Saga von Dray Prescot 19 - Jikaida-Zyklus 01 - Ein Leben für Kregen
mag die Anmerkung genügen, daß wir mit Glück und Vorbedacht dafür sorgten, daß die Armee in passender Aufstellung an der erwählten Erhebung wartete, auf allen Seiten vom Kochwold umgeben. Zankovs Spione hatten unsere Landung gemeldet. Die feindlichen Einheiten ballten sich zusammen, konzentrierten sich. Sie waren von ihrer eigenen Unverwundbarkeit dermaßen überzeugt, daß wir mit einer tollkühnen Attacke nach Art der Klansleute rechneten, die – so meinten unsere Gegner – die Angelegenheit ein für allemal klären mußte.
Filbarrka, von einer Sammlung fliegender Flöße hergeholt, lud seine Zorcareiter aus. Ich ritt sofort los, um diesen Truppenteil zu inspizieren. Dabei benutzte ich Schneeweiß, meine rabenschwarze Zorca, und hatte mich auf altgewohnte Weise gekleidet. Unter den Sonnen schimmerte mein mutiges altes Scharlachrot. Bewaffnet war ich mit einem Langbogen, mit einem Köcher, dessen Pfeile mit den rosaroten Federn des valkanischen Zim-Korf-Vogels bestückt waren, dazu ein Krozair-Langschwert, Drexer und Rapier und Main-Gauche. Außerdem hatte ich mir eine Axt an den Sattel geschnallt. Nicht gerade übermäßig viel, sagte ich mir, nicht lachhaft überfrachtet mit Waffen. So war es nun mal auf Kregen. Nicht so viele Waffen, wie ich nur tragen konnte – nein. Gerade eben die Waffen, die für die bevorstehende Aufgabe benötigt wurden – ja. So richtet sich ein Kreger ein.
Begleitet von Adjutanten, geleitet von den Anführern der Schwertwache des Herrschers, trabten wir zu der Stelle, wo Filbarrka, der in seiner Rüstung einen massigen Eindruck machte, seine nagelneue Zorcaeinheit zur Inspektion aufgebaut hatte.
Es war wirklich ein prachtvoller Anblick.
»Sollen sie ruhig zehntausend auf die Beine bringen«, sagte Filbarrka und schnipste mit den Fingern. »Wir spießen sie mit unseren Federpfeilen auf, dann könnt ihr euch auf sie stürzen.«
Unsere Segelflöße hatten die vereinbarte Ausrüstung in die Blauen Berge geschafft, so daß die Zorcatruppe nun nach unseren früheren Absprachen gekleidet und bewaffnet war. Außerdem war eine Einheit der Gesellen der Blauen Berge mitgekommen, die ungemein kampfwild waren und das große Kriegsschwert mitbrachten. Sie standen unter Korf Aighos' Kommando, den ich als alten Freund begrüßte, während ich zugleich meine eigene Ausrüstung im Auge behielt.
»Allerdings möchte ich nicht daran denken«, sagte der Korf, »was im Moment in den Blauen Bergen los ist.«
»Also, Korf! Ich bin überrascht, daß es dort noch etwas gibt, das jemand mitgehen lassen möchte!«
»Majister, du würdest dich wundern! Uns haben sich übrigens auch einige Männer der Schwarzen Berge angeschlossen, allerdings nicht viele. Dort im Norden stehen die Dinge schlecht.«
»Alles zu seiner Zeit.«
Er sprach nicht von Delia, was mir verriet, daß sie ihre Provinz in den Blauen Bergen nicht aufgesucht hatte. In Delphond war sie auch nicht gewesen. Ich weiß noch, wie ich mir die verzweifelte Frage stellte, wo die verflixte Frau wohl stecken mochte; und unterdrückte diesen Gedanken sofort wieder. Was die Schwestern der Rose im Schilde führten, hätte sogar Korf Aighos nicht zu sagen gewußt.
Noch einmal prüften wir gründlich das Terrain, auf dem die Schlacht gekämpft werden sollte. Hunderte von Jungen warfen ihre Fußangeln aus und stellten spanische Reiter bereit, damit sie im richtigen Moment mit bester Wirkung an den Flanken in Position gebracht werden konnten. In jener Nacht stieg das Licht zahlreicher Lagerfeuer zum Himmel empor.
Ich hatte es mir zur allgemeinen Regel gemacht, nicht an Kriegsräte zu glauben, und sah keinen Grund, hier eine Ausnahme zu machen. Die Kapts und die höheren Offiziere kamen zwar zusammen, doch wurde kaum davon gesprochen, was am nächsten Tag geschehen sollte. Jeder kannte seine Aufgabe. So tranken wir nur mäßig, machten einige dumme Witze, sangen und legten uns schlafen. Ich erkundigte mich nicht, ob die anderen wirklich schliefen. Ich machte noch eine Runde um die Lagerfeuer und war mir dabei nur der Schatten der Schwertwache bewußt. Gruppen, die hier und dort an den Feuern lagen, stimmten ein gerade bekanntes Lied an: »Sie lebte am Lilienkanal«. Ein sentimentales Stück, das keinen großen musikalischen Wert besaß, das den Männern aber irgendwie ans Herz ging, so daß sie es immer wieder sangen, geradezu mit Besessenheit. Heute kann ich dieses alte Lied nicht hören, ohne an jene Nacht vor der Schlacht vom Kochwold erinnert
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