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Sagen und Märchen Altindiens

Titel: Sagen und Märchen Altindiens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alois Essigmann
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Hoffnung, ihnen ihre Hilfe anbieten zu können.
    Sie hörte den Hausvater klagen:
    »Wie ist das Schicksal hart, das mich in den besten Jahren von euch ruft, ihr Lieben! – denn wie könnte ich weiterleben, wenn ich eines der Meinen dafür opfern müßte« – Dich, gütige Mutter meiner Kinder, oder die sündenreine Tochter oder den Sohn, das unschuldige Kind, dessen Gebet mir einst den Himmel aufschließen soll!«
    »Mich lasset sterben vor allen!« rief die Mutter. »Was wäre eine Familie, der der Ernährer fehlt? Betteln müßten wir gehen! und wer schützte die vaterlose Tochter, wer lehrte den Sohn die Weisheit eines Brahmanen?«
    »Ich sterbe gerne für Euch!« sprach die Tochter. »Mann und Weib sind eins, die mag auch der Tod nicht trennen! – Der Sohn versöhnt mit den Göttern, getreu seinem Namen – die Tochler aber heißt Sorge und hilfloser Jammer!«
    Gerade als Kunti eintrat, um von den Sorgen der gütigen Wirte ihren Anteil zu fordern, zog das kleine Büblein des Brahmanen einen Halm aus der Bodenmatte und lallte: »Bitte, bitte! nicht weinen! mit dem da schlägt Bubi böse Menschenfresser tot.«
    Mit Tränen in den Augen lachten die Bekümmerten über das kindliche Gestammel und herzten den tapferen Kleinen.
    Als Kunti nach der Ursache von Kummer und Klage gefragt hatte, hörte sie folgende Erklärung:
    Ein menschenfressender Riese namens Vaka halte die Stadt gezwungen, ihm nach jeder Vollmondnacht einen Büffel, eine Wagenladung Reis und einen lebenden Menschen zu senden. Diesmal hatte das Los die Familie des guten Brahmanen getroffen, und Vater, Mutter und Tochter, jedes von ihnen, wollte sein Leben für die anderen opfern.
    Da konnte die Mutter der Pandava Hilfe versprechen: Ihr Sohn Bhima sollte zu dem Riesen gesandt werden!
    Aber der Brahmane verschwor sich, er könnte den Gastfreund nicht für sich sterben lassen. Kunti gestand nun, wer sie und die Ihren seien, und bat, ihr Geheimnis zu hütten. Held Bhima aber, das wisse sie, würde den Riesen töten!
    Am nächsten Morgen zog Bhima mit einem Wagen voll Reis und einem feisten Büffel durch das Stadttor gegen den Wald, in welchem der Riese hauste.
    Draußen angekommen, erschlug er den Büffel, riß ein paar junge Bäume aus und brannte ein mächtiges Feuer an. Während der Büffel, an eine junge Tanne gesteckt, braun briet, machte sich Bhima über den Reis, glücklich, daß er einmal satt zu essen habe. Doch mitten in der Mahlzeit kam der Riese und schalt, daß ein Mensch sich in seinem Gehege breit mache. Aber Bhima, der noch nicht satt war, ließ sich nicht stören und aß mit sichtlichem Wohlbehagen von dem braungebratenen Rind. Vaka warf kopfgroße Felstrümmer nach ihm. Die wehrte Bhima mit der Linken von sich, mit der Rechten hielt er das letzte Viertel des Büffels und aß es schmatzend zu Ende. Dann sprang er auf, wischte sich die Hände am Moos ab und griff nach einem Felsblock. Geschickt wich Vaka dem schweren Geschoß aus. Nun begann ein Ringen wie einst mit Hidimbas: bald Leib an Leib, in mächtigem Stampfen die Erde aufwühlend, bald Felsen gegeneinander schleudernd oder entwurzelte Stämme wie Keulen schwingend, bekämpften sich die Starken. Es endete damit, daß Bhima den Leib des Riesen über seinem Knie entzweibrach.
    Die Leiche führte er auf dem leeren Wagen in die Stadt. Dort ward er vom Jubel des Volkes als Befreier empfangen und ihm zu Ehren im Rathaus ein prächtiges Siegesmahl gefeiert.
    Der gute Brahmane aber hielt sein Wort, so daß die Pandava unerkannt blieben.

Draupadi
    Nicht lange nach Bhimas Sieg über den Riesen zog ein Brahmane aus Pantschala durch die Stadt. Er war auf einer Botenreise, um die Fürsten des Landes zu Draupadis Gattenwahl einzuladen.
    Als der fromme Priester bei den Pandava übernachtete, erzählte er ihnen von der wunderbaren Geburt dieser schönen Jungfrau:
    Drupada, der König von Pantschala, hatte Haslinapura mit Rachegedanken im Herzen verlassen. So sehr er den heldenkühnen Ardschuna bewunderte, so sehr haßte er den Waffenmeister Drona, dem er sein halbes Reich hatte geben müssen.
    Zwei fromme Brahmanen, die im ganzen Land als Heilige galten, rüsteten auf des Königs inständige Bitte ein prunkvolles Opfer, und Drupada erflehte von den Göttern einen starken Sohn, der ihn an Drona räche. Da sprang ein glänzend gewappneter Jüngling und eine lotusduftende Jungfrau aus den Opferflammen als Zwillingspaar, welches die Götter, in ihrer Freude am Opfer, dem greisen König und seiner

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