Safer (S)EX (German Edition)
während sie sowohl über banale als auch sehr intime Dinge sprachen, von denen Jared nie zuvor gehört hatte. Es war, als befände er sich in einem fremden Land, in dem die Luft von Shampoo, Haarspray und einem hexenartigen Gebräu vieler weiterer Chemikalien geschwängert war.
Er fühlte sich sehr versucht, einen Finger unter den Hemdkragen zu schieben und ihn zu lockern. Doch er widerstand der Versuchung. Erstens hatte er die oberen zwei Knöpfe seines Hemds bereits geöffnet, sodass es nicht am Kragen liegen konnte, dass er sich beengt fühlte – und zweitens wäre es ein augenfälliges Zeichen seiner Überforderung. Er fühlte sich ganz und gar nicht in seinem Element.
Zwei Frauen, die eine auf einem Stuhl rechts von ihm, die andere drei Stühle weiter links, sprachen in ihre Handys. Alle anderen blätterten mit unterschiedlichem Interesse in Zeitschriften über Frisuren, Filmschauspieler oder Schönheitstipps oder unterhielten sich mit einer Freundin. In vielen Fällen taten sie auch alles gleichzeitig.
Zwischendurch musterten sie Jared, da er offenbar der einzige und noch dazu ansehnliche heterosexuelle Mann in dieser Frauendomäne war. Meist war es nur ein verstohlener Blick über den Rand einer Zeitschrift oder das kurze Stocken einer neuen Kundin, die sich nach dem Eintrag an der Empfangstheke umdrehte und ihn dort sitzen sah. Eine der telefonierenden Damen jedoch sowie eine Brünette, die an der gegenüberliegenden Wand auf einem Schwingstuhl saß, musterten ihn eingehend von oben bis unten. Die Frau mit dem Handy starrte unverhohlen zwischen seine Beine, und als die Brünette sah, dass er in ihre Richtung blickte, öffnete sie leicht den Mund, ließ ihre Zunge lasziv über die Lippen kreisen und warf einen Kuss durch die Luft.
Jared war normalerweise nicht schüchtern und konnte weibliche Aufmerksamkeit durchaus genießen, aber zum einen war er beruflich hier, zum anderen fühlte sich durch die weibliche Übermacht leicht eingeschüchtert. Manche der Blicke kamen ihm weitaus aggressiver vor, als er es von Barbekanntschaften kannte. Zum ersten Mal wurde ihm bewusst, wie Frauen sich beim Spießrutenlauf vor pfeifenden Bauarbeitern fühlen mussten.
Kühl erwiderte er die Blicke von Handy-Lady und Miss Kussmund, indem er die Frauen seinerseits von oben bis unten musterte und dann demonstrativ in eine andere Richtung sah. Und falls es ihn nach einiger Zeit immer heftiger reizen sollte, den Salon zu verlassen, würde er sich eben zusammenreißen.
Hoffte er zumindest.
Nein!, dachte er, und seine Miene wurde starr. Er würde den Salon auf gar keinen Fall verlassen. Du bist ein ausgebildeter Profi, mahnte er sich selbst. Und der Schönheitssalon, der dir das austreiben könnte, muss erst noch eröffnet werden!
Allerdings war nicht zu leugnen, dass er sich in einer fremden Welt befand.
Hinter der Empfangstheke sah er die inneren Gefilde des rosa und schwarz eingerichteten Salons. Was sich dort abspielte, war ihm ein vollkommenes Rätsel. Ganz hinten erblickte er Neil, die von einem jungen Mädchen mit rot und schwarz gefärbten Haaren bearbeitet wurde. Sie schnitt den geflochtenen Zopf der Tourmanagerin kurzerhand im Nacken ab, band eine rosa Schleife um das geschnittene Ende und legte den Zopf wie eine Trophäe auf die Ablage. Dann schnitt sie in rasender Geschwindigkeit kreuz und quer über Neils Kopf, bis Jared den Eindruck hatte, dass nun mehr Haare rund um Neils Stuhl lagen, als sich noch auf ihrem Kopf befanden. Aber was verstand er schon von solchen Dingen? Er musste also davon ausgehen, dass Nell nach der Bearbeitung durch diese Friseurin toll aussähe. Im Moment wurden Strähnen des noch verbliebenen Haares allerdings erst einmal in Aluminiumfolie gewickelt. Jared sah, dass mindestens zwei weitere Kundinnen auf dieselbe Weise geschmückt waren, sodass sie gemeinsam an außerirdische Invasoren aus schlechten alten Science-Fiction-Filmen erinnerten.
Auch P. J.s Haare waren geschnitten und ihre Locken zu einem glatten Wasserfall gebändigt worden, der ihr weich über die Schultern fiel. Im Moment saß sie auf einem erhöhten Stuhl, den langen Rockteil ihres roten Kleides zwischen die Oberschenkel geklemmt, und nippte ab und zu an einer kleinen Porzellantasse, während sie mit der Mitarbeiterin sprach, die ihre Zehennägel lackierte. Jared konnte nicht erkennen, worüber sie sprach, aber falls ihr Lachen irgendetwas besagte, so amüsierte sie sich köstlich. Er lächelte. Es tat gut, zu sehen, dass
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