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SÄURE

SÄURE

Titel: SÄURE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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hat letztes Jahr diesen Gartenarchitekten angeheuert, der hat den ganzen Hof mit diesem Wüstenzeugs bepflanzt, Kakteen, Sukkulenten, - der ganze Boden ist voll von diesen Trockengewächsen, damit wir nicht mehr soviel Wasser verbrauchen und ökologisch vernünftig werden. Also, soviel zum Kartoffelanbau, vergiß es! Ich wollte mich auch im Haus nützlich machen, alles in Ordnung bringen - ich war mal ganz geschickt -, aber Rick hat sich schließlich selbst um alles gekümmert. Hat dann diesen Handwerker aufgetan, einen Burschen aus Fidschi, ein ehemaliger Patient von ihm. Also, was bleibt jetzt noch? Einkaufen? Kochen?«
    »Wie wäre es mit freiwilliger, ehrenamtlicher Arbeit?«
    Er schlug die Hände auf die Ohren und zog eine Grimasse. Als er die Hände wegnahm, wiederholte ich: »Wie wär’s?«
    »Hab’ ich schon mal gehört: die AIDS-Gruppe der Freien Klinik, Straßenkinder, Obdachlosenmission, was auch immer. Das einzige Problem ist: Ich bin viel zu gottverdammt hinterhältig und gemein dafür. Da braucht nur irgendwer ein falsches Wort zu mir zu sagen, und schon liegt er flach und sabbert auf dem Bürgersteig herum. Manchmal überkommt es mich einfach, ich brauche dieses Gefühl. Die Zeit wird es schon aus mir herausbluten. Bis dahin möchte ich nicht zuviel unter Leuten sein, denen es echt schlecht geht. Ich hab’ keine Sympathie zu verschenken. Ich würde ihnen schließlich nur sagen, sie sollen sich zusammenreißen und ihr verdammtes Leben in Ordnung bringen.«
    »Die Zeit heilt«, sagte ich, »aber man kann nachhelfen, daß sie schneller vergeht.«
    Er warf mir einen ungläubigen Blick zu. »Was? Etwa durch psychologische Beratung?«
    »Es gibt Schlimmeres.«
    Er schlug sich mit beiden Händen auf die Brust. »Okay, hier bin ich, berate mich!« Ich schwieg.
    »Also gut«, sagte er und warf einen Blick auf die Uhr an der Wand. »Wie auch immer, ich bin schon weg. Werde kleine weiße Bälle schlagen und so tun, als ob’s was anderes wäre.« Er fing an, sich aus der Küche herauszubewegen. Ich streckte einen Arm aus und hielt ihn an. »Wie wär’s mit Abendessen?« fragte ich. »Heute bin ich so gegen sieben Uhr fertig.«
    Er sagte: »Milde Gaben gibt es in der Suppenküche.«
    »Du bist wirklich ein Charmeur«, sagte ich und ließ meinen Arm sinken.
    »Was, keine Verabredung heute abend?«
    »Keine Verabredung.«
    »Was ist mit Linda?«
    »Linda ist noch in Texas.«
    »Oh, ich dachte, sie sollte schon letzte Woche zurück sein.«
    »Stimmt, sie bleibt aber länger - ihr Vater.«
    »Das Herz?«
    Ich nickte. »Es geht ihm schlechter, so schlecht, daß sie dort vielleicht endlos lange bleibt.«
    »Tut mir leid. Wenn du mit ihr sprichst, grüße sie von mir. Sag’ ihr, ich hoffe, er kommt wieder auf die Beine.« Sein Ärger hatte sich in Mitgefühl verwandelt. Ich wußte nicht so recht, ob das eine Verbesserung war.
    »Das mache ich«, sagte ich. »Viel Spaß beim Rancho.«
    Er ging einen Schritt vorwärts, blieb stehen. »Okay, du hast es also im Moment auch nicht leicht. Nimm’s nicht so schwer!«
    »Mir geht’s gut, Milo. Und das Angebot war nicht als milde Gabe gedacht, Gott weiß warum, aber ich dachte, ein Abendessen wäre nett. Zwei Typen, die sich mal richtig ausquatschen, von Kumpel zu Kumpel.«
    »Yeah«, sagte er. »Abendessen, okay, ich kann immer essen«, er tätschelte seinen Bauch, »und wenn du dich heute abend immer noch mit deiner Arbeit abquälst, bring’ den Entwurf mit! Onkel Milo wird dir weisen, redaktionellen Input liefern.«
    »Wunderbar, sagte ich, »aber bis dahin überleg’ doch mal, ob du dir nicht ein richtiges Hobby zulegen willst.«

7
    Als er fort war, setzte ich mich hin, um zu schreiben. Aus irgendeinem Grund klappte es besser als je zuvor, und schon bald war es Mittag. Zum zweiten Mal an diesem Tag kündigte meine Türglocke einen Gast an.
    Diesmal sah ich erst mal durch den Spion. Was ich erblickte, war ein fremdes, aber nicht völlig unbekanntes Gesicht: Erinnerungen an ein Kind, das ich vor langer Zeit gekannt hatte, und an ein Photo aus einer Zeitung von vor zirka zwanzig Jahren - im Augenblick des Attentats war Melissas Mutter nicht viel älter gewesen, als sie jetzt war, durchfuhr es mir. Ich öffnete die Tür und sagte: »Hallo, Melissa.«
    Sie schien verblüfft, dann lächelte sie. »Dr. Delaware! Sie haben sich überhaupt nicht verändert!«
    Wir schüttelten einander die Hand.
    »Kommen Sie doch herein.«
    Sie trat ein und stand mit verschränkten Händen

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