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Sagrada: Mystery-Thriller (German Edition)

Sagrada: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Sagrada: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Enric Balasch
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Unfall vorgespiegelt hatte, damit niemand Verdacht schöpfte. Dabei war ihm, wie Munárriz erkannt hatte, ein Fehler unterlaufen, und als der Orden erfuhr, dass jemand diesem Todesfall nachspürte, hatte er wohl beschlossen, den Auftragsmörder aus dem Weg räumen zu lassen, um eventuelle Spuren zu verwischen. Allmählich bekam das Puzzle erkennbare Umrisse.
    »Wir stecken in einer Sackgasse«, sagte Mabel. »Wir haben ein Motiv und einen möglichen Mörder. Er wird aber nie den Mund auftun, weil er tot ist. Was schlägst du vor?«
    »Wir machen weiter.«
    »Wenn wir ermitteln könnten, wer der ›Schläfer‹ war, kämen wir über ihn vielleicht an den Orden heran. Das ist unsere einzige Möglichkeit.«
    »Ja. Diese Kerle sind aalglatt. Einfach wird es nicht sein, aber wir müssen es versuchen. Sieh doch mal zu, ob du in der Sagrada Familia was rauskriegst«, schlug Munárriz vor. »Da muss es doch irgendwo eine Querverbindung geben. Unter Umständen erkennt ja jemand den Mann von Bogatell, wenn du denen das Foto unter die Nase hältst. Damit hätten wir eine neue Fährte. Ich will mal versuchen festzustellen, wer dieser Giovanni Falcone ist«, sagte er, während er aufmerksam das Organigramm musterte, auf dem ein einziger Name stand, zu dem keine farbige Linie führte.
    »Warum lässt du den Mann nicht zufrieden? Immerhin hat er uns sehr geholfen«, hielt sie ihm entgegen. Dass Munárriz nach wie vor misstrauisch war, erschien ihr fehl am Platz. »Ich glaube nicht, dass er irgendwelche finsteren Ziele verfolgt. Wahrscheinlich hat er nur deshalb Vorsichtsmaßnahmen ergriffen, weil sich im Internet wirklich unheimlich viele Spinner herumtreiben.«
    »In diesem Leben bekommt man nichts umsonst«, knurrte Munárriz. Nachdenklich den Kopf aufgestützt, fügte er hinzu: »Er wollte nicht mal Geld.«
    »Wer in so einem Haus lebt, muss sich keine Sorgen machen, wie er über die Runden kommt.«
    »Kann sein, dass du Recht hast, was ihn angeht«, gab er zu, »aber die beiden Burschen da, der Fahrer und der Diener, waren nicht echt. Das sind nie im Leben Dienstboten. Denk nur an den Westenanzug von dem Mann, der das Tor aufgemacht hat.«
    »Tu, was du für richtig hältst, aber glaub mir, das ist Zeitverschwendung.«

     
    Als Mabel an der Sagrada Familia eintraf, kam es ihr vor, als sähe sie den Bau zum ersten Mal. Sie hob den Blick zu den mit Keramikkacheln verkleideten Turmspitzen, las die lateinischen Inschriften zum Lobe des Herrn, sah die Sterne der acht Glückseligkeiten, die Dreiecke, deren Häufung sonderbare geometrische Figuren bildete, und eine Vielzahl weiterer Symbole, die ihr Munárriz nach seinem Gespräch mit Alfonso Grau zu erklären versucht hatte. Während sie vor dem Bauwerk stand, gewann es in ihren Augen eine neue Dimension. Hier erwies sich wieder die Richtigkeit der Aussage, dass Schauen und Sehen nicht dasselbe ist. Die runden Abschlüsse im Stil romanischer und gotischer Kapitelle, die Gaudí auf die zu Ehren der Apostel errichteten Türme gesetzt hatte, hatten eine gewisse Ähnlichkeit mit einer Bischofsmitra, einem der Symbole des Christentums. Ihm war bei ihrem Bau bewusst gewesen, dass Bischöfe mit ihrem Krummstab und Ring die Jünger Christi verkörpern. Alles an dieser der Heiligen Familie geweihten Versöhnungskirche folgte einem genau festgelegten Symbolismus und ließ sich auf unterschiedliche Weise auslegen. Zwar hatte Gaudí sie zur Ehre Gottes erbaut, mit ihr aber zugleich auch ein gewaltiges steinernes Buch geschaffen. Die Restauratorin Begoña Ayllón hatte das Wagnis unternommen, es gründlich zu lesen und zu entschlüsseln.
    Mabel sah sich im Inneren der Kirche um und blieb nach einer Weile bei einer Touristengruppe stehen, um sich die Erläuterungen der Führerin anzuhören, bei denen die hermetische Deutung der Architektur ausgespart blieb. Die Amtskirche würde Gaudís Rechtgläubigkeit auf keinen Fall in Frage stellen, nie eingestehen, dass das Allerheiligste der Frömmigkeit in Barcelona das Mysterium der alchemistischen Umwandlung in sich barg, das Geheimnis des Grals und der Nachkommenschaft Christi. Als sich die Gruppe auflöste, weil einige der Touristen fotografieren und andere Ansichtskarten und Andenken kaufen wollten, trat Mabel auf die schlanke junge Frau zu, die an ihrer Schärpe als Führerin kenntlich war, und fragte sie: »Entschuldigung, arbeiten Sie schon lange hier?«
    »Seit fünf Jahren«, gab sie zurück. Zwar wirkte sie müde, war aber offensichtlich froh,

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