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Sagrada: Mystery-Thriller (German Edition)

Sagrada: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Sagrada: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Enric Balasch
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beiseite, nahm ihr Mobiltelefon heraus und führte ihr Gespräch. Er sah, wie sie den Kopf schüttelte, nickte und ab und zu etwas sagte. Dann beendete sie das Gespräch und kehrte zu ihm zurück.
    »Vilaró lässt dich grüßen«, sagte sie. »Er dankt dir für deine Hilfe.«
    »Nichts zu danken.«
    »Könntest du mir verzeihen?«, stieß sie mit einem Mal niedergeschlagen hervor.
    »Liebst du mich denn?«
    »Das weißt du doch.«
    »Wenn ich dir nicht verzeihen würde, könnte ich mich nicht mehr im Spiegel ansehen.«
    »Das heißt …?«
    »Lass uns zu mir gehen«, schlug er vor und nahm ihre beiden Hände. »Wir wollen die verlorene Zeit nachholen.«
    Nach wenigen Schritten blieb sie stehen. Sie legte ihm die Arme um die Taille und sah ihm wortlos in die Augen. Sie spürte die Wärme seines Körpers, nahm den Geruch seiner Haut wahr und küsste sanft seine Lippen.
    Die in der Nähe zusammenstehenden jungen Leute riefen den beiden spöttische Bemerkungen zu. Sie drehten ihr Musikgerät auf volle Lautstärke, und die jungen Frauen begannen, zu den Klängen mexikanischer Musik rhythmisch in die Hände zu klatschen. Mit einem Lächeln merkten die beiden, dass man sie beobachtete und sozusagen ertappt hatte wie Halbwüchsige, die sich zum ersten Mal küssen. Dann gingen sie Hand in Hand über die Straße davon.

     
    Sie liebten einander mit der Leidenschaft des von beiden so lange herbeigesehnten Wiederfindens, zu dem keiner von beiden den ersten Schritt gewagt hatte. Anschließend schlief Mabel, den Kopf auf seine Brust gelegt, immer ruhiger atmend ein. Auch Munárriz versuchte sich zu entspannen. Aber etwas beunruhigte ihn und hinderte ihn am Einschlafen. So war es ihm schon früher oft gegangen, wenn ihn etwas umtrieb. Nach der Besichtigung eines Tatorts erfassten ihn häufig eine innere Unruhe und Beklemmung, die ihn daran hinderten, weiterhin einfach seinen alltäglichen Verrichtungen nachzugehen. Seinem Vater war es in seinem Beruf ähnlich ergangen: Wenn er mitten auf dem Meer in der Nacht die Netze ausgeworfen hatte, war er von geradezu steinerner Ruhe gewesen, hatte hinausgelauscht in das tiefe Schweigen der Finsternis. Mitunter war es dann vorgekommen, dass er mit einem Mal schon wenige Minuten später den Befehl erteilt hatte, die Netze wieder einzuholen, und Kurs zurück auf Elanchove genommen hatte, weil der Wind, wie das an der kantabrischen Küste häufig der Fall war, von Nordost auf Nordwest umzuspringen drohte, was verheerende Folgen haben konnte. Obwohl das Meer nach wie vor ruhig dalag und die Wellen leise an den Rumpf des Kutters schlugen, hatte sein Vater Befehl gegeben, den sicheren Hafen anzulaufen. Kaum war der Kutter dort eingetroffen, hatte das Meer zu toben begonnen wie ein weidwundes Tier, der orkanartige Wind hatte an der Takelage gezerrt. Während sich die Wellen gewaltig über die Dämme erhoben, hatten die Schiffe draußen auf dem offenen Meer die größten Schwierigkeiten, sich in einen Hafen zu retten. Diesen sechsten Sinn schien er von seinem Vater geerbt zu haben.
    Er war fest überzeugt, dass etwas an der Sache mit dem Baucontainer nicht stimmte. Alles war mit millimetergenauer Perfektion ineinandergefügt, passte so glatt zueinander, dass nicht die Spur eines Zweifels blieb: die Trittleiter, der Tisch mit den Plänen und Zeichnungen darauf, die Leiche der jungen Frau, ihre Handtasche, der Rechner … Alles war genau am richtigen Platz und in der richtigen Stellung, wie in einer Filmkulisse. Alles passte haargenau ins Bild – mit Ausnahme des offenen Toilettenfensters, der eingeschalteten Heizung und des Buches, das am Boden lag.

     
    Um acht Uhr sah er, wie Mabel erwachte, sich unbekleidet vom Bett erhob und sich seinen weißen Baumwoll-Morgenmantel überwarf, ein Mitbringsel von einer herrlichen Reise mit der Schmalspurbahn Transcantábrico von León nach El Ferrol und von da aus weiter mit dem Bus nach Santiago de Compostela. Diese Luxusreise war ihr letzter gemeinsamer Urlaub vor Mabels Verrat gewesen. Danach hatten sie nahezu ein Jahr lang keine Verbindung mehr miteinander gehabt.
    Sie schlug Eier in die Pfanne, gab Frühstücksspeck hinzu, toastete Weißbrotscheiben und stellte Orangensaft auf den Tisch. Schweigend sah er ihr von der Küchentür aus zu. Der bis zum Gürtel offene Morgenmantel zeigte ihre üppigen und festen Brüste. Obwohl sie gerade erst aufgestanden war, schien sie glänzender Laune zu sein. Ihre Haare waren noch wirr, auf ihren Wangen sah man noch die

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