Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition)
irgendeine Bedeutung für Sie?«
»Wieso?«
»Es ist eine ganz einfache Frage.«
»Es ist ein Spitzname. Nach unserer Hochzeit hat meine Frau mich Gorgeous George genannt. Sie fand, ich sähe aus wie irgendein Catcher, der in den Fünfzigern berühmt war. Wir hatten beide lockige Haare.«
»Wie kommen Sie zu dem Bluterguss im Gesicht?«
Er berührt die Stelle. »Das habe ich der Polizei schon gesagt. Emily hat mit einem Teller nach mir geworfen, weil ich nicht auf ihre Erpressung eingegangen bin.«
»Warum hat sie Sie erpresst?«
»Sie wollte Weihnachten mit ihrer Mutter verbringen. Ich habe Nein gesagt. Sie hat gedroht, sie würde mich beschuldigen, sie sexuell belästigt zu haben, wenn ich nicht nachgebe.«
»Sie lebt nicht gerne bei Ihnen.«
»Wir sind in gewissen Punkten unterschiedlicher Meinung.«
»Zum Beispiel?«
»Ich halte nichts davon, Kinder zu verwöhnen, Professor. Ich bin nicht bereit, zum Sklaven zu werden wie andere Eltern. Ich bin nicht der Diener, Chauffeur oder Sekretär meiner Tochter. Andere Mütter und Väter hätscheln und hegen Monster. Sie fahren sie überallhin, erfüllen ihnen jeden Wunsch – Geburtstagspartys, Ballett, Fußballtraining, Klavier, Geige, Tennis; Ritalin, wenn sie hyperaktiv sind, Prozac, wenn sie depressiv sind, Antibiotika, wenn sie schniefen. Nicht mit mir. Ich bin Vater, nicht bester Freund oder Vertrauter meiner Tochter … und ich bin ganz bestimmt kein Sklave.«
»Herzlichen Glückwunsch. Sie sind der Vater des Jahres.«
Er reagiert nicht.
»Wo waren Sie gestern Nachmittag?«
»Ich bin nach London gefahren.«
»Wann sind Sie angekommen?«
»Ich weiß es nicht. Ziemlich spät, neun, vielleicht zehn Uhr. Sie können die Pensionswirtin fragen. Sie hat sich geweigert, mich zu meiner Frau zu lassen.«
Die Fahrt nach London dauert keine zwei Stunden. Er hatte mehr als genug Zeit, Piper einzufangen, den Keller aufzuräumen und sie irgendwo zu verstecken, bevor er in die Hauptstadt gefahren ist.
»Wie erklären Sie sich das Auftauchen Ihres Stationsvorstehers am Tatort?«
Er stutzt. »Ist das nicht offensichtlich? Jemand hat ihn dort hinterlassen, um mir die Sache in die Schuhe zu schieben.«
»Wer sollte so etwas tun?«
Er zuckt die Achseln. »Es wäre nicht das erste Mal. Bei dieser Geschichte mit den gefälschten Testergebnissen hat auch jemand die Experimente sabotiert. Ich wurde reingelegt.«
»Warum?«
»Um mich zu diskreditieren natürlich.« Bei ihm klingt es völlig naheliegend. »Die medizinische Forschung ist voller korrupter Gestalten: Rivalen, die mir meinen Erfolg neiden, meine Forschungsstipendien stehlen wollen und Angst haben, ich könnte ihnen bei einem Durchbruch zuvorkommen, der Milliarden Dollar wert ist.«
»Sie glauben doch nicht wirklich, ein Rivale würde Ihnen eine Entführung und einen Mord in die Schuhe schieben?«
Er zuckt abschätzig die Schultern. »Das hier ist Zeitverschwendung. Ich hatte nichts mit den Bingham Girls zu tun. Ich habe sie nie getroffen. Ich habe noch gar nicht in Abingdon gelebt, als sie verschwunden sind.«
»Finden Sie es nicht merkwürdig, dass Sie einen Brief von Piper unter Emilys Sachen gefunden haben?«
»Ich habe ihr Zimmer durchsucht.«
»Warum?«
»Ich habe nach Drogen gesucht.«
»Glauben Sie, dass Emily Drogen nimmt?«
»Ich bin wie gesagt gewissenhaft.«
»Sie durchsuchen das Zimmer Ihrer Tochter. Lesen Sie auch ihre E-Mails?«
»Ja, das kommt vor.« Er lacht über meine Überraschung. »Sie sind mit meinen Methoden nicht einverstanden?«
»Nein.«
»Wenn Ihre Tochter in irgendeiner dreckigen Absteige in einer Sozialsiedlung an einer Crack-Pfeife zieht, können Sie kommen und mich um pädagogischen Rat fragen.«
»Wo ist Piper Hadley?«
»Ich habe keine Ahnung.«
»Wo ist Emily?«
»Sie ist bei ihrer Mutter.«
Er hält trotzig meinem Blick stand. »Ich habe diese Mädchen nicht entführt. Sie können mit falschen Indizien rumhantieren, wie Sie wollen, deswegen bin ich trotzdem nicht schuldig.«
Der Schlüssel dreht sich im Schloss.
Die Tür geht auf. George hat einen Bademantel an und trägt ein Tablett mit einem Sandwich und einem dampfenden Becher. Er stellt das Tablett auf einen Tisch neben meinem Kopf. Ich starre auf den Dampf und beobachte, wie er sich ins Nichts kräuselt.
Mein linkes Handgelenk ist mit Handschellen an das Kopfteil des Metallbetts gefesselt. Mit der anderen will ich das Laken über meinen Körper ziehen, doch ich kann es nicht erreichen. Ich muss
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