Sag niemals nie
wollte schreien oder irgendetwas zerreißen. Am liebsten hätte sie Angelo Emiliani grün und blau geschlagen.
Doch noch lieber wollte sie mit ihm schlafen. Das musste sie sich seufzend eingestehen. Sie wollte ihn lieben, leidenschaftlich, hemmungslos …
Anna rollte sich herum und verbarg das Gesicht in den Armen. Es war eine unerträgliche Situation. Fernab vom Rest der Welt befand sie sich auf einer Yacht. Mit dem tollsten Mann, den sie sich vorstellen konnte. Und er trieb ein gemeines Spiel mit ihr. Ihr fiel wieder ein, was Fliss gesagt hatte … er sei als eiskalt bekannt. Anna seufzte. Diese Art Männer konnte sie nicht ausstehen. Es gab mehr als genug von ihnen. Meist waren es die besonders gut aussehenden. Sie machten sich an eine Frau heran. Sie schmeichelten und flirteten, bis sie ihnen erlag und mit ihnen schlief. Danach konnten sie nicht schnell genug verschwinden. Und irgendwann begegnete man ihnen wieder, an einer belagerten Bar, wo sie genau das gleiche Spielchen mit einer anderen begannen.
Doch sie, Roseanna Delafield, hatte nicht vor, dieses Spielchen mitzuspielen.
Alldem war sie bisher erfolgreich aus dem Weg gegangen. Sie hatte ihr Herz verschlossen und ihre Begierden hinter stolzer Verächtlichkeit versteckt.
Und nun war sie hier, mitten auf dem Meer. Sie konnte nicht entkommen. Und sie konnte sich nicht vor den Gefühlen verstecken, die er in ihr ausgelöst hatte.
Mistkerl!
Wütend richtete Anna sich auf. Wie konnte er das mit ihr machen? Ihm war ganz egal, wie sie sich dabei fühlte. Nein, schlimmer noch. Es war ihm nicht egal. Es machte ihm Spaß, sie hinzuhalten. Zu sehen, wie sie litt, wie sie sich nach ihm verzehrte … Verärgert streifte sie sich sein Hemd ab. Sie zog ihren nassen Bikini wieder an. Dann ging sie rastlos in der engen Kabine auf und ab.
Gab es eine Möglichkeit, diesem Mann zu entkommen? Sie hatte keine Verbindung zur Außenwelt. Also konnte sie keinen Tod in der Familie oder Ähnliches vorschützen. Außerdem bezweifelte sie, dass Angelo sich von so etwas seine Pläne durchkreuzen lassen würde. Von geschäftlichen Dingen würde er sich vielleicht umstimmen lassen, aber sicher nicht von persönlichen Problemen.
Unvermittelt blieb Anna stehen.
Das war die Lösung!
Warum war sie nicht längst darauf gekommen? Er hatte sie keineswegs hierhergebracht, um sie umzustimmen. Er wollte sie nur aus dem Weg haben, bis der Kauf abgeschlossen war. Aber ihm war ein wichtiger Punkt nicht bewusst. Das Château konnte nur verkauft werden, wenn sie, Anna, die Papiere in Nizza unterzeichnete.
Damit änderte sich alles! Sie konnte sich alle Zeit der Welt lassen. Unerwartet hielt sie alle Trümpfe in der Hand. Damit wurde das Spiel sehr viel interessanter!
Um Punkt sieben klopfte es an der Kabinentür. Anna öffnete
erwartungsvoll.
Es war Paolo, der Schiffskellner.
„Das Abendessen ist serviert, Signorina.“
„Aha. Danke, Paolo, aber dafür bin ich nicht angezogen. Und außer den Sachen hier habe ich nichts dabei …“
„Selbstverständlich könnte ich Ihnen etwas bringen, worin Sie sich besser fühlen, Signorina.“
„Nein“, wehrte sie entschlossen ab. „Mir macht das nichts aus. Aber ich befürchte, es könnte Signor Emiliani stören.“
Der Mann ging den Gang entlang zum Salon. Er drehte sich jedoch noch einmal um und bemerkte grinsend: „Das glaube ich nicht, Signorina. Hier auf der Lucia haben wir eine sehr lockere Kleiderordnung. Und draußen ist es immer noch angenehm warm.“
Die Schiebetüren zum Salon standen offen. Sanfte Musik scholl heraus. Der gedeckte Tisch setzte sich gegen den zartroten Abendhimmel ab. Anna trat näher.
„Es ist nur für einen gedeckt, Paolo. Isst Signor Emiliani nicht mit mir?“
Der Steward wich ihrem Blick aus. „Tut mir leid, Signorina Field. Er muss arbeiten. Im Moment telefoniert er, aber vielleicht kann er Ihnen später Gesellschaft leisten. Nehmen Sie doch schon mal Platz. Möchten Sie ein Glas Champagner oder sonst etwas trinken? Einen Cocktail?“
„Champagner, bitte.“
Sie war verwundert, das war alles. Nicht etwa gekränkt oder enttäuscht. Sie ärgerte sich einfach nur über Angelos Unhöflichkeit. Trotzdem hatte er es wieder geschafft, dass sie sich wie eine Idiotin vorkam. Auf keinen Fall würde sie an diesem riesigen Tisch alleine essen!
Trotzig trat sie ans Schiffsgeländer und blickte über das sich dunkel verfärbende Meer. Währenddessen stellte die Mannschaft Schüsseln und Platten mit Speisen auf den
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