Sag niemals nie
jung für einen alternden Mann wie mich. Aber ihre Eltern wollten es. Wegen des Titels, wissen Sie? Jedenfalls kehrte sie in jenem Sommer nach Belle-Eden zurück, um die Hochzeit vorzubereiten. Dort lernte sie diesen Mann kennen.“ Verbittert lachte er auf. „Natürlich waren ihre Eltern dagegen, sie verboten ihr, sich mit ihm zu treffen. Aber da war es bereits passiert, Sie verstehen schon.“
Angelo blickte zu der Blondine auf dem Gemälde hinauf. „Sie war schwanger?“
Fast unmerklich nickte Sir William. „Aber Rose weiß es nicht. Als Lisette noch lebte, war sie zu jung, um es zu verstehen. Und jetzt … es würde alles nur noch schlimmer machen. Sie darf die Briefe nicht sehen, verstehen Sie?“
Angelo hatte Mitleid mit der Not des alten Mannes. „Ja, ich verstehe. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden? Ich möchte Anna Tee machen. Darf ich Ihnen auch einen bringen?“
„Wie bitte?“ Der alte Mann war in seiner eigenen Welt. „Ach ja. Ja. Die Küche ist gegenüber der Eingangshalle. Den Gang entlang links. Sie ist nicht sehr aufgeräumt, fürchte ich. Mrs. Haskett kommt erst morgen wieder.“
Angelo wollte gehen, drehte sich jedoch noch einmal um. „Und was wurde aus dem Baby?“
Geistesabwesend sah Sir William ihn an. „Was aus dem Baby wurde? Adoptiert, nehme ich an.“
Nachdenklich nickte Angelo und öffnete die Tür. Er ging den zugigen, dunklen Flur entlang zur Küche.
„Nicht sehr aufgeräumt“ war glatt untertrieben. In der Spüle stapelte sich schmutziges Geschirr, und auf dem großen Tisch aus Kiefernholz in der Mitte des Raumes aalten sich Katzen.
Angelo stellte den Wasserkessel auf die Platte der altertümlichen Kochstelle. Am liebsten wäre er nach oben gegangen, um Anna zu holen. Und mit ihr irgendwohin zu fliegen, wo es warm und gemütlich war.
Während er wartete, dass das Wasser kochte, lehnte er sich an die Herdstange und schlug die Hände vors Gesicht. Ratlosigkeit befiel ihn. Er konnte nichts tun, ein Gefühl, das ihm bisher fremd gewesen war.
Mit kalten Fingern rieb er sich die Stirn und überdachte das Gespräch mit Annas Vater. Adoptiert, nehme ich an … Wie gleichgültig er das gesagt hatte! Für seinesgleichen war es das wohl auch. Angelo lächelte verächtlich. So waren sie, die Adeligen. Ein Baby mit einer befleckten Abstammung war nichts wert.
Vorsichtig stieg Anna die Treppe hinunter. Dr. Adams hatte ihr ein Schmerzmittel gegeben. Allerdings besänftigte es nicht nur die Schmerzen in Kopf und Schultern, sondern machte sie leicht benommen. Sie nahm alles wie durch einen Schleier wahr.
Auch, dass Angelo unten in der Küche Tee kochte.
Es erschien Anna so unwahrscheinlich, dass sie sich fragte, ob sie das vielleicht alles nur träumte. Dann wäre auch alles andere nur Einbildung. Wie er sie ins Bett getragen hatte und sie ausgezogen … Bei der Vorstellung erschauerte sie. Jetzt erinnerte sie sich, dass er unter dem Kopfkissen nach ihrem Nachthemd gesucht und sein Hemd gefunden hatte … in dem sie seit ihrer Rückkehr aus Frankreich geschlafen hatte.
Damit hatte sie sich verraten! Im Gang zur Küche blieb Anna stehen und lehnte sich an die Wand. Es zeigte eindeutig, was sie für Angelo empfand. Und er würde es sicherlich amüsant oder lästig finden. Sie atmete tief ein und ging weiter. An der Küchentür hielt sie inne.
Angelo lehnte am Herd und hielt sich die Hände vors Gesicht.
Ihr wurde eiskalt. Verglichen mit der hochmodernen Schiffküche auf seiner Yacht musste ihm hier alles erschreckend mittelalterlich vorkommen.
Als sie gerade wieder nach oben flüchten wollte, blickte er auf.
„Anna! Du sollst doch nicht aufstehen! Ich bringe dir Tee.“
„Mir geht es gut – wirklich.“ Sie lächelte zuversichtlich. „Ich mache den Tee. Eigentlich hätte ich meinem Vater längst welchen bringen sollen. Er wird sich fragen, wo er bleibt.“
„Keine Sorge, alles ist geregelt.“
Sie zuckte zusammen. „Du hast mit meinem Vater gesprochen?“
„Nicht nur das. Ich habe Mrs. Hasketts Telefonnummer gefunden und sie gebeten, morgen ganz früh zu kommen und einige Lebensmittel mitzubringen.“ Beruhigend fuhr Angelo fort: „Du brauchst dich also um nichts zu kümmern.“
Er hatte gut reden! Da blieb immer noch das Problem, dass sie ihn mehr als alles auf der Welt liebte!
Verlegen senkte Anna den Blick. „Danke“, flüsterte sie.
„Hier herrscht schreckliche Unordnung.“
Er atmete tief durch und legte ihr die Hände auf die Schultern. „Geh
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