Sagrada: Mystery-Thriller (German Edition)
ganze Welt entwickelt hatte.«
»Und wozu das Morse-Alphabet?«, fragte Munárriz.
»Es gestattet ihnen, mit einfachen Mitteln geheime Botschaften auszutauschen.«
»Wofür steht eigentlich der Hahn bei der Tätowierung?«, wollte Mabel wissen.
»Für Christus, denn dem heiligen Gregor zufolge schlägt sich der Hahn selbst mit den Flügeln zum Zeichen der Buße, bevor er den Schrei von sich gibt, der zum ersten Gebet des Tages aufruft.«
»Dann hat der Mann da also dem Orden von Hund und Hahn angehört«, sagte Munárriz nachdenklich. »Aber wer hat ihn umgebracht?«
»Auf diese Frage weiß ich keine Antwort«, gestand Falcone nachdenklich. »Ich kann Ihnen aber sagen, dass die Ordensregel äußerst streng ist und verlangt, dass jeder zu töten ist, der einen Auftrag nicht weisungsgemäß erledigt.«
»Wenn ich Sie richtig verstanden habe«, meldete sich Mabel zu Wort, »sieht der Orden seine Hauptaufgabe darin, gegen die Feinde der Kirche zu kämpfen, ihre Lehre zu verteidigen und dafür zu sorgen, dass seine Geheimnisse nicht ans Licht der Öffentlichkeit gelangen.«
»So in etwa.«
»Die beiden ersten Ziele leuchten mir ein, aber was für Geheimnisse sind da gemeint?«
»Das ist eine heikle Sache«, gab Falcone zur Antwort.
»Etwa so wie die Alchemie und der Gral?«, warf Munárriz ein.
»Ach, Sie wissen …?«
»Nur zu, jetzt überrascht mich kaum noch etwas.«
»In der langen Geschichte der Christenheit haben es sich zahlreiche Gemeinschaften von den Templern bis hin zu den Katharern zur Aufgabe gemacht, die Geheimnisse des Grals zu bewahren«, erläuterte Falcone, »und der Orden von Hund und Hahn betrachtet sich als legitimer Erbe dieser als heilig empfundenen Pflicht.«
»Jemand, der dem Orden von Hund und Hahn angehören dürfte, hat versucht, den Beatus von Gerona zu stehlen«, sagte Munárriz, damit Falcone weitere Einzelheiten von sich gab.
»Das war mir zwar nicht bekannt«, sagte Falcone, »es überrascht mich aber nicht im Geringsten. Immerhin ist dieser Beatus einer der am besten erhaltenen Kommentare zur Offenbarung des Johannes, ein kostbares Werk mit zahlreichen hermetischen Miniaturen. Sofern Mitglieder des Ordens versucht haben, ihn zu entwenden, dürfen Sie sicher sein, dass manche dieser Darstellungen ein grundlegendes Geheimnis enthalten, das die Wahrheit über das Christentum enthüllen könnte.«
»Würden diese Leute auch so weit gehen zu töten, um ein Geheimnis zu bewahren?«
»Daran kann nicht der geringste Zweifel bestehen. Wenn es um ihre Sache geht, sind sie bereit, zu töten und zu sterben.«
Als Munárriz den Kopf schüttelte, fuhr Falcone fort: »Dazu kommt es beispielsweise, wenn es gilt, den Gral und seine Geheimnisse zu schützen, oder auch die Geheimnisse der Alchemie, die es ermöglichen, die Quintessenz zu gewinnen. Lassen Sie mich eines ganz deutlich sagen: Die wichtigste Finanzierungsquelle dieses Ordens ist Gold aus alchemistischen Element-Umwandlungen.«
»Das ist ja ungeheuerlich!«, rief Munárriz aus. »Hat nicht die Kirche die Alchemie verdammt?«
»Nein, da irren Sie. Sie hat ihren Bannfluch nur gegen die falschen Alchemisten, die Zuträger und Denunzianten, geschleudert«, korrigierte ihn Falcone. »Papst Johannes XXII. hat im Jahre 1317 das Dekret Spontent quas non exhibent erlassen, um Herstellung und Verkauf des ›schändlichen Goldes‹ zu unterbinden. Dahinter stand seine Absicht, die wahren Alchemisten zu schützen. Ich verrate Ihnen kein Geheimnis, wenn ich sage, dass jener Papst gewissen Dokumenten zufolge selbst der Alchemie oblag, und manche Fachleute schreiben ihm die Urheberschaft an der im 16. Jahrhundert veröffentlichten Schrift Ars transmutatoria zu, was so viel bedeutet wie die Kunst der Element-Umwandlung.«
»Ein Papst als Alchemist?«
»Ja, es fällt schwer, das zu glauben, nicht wahr? Aber als er im Jahre 1334 mit neunzig Jahren starb, hat man in den unterirdischen Gewölben des Papstpalastes von Avignon einen Hort von Goldund Silberbarren entdeckt, von dem man annahm, dass es sich um das Ergebnis seiner Umwandlungen handelte, das er dort zu dem Zweck angehäuft hatte, das Heilige Land zurückzuerobern. Außerdem hat er verschiedene geistliche Ritterorden ins Leben gerufen, so den von Montesa in Spanien und den Christusorden in Portugal …«
»Na so was – Mönche als Goldproduzenten«, spöttelte Munárriz.
»Bedenken Sie, dass der Alchemie eine bedeutende spirituelle Kraft innewohnt«, hob Falcone hervor. »In den
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