Sahnehäubchen: Roman
nehmen sollten. Das Haus ist schließlich groß genug. Und am nächsten Tag hat er mir eine Liebeserklärung mit allem Drum und Dran gemacht.«
Finja streckt mir ihre linke Hand entgegen. Am Ringfinger glitzert mir das Drum und Dran mit etlichen Karat entgegen.
»Wie schön«, freue ich mich. Ich bin tatsächlich erleichtert, dass der Haussegen in der Villa Kannhardt nicht mehr schief hängt.
»Aber das Beste ist«, Finja lächelt mich jetzt schelmisch an, »Alexander ist eifersüchtig auf Dwaine. Irgendwie glaubt er, dass da was zwischen uns gelaufen ist. Das würde er so natürlich nie zugeben. Aber ich merke es an seinen komischen Bemerkungen und Fragen. Und weißt du was: Erst einmal lasse ich ihn auch in dem Glauben. Diese potenzielle Affäre ist irgendwie ganz belebend für unsere Ehe. Im Moment trägt Alex mich jedenfalls auf Händen …«
Jetzt muss auch ich schmunzeln. So ein raffiniertes Biest!
Als ich nach Hause komme, checke ich schnell meine Mails und den Anrufbeantworter, bevor ich meine Tasche für Hannover packe. Aber da ist nichts, null Komma nichts.
Was habe ich auch erwartet? Wildes Entschuldigungsgestammel von Tom à la »Ich wusste nicht, was ich tat. Kannst du mir noch einmal verzeihen?« Nein, Nina, sage ich mir, den Typen musst du gedanklich echt begraben. Wer nicht will, der hat schon.
Aber auch Nils hat sich nicht gemeldet. Das versetzt mir nun doch einen kleinen Stich. Ob ich ihn einfach anrufe? Lieber nicht. Nach der Erfahrung mit Tom habe ich keine Lust, mir noch einen Korb zu holen. Was soll’s, morgen sehe ich ihn ja eh wieder. Ich sammle meine Klamotten zusammen, springe unter die Dusche und gehe dann geradewegs ins Bett.
Am nächsten Morgen fühle ich mich seit langer Zeit mal wieder so richtig fit und ausgeschlafen. Was so eine ruhige Nacht ohne vorherigen Alkoholkonsum doch ausmacht. Oder beflügelt mich etwa die Tatsache, dass ich Nils gleich wiedersehe?
Ich mache mich auf in die Agentur. Bevor wir heute Nachmittag nach Hannover fahren, werde ich noch ein paar Kleinigkeiten wegarbeiten. Ursprünglich wollten wir erst einen Tag später los, aber nun ist Nils gleich morgen früh Studiogast beim Lokalradio und muss schon um sieben Uhr in Hannover sein. Frühstücksradio – eine echte Herausforderung für Langschläfer. Hoffentlich kann Nils um die Uhrzeit überhaupt schon denken. Für mich wäre das nichts, aber trotzdem werde ich ihn solidarisch begleiten und ihm morgen früh – und deswegen auch schon heute Abend – Gesellschaft leisten.
Frau Smit hat mir die ausgedruckte Anfahrtsskizze vom Hotel Neumann, unserer Bleibe in Hannover, auf den Schreibtisch gelegt, daneben stapeln sich ein paar Memos zu kleineren Projekten, die nach Ende der Lesereise auf mich warten: Spirituosen, Baustoffe und Drogerieartikel – ich bin doch erleichtert, dass wir Weidner weiterhin als Kunden haben. Auch wenn mein Ausflug in die glamouröse Welt der Möbelhäuser lustig war, bin ich froh, dass Henning diesen Kunden betreut. Tauschen möchte ich nicht mit ihm.
Die nächsten Stunden arbeite ich gewissenhaft meine E-Mails ab und führe ein paar Telefonate. Nichts Besonderes oder Aufregendes also, deshalb bin ich froh, als Frau Smit durchklingelt und mitteilt, dass Herr Bosworth jetzt da sei.
Nils wartet schon am Empfang und strahlt mich an. Ich strahle zurück. »Hallo Nnn-, äh, Dwaine!« Puh, das war knapp.
»Hi Baby. Bist du bereit für unsere große Sause?«
»Mehr als bereit!«
Bilde ich es mir ein, oder ist er tatsächlich ein wenig rot geworden? Jedenfalls habe ich das Gefühl, dass mein Kopf leuchtet wie eine Notrufsäule.
Frau Smit ist ob unserer herzlichen Begrüßung etwas irritiert, versucht aber, sich nichts anmerken zu lassen. »Frau Seefeld, viel Erfolg bei der Veranstaltung!«
»Danke schön. Wir sind dann weg!«
Im Auto entsteht erst einmal ein verlegenes Schweigen. Keiner von uns weiß so recht, was er sagen soll. Hektisch fummle ich am Radio herum, bis Nils meine Hand nimmt und sie lange und fest drückt. »Geht’s dir gut?«, will er wissen. Ich schaue ihm in die Augen. Und auf einmal ist alle Befangenheit wie weggeblasen.
»Ja, mir geht’s richtig gut«, sage ich. »Und dir?«
»Ach Nina, mir ging’s selten besser.«
25. Kapitel
D as Hotel Neumann hat seine besten Zeiten definitiv hinter sich – und das seit mindestens dreißig Jahren. Wobei noch zu klären wäre, ob es sich vor vierzig Jahren denn an die Spitze des damaligen Trends gesetzt
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