverbranntes Gesicht wirkte verzerrt, sie versuchte vergeblich, ein Lächeln zu unterdrücken. Dann begannen Thinblood, der General von Carasthant und zwei Vertreter der kleineren Häuser gleichzeitig zu reden.
»Unmöglich!«, hörte Venera durch das Stimmengewirr, und »Selbstmord!« Sie ließ der Diskussion für etwa eine Minute freien Lauf, dann hob sie die Hand.
»Bedenken Sie bitte, was wir bei der Aktion gewinnen könnten«, sagte sie. »Wir könnten meinen Diener Flance retten, falls er dort gefangen gehalten wird. Wir könnten herausfinden, womit Sacrus handelt - wobei ich glaube, dass wir das bereits alle wissen -, aber auf jeden Fall könnten wir in Erfahrung bringen, über welche Mittel und Wege sie verfügen. Vielleicht
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