Sagrada: Mystery-Thriller (German Edition)
Schiffsverkehr.«
»Fährt eins von den Schiffen möglicherweise unter kroatischer Flagge?«
»Mal sehen …«, murmelte der Mann und ließ den rechten Zeigefinger über das riesige Blatt gleiten. »Nein, keins.«
»Sind Sie sicher?«
»Ganz sicher«, sagte er im Bewusstsein seines Sachverstandes. »Wenn Sie mir sagen, was Sie genau suchen, kann ich Ihnen vielleicht weiterhelfen.«
»Ich weiß nicht recht«, gab Munárriz verwirrt zurück. »Ich wollte eigentlich ein kroatisches Schiff ausfindig machen.«
»Die Sache ist die«, fuhr der Mann fort und stützte sich mit den Ellbogen auf die Theke. »Heutzutage flaggen die meisten Reedereien ihre Schiffe aus und lassen sie unter einer sogenannten Billigflagge fahren, weil sie dann nicht nur Dumpinglöhne zahlen können, sondern auch Steuern und Sozialabgaben sparen. Außerdem sind die Sicherheitsvorschriften und technischen Kontrollen in dem Fall nicht so streng, wie wenn sie unter der Flagge eines europäischen Landes fahren würden. Damit lassen sich die Kosten weiter senken – allerdings um den Preis verringerter Sicherheit. So kommt es, dass die meisten Handelsschiffe auf hoher See unter einer anderen als ihrer Nationalflagge fahren. Das kroatische Schiff, das Sie suchen, könnte in Panama, Liberia, Honduras, Costa Rica, Somalia, Singapur, auf Zypern oder im Libanon gemeldet sein. Das sind die wichtigsten Billigflaggen-Länder.«
»Gibt es eine Möglichkeit, Genaueres festzustellen?«
»Ich fürchte nein. Viele Schiffe werden bereits am Tag des Stapellaufs in einem dieser Länder registriert.«
»Auf jeden Fall danke ich Ihnen.«
»Warten Sie einen Augenblick …«, hielt ihn der Mann zurück. »Vielleicht können Sie auf dem Umweg über die Fracht etwas in Erfahrung bringen.«
Mit neu erwachter Hoffnung fragte Munárriz: »Wieso das?«
»Manchmal fahren Schiffe zwar unter einer Billigflagge, aber trotzdem im Namen der Heimat-Reederei. Ich will mal im internationalen Frachtpolicen-Verzeichnis nachsehen. Es dauert nicht lange. Das haben wir gleich.«
Er verschwand hinter einer Tür und kehrte mit einem weiteren umfangreichen Band zurück. Eine dichte Staubwolke stieg auf, als er ihn auf die Holztheke fallen ließ, wobei er kräftig niesen musste.
»Ich seh mal nach, welche Schiffe mit Ladung nach Kroatien ausgelaufen sind«, erklärte er, während er den Band aufschlug und konzentriert die Seiten durchging. »An den bewussten vier Tagen«, sagte er, »sind drei in Panama registrierte Schiffe mit Fracht für kroatische Reedereien hier ausgelaufen.«
»Wunderbar«, sagte Munárriz mit einem dankbaren Lächeln. »Sind die Namen vermerkt?«
»Ja. Sie können sie mitschreiben. Es ist die Pocavina , die Krajina und die Alexander Nevski .«
»Und kennen Sie deren Bestimmungshafen?«
»Das krieg ich im Handumdrehen raus«, sagte der Mann stolz. Er nahm Lloyd’s Shipping Index zur Hand, der alle Bewegungen von nahezu neunzigtausend Frachtern auf der ganzen Welt verzeichnet, wie er Munárriz erklärte, und suchte die drei genannten heraus.
»Die Pocavina «, sagte er, »ist in Richtung Gibraltar mit Zielhafen Nuakschott, der Hauptstadt Mauretaniens, ausgelaufen, die Krajina nach Port Saïd in Ägypten, und die Alexander Nevski nach Italien, und zwar nach Livorno.«
»Gibt es auf einem der Schiffe eine kroatische Besatzung?«
»Schiffsbesatzungen sind heutzutage ein buntgemischtes Völkchen«, erläuterte der Angestellte. »In der Küstenschifffahrt, bei der Fracht oft in ein und demselben Land von einem Hafen zum anderen transportiert wird, besteht die Besatzung gewöhnlich aus Angehörigen des jeweiligen Landes, aber in diesen drei Fällen haben wir es mit Hochseeschifffahrt zu tun, bei der die Frachter Häfen auf der ganzen Welt anlaufen. Schon möglich, dass da der eine oder andere Mann Kroate ist, aber ganz allgemein gesprochen heuern auf solchen Schiffen gewöhnlich Leute aus den unterschiedlichsten Ländern an, vorzugsweise aus solchen der Dritten Welt, weil man die deutlich billiger bekommt als andere. Ich sagte ja schon«, führte er weiter aus, »dass es die Billigflagge einem Reeder gestattet, eine äußerst niedrige Heuer zu zahlen, und die Regierungen der betreffenden Länder kümmern sich weder um die Arbeitsbedingungen noch um die Lohnpolitik der Unternehmen. Ich könnte natürlich im Besatzungsregister nachsehen, aber …«
»Nicht nötig«, teilte ihm Munárriz mit. »Ich danke Ihnen für Ihre freundliche Unterstützung.«
»Wir werden
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