Sagrada: Mystery-Thriller (German Edition)
Pathologinnen, Spezialistin für Humangenetik. Sie hat die anthropometrischen Angaben mit der DNA-Analyse abgeglichen und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der Mann Slawe ist.«
»Kannst du das genauer sagen?«
»Er stammt aus Osteuropa oder dem östlichen Mitteleuropa.«
»Das bringt mich nicht weiter«, knurrte Munárriz ärgerlich. »Da kann ich auch gleich eine Nadel in einem Heuhaufen suchen.«
»Nicht so ungeduldig. Als er am Strand angespült wurde, trug er Hose und Hemd. An der Hose hat sich nichts Aussagekräftiges feststellen lassen, aber in dem Hemd war noch das Herstelleretikett.« Er unterbrach sich, nahm ein Blatt Papier aus der Tasche, strich es glatt und las ab: »CH-148/00-178-63/HRV. Dank dieser Kombination aus Buchstaben und Zahlen hab ich einiges herausbekommen.«
»Lass schon hören«, drängte Munárriz. »Ich bin gespannt wie ein Drahtseil.«
»Eine Nachfrage beim Dachverband des Textileinzelhandels hat ergeben, dass das ›CH‹ hier« – er tippte mit der Spitze seines Kugelschreibers auf die beiden Buchstaben – »auf einen Import aus China hinweist. Also hab ich mich mit Interpol in Peking in Verbindung gesetzt. Deren Angaben zufolge verweist ›148/00‹ auf die Art des Kleidungsstücks, in diesem Fall ein kariertes Flanellhemd, die fünf nächsten Ziffern auf die Steuernummer des Herstellers, eine Fabrik in Mundanjiang, einem weitab aller Touristenrouten gelegenen Ort östlich von Harbin in Nordchina, der inzwischen zu einem Industriezentrum von rund einer Million Einwohner angewachsen ist.«
»Gratuliere«, beglückwünschte ihn Munárriz. »Und die Buchstaben HRV?«
»Beziehen sich auf das Einfuhrland, die Republik Kroatien.«
»Wieso Kroatien?«, rief er aus, da er den Zusammenhang nicht begriff.
»Na ja«, erklärte Castilla, »auf Kroatisch heißt das Land Hrvatska.«
»Dann werde ich mal bei Interpol in Kroatien anklopfen.«
»Das hab ich bereits getan«, gab Castilla mit siegesgewissem Lächeln zurück. »Dort hat man mir in der Zentrale von Zagreb die Angaben bestätigt. Das Hemd gehört zu einer Lieferung, die vor ein paar Jahren ins Land gekommen ist und in einem Geschäft in der Ribnjak-Straße in der Hauptstadt verkauft wurde.«
»Ich weiß nicht, wie ich dir danken soll«, sagte Munárriz, mit der Arbeit seines Freundes hochzufrieden.
»Indem du dich nicht in die Tinte setzt«, riet ihm dieser besorgt. »Was wirst du jetzt tun?«
»Deine Angaben über eine zweite Quelle bestätigen lassen.«
»Traust du mir nicht?«
»Das hat damit nichts zu tun«, sagte Munárriz entschuldigend. »Aber ich muss ganz und gar sicher sein.«
»Sagst du mir, was gespielt wird?«
»Jemand hat eine junge Frau umgebracht, eine Restauratorin, und ich möchte das Motiv und den Täter ermitteln.«
»Hör auf mich«, mahnte Castilla, »du weißt, dass ich immer einen guten Riecher hatte. Streck deine Nase nicht zu weit vor. Du weißt genauso gut wie ich, dass es keine unbedeutende Sache sein kann, wenn man einen Auftragsmörder über so große Entfernung in Marsch setzt.«
Munárriz nickte bestätigend. Er leerte sein Glas mit einem Zug und stand auf, um zu gehen. Castilla schnaubte missmutig, weil ihm klar war, dass seine Mahnung wirkungslos verpuffen würde.
»Ich sag dir, sei bloß vorsichtig«, murmelte er, doch Munárriz konnte ihn schon nicht mehr hören.
Munárriz trat ins Büro der Hafenbehörde am Portal de la Pau, einer großen freien Fläche am unteren Ende der Rambla, auf der sich das Kolumbus-Denkmal erhebt, und suchte zielstrebig das Büro mit dem Schiffsregister auf. Der Angestellte dort bat ihn, einen Augenblick zu warten, während er die gewünschte Liste heraussuchte. Nach wenigen Minuten wuchtete er einen mächtigen Band mit grün-weiß gestreiftem linierten Endlospapier auf die Theke. Darin waren alle Schiffe verzeichnet, die im Lauf der letzten vier Wochen den Hafen Barcelona angelaufen oder verlassen hatten.
»Geht es um einen bestimmten Tag?«, erkundigte sich der Angestellte hilfsbereit.
Munárriz ging seine Notizen durch. Entsprechend dem, was Estivill von der regionalen Polizei zu Mabel gesagt hatte, war der am Strand von Bogatell Angetriebene seit zwei Tagen tot. Daher engte er seine Suche nach einer raschen Überschlagsrechnung auf die vier Tage vor der Auffindung des Leichnams ein, um ganz sicherzugehen.
»Die hier sind es«, sagte der Angestellte und knickte mehrere Blätter um. »Wie Sie sehen, herrscht bei uns ziemlich starker
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