Sag niemals nie
Irrtum.“
Er klang so aufgebracht, dass Anna ihn erstaunt ansah. Aber seiner Miene war nichts zu entnehmen.
„Ich dachte, du wärst begeistert von dem Hartholzboden. Von den Gemälden der Pflanzen, die man hier auf dem Grundstück vorgefunden hat. Der riesige Lampenschirm aus wiederverwerteten Industrieabfällen, gefällt er dir etwa nicht?“ Angelo lächelte höhnisch. „Komm mit nach oben, dann zeige ich dir den Rest.“
Er war bereits auf den obersten Stufen angekommen. Nun musste Anna sich entscheiden, ob sie ihm folgen oder allein in der Halle zurückbleiben wollte. Aufsässig verschränkte sie die Arme und blickte zu ihm hinauf.
„Nein, danke. Ich habe genug gesehen.“
„Wie du willst. Aber wenn es dir nichts ausmacht, würde ich mir hier gern einiges ansehen. Das könnte eine Weile dauern, also mach es dir bequem.“
„Das dürfte ziemlich schwer sein, denn …“, sie verstummte, weil Angelos Handy klingelte.
Sachlich meldete er sich und ging den Gang entlang, bis er außer Hörweite war. Jetzt erst merkte Anna, wie kühl die Luft im Gebäude war. Sie fror in ihrem spärlichen Aufzug.
Kurz entschlossen wollte sie das Haus verlassen, um im Freien auf Angelo zu warten. Aber ihr wurde klar, dass sie ihm damit nur einen Gefallen täte. Ganz offensichtlich wollte er nicht, dass sie mitbekam, worum es ging. Der Anruf hatte sicher etwas mit Belle-Eden oder dem Arzneimittelhersteller zu tun.
Hier bot sich ihr möglicherweise eine einmalige Gelegenheit. Vielleicht würde sie etwas Wichtiges erfahren!
Atemlos rannte Anna die Treppe hinauf. Oben angekommen, blieb sie stehen und lauschte angestrengt. Nichts.
Sie hörte nur das heftige Klopfen ihres Herzens.
Vor ihr gab es links und rechts Türen. Vorsichtig näherte sie sich einer. Sie legte das Ohr ans Holz und horchte.
Wieder nichts.
Sie huschte zur nächsten Tür und lauschte erneut.
Absolute Stille.
Geräuschlos öffnete sie die Tür und blickte in den Raum. Sie hatte ein Schlafzimmer mit dem größten Bett vor sich, das sie je gesehen hatte. Zögernd trat sie ein. Ihre nackten Füße versanken fast im dicken weißen Teppich. Auch dieser Raum war auf eine kühle Weise modern eingerichtet. Riesige Gemälde an den Wänden zeigten unverständliche Kleckse und Formen. Sie erinnerten entfernt an erotische Szenen. Vor einem Bild blieb Anna stehen. Es schien eine weibliche Brust vor einem männlichen Gesäß darzustellen.
Sie versuchte, es sich im Château vorzustellen, und schauderte.
Schließlich stieß sie die angrenzende Tür zu einer Art Duschraum auf. Verächtlich blickte sie sich in der kargen Zelle um. Eine Badewanne gab es hier nicht. Aber vielleicht sind die Umbauten noch nicht beendet, dachte Anna. Sie trat näher. Der Raum war mit irisierenden grünen Glasschuppen gefliest. Ansonsten war er leer.
Plötzlich schoss von allen Seiten Wasser aus Düsen an den Wänden. Sofort war sie völlig durchnässt. Kreischend versuchte Anna, dem eiskalten Wasser zu entkommen. Doch der gesamte Raum schien aus kleinen Düsen zu bestehen. Und Anna war mitten in ihre Schusslinie geraten.
Wieder schrie sie, diesmal lauter.
So plötzlich und unerwartet, wie die unerwünschte Dusche begonnen hatte, endete sie nun. Zitternd vor Kälte und Wut zugleich strich Anna sich das nasse Haar aus dem Gesicht. Dann bemerkte sie Angelo an der Tür.
Er lachte.
7. KAPITEL
„Wie ich sehe, hast du die Nasszelle entdeckt.“
Gern hätte Anna einen zusammenhängenden Satz hervorgebracht. Stattdessen bewegte sie nur hilflos die Lippen. Das Einzige, das ihr in den Sinn kam, waren die schlimmsten Schimpfwörter.
„Beeindruckend, nicht wahr?“ Angelo richtete sich vom Türpfosten auf. „Sie wurde so entworfen, dass möglichst wenig Wasser verbraucht wird. Alle Düsen dieser Dusche sind mit kleinen Saugpumpen ausgestattet. Sie reichern das Wasser beim Ausströmen mit Luft an. So verstärken sie den Druck. So kann man ausgiebig duschen, ohne viel Wasser zu verbrauchen. Die Dusche schaltet sich automatisch ein, wenn der Raum betreten wird.“
„Vielen Dank“, brachte Anna endlich wütend hervor. „Das habe ich gerade selbst herausgefunden.“
Angelo knöpfte sich das Hemd auf. Verständnislos sah sie zu und wich ein Stück zurück. Aber sie konnte den Blick nicht von seiner muskulösen Brust abwenden.
„Was machst du da?“
Grinsend streifte er sich das Hemd ab. Für einen Moment meinte Anna, sie müsse in Ohnmacht fallen.
Angelo hielt ihr das Hemd hin. „Hier.
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