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Sahnehäubchen: Roman

Sahnehäubchen: Roman

Titel: Sahnehäubchen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Hertz
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so, als sei nichts gewesen.
    »Natürlich ist alles in Ordnung, warum?«
    Ich werfe den Kopf in den Nacken, als würde ich lachen – die Lipfert soll denken, dass mein Gegenüber mich gerade mit einer Hammerbemerkung euphorisiert hat –, sage aber: »Also von meinem Blickwinkel sah es fast so aus, als hätte Ihnen die Dame eine gescheuert.«
    »Dame? Na ja …« Er lacht verächtlich. »Diese Provinzmaus war einfach überwältigt von meinem Charme. Da hat sie überreagiert.«
    »Aha.« Kann man wahrscheinlich so sehen, muss man aber nicht. »Was war denn das für ein Zettel, den Sie ihr gezeigt haben?«, will ich wissen.
    »Das war ein Fünfeuroschein, mein Wetteinsatz. Einer meiner besten Tricks überhaupt.«
    »Nämlich?«, frage ich erstaunt nach, während ich immer noch so tue, als würde Dwaine mich gerade super unterhalten. Ich hoffe nur, dass sich die Journalistin dadurch für einen Moment blenden lässt.
    »Ich habe der Dame eine Wette angeboten. Frauen lieben es zu spielen. Besonders mit einem schönen Mann wie mir.«
    Selbstbewusstsein ist einfach alles, denke ich. Auch im Angesicht der Niederlage.
    »Und worin bestand die Wette?«
    »Ganz einfach: Ich habe mit ihr um fünf Euro gewettet, dass ich es schaffe, sie zu küssen, ohne ihre Lippen zu berühren. Sie müsse nur die Augen schließen. Tja, und dann habe ich sie direkt auf den Mund geküsst. Super Trick, oder?«
    Nee, oder? Das kann nicht wahr sein. Das unterbietet ja noch einmal locker das Niveau seiner Tipps im Buch! »Ja, sensationell. Und kam auch richtig gut an«, bemerke ich sarkastisch.
    »Das muss man sportlich sehen«, bescheidet Dwaine mir lässig. »Und wenigstens wollte sie den Fünfer nicht. Ich habe also noch Spielgeld für weitere Wetteinsätze.«
    »Sie wollen das doch nicht etwa noch mal ausprobieren, oder?«
    »Warum denn nicht?«
    Gleich platzt mir der Kragen. Er wird uns vor Miriam Lipfert völlig lächerlich machen! Vor meinem inneren Auge kann ich den Verriss schon lesen.
    »Weil diese Wette total dämlich ist«, fahre ich ihn an, was ziemlich schwierig ist, weil ich – um den schönen Schein zu wahren – natürlich immer noch die Mundwinkel hochgezogen halte, als könne ich gar nicht anders, als den amerikanischen Starautor anzustrahlen wie eine Nonne den Papst beim Ostersegen. »Welche Frau soll, bitte schön, darauf abfahren? Sehen Sie sich hier doch mal um, Bosworth: Sie haben es hier nicht mit einem Haufen texanischer Landeier zu tun, denen in Ermangelung anderer Ablenkungsmöglichkeiten selbst Ihre Wette nicht zu dumm ist. Und wenn Sie nicht langsam … oh, hallo!«
    Frau Lipfert hat sich zu uns gesellt. Die hat mir gerade noch gefehlt.
    »Na, flirten Sie hier, oder haben Sie eine kleine Diskussion?«, erkundigt sie sich scheinheilig und wendet sich dann mit einem herausfordernden Augenaufschlag an Dwaine. »Läuft wohl noch nicht so bei Hamburgs Frauen, was?«
    »Andere Länder, andere Sitten.« Dwaine lächelt und hebt beschwichtigend die Hände hoch. »Vielleicht muss ich mein System ein bisschen umstellen. Aber keine Sorge, das wird noch. Sie werden sehen: Keine fünf Minuten, dann ist die Situation schon eine völlig andere.«
    Damit könnte er recht behalten, denn in diesem Moment nähert sich der Champagner-Jungspund von eben und tippt Dwaine auf die Schulter. »Gestatten, dass ich mich kurz vorstelle: Wegner mein Name. Ich bin hier der Geschäftsführer.«
    Hoppla, so jung und schon so wichtig. Ich ahne Böses. Denn jetzt setzt Jung Siegfried eine ernste Miene auf und spricht so laut, dass es trotz der Musik jeder der Umstehenden hören kann. »Einer unserer weiblichen Gäste hat sich eben über Sie beschwert. Sie werden verstehen, dass wir so ein Verhalten hier nicht dulden können. Ich muss Sie bitten, zu gehen.«
    Ups. Das passiert hier also, wenn man die Freundin des Chefs anbaggert. Dumm gelaufen.
    Kurz darauf finden wir uns alle auf dem Bürgersteig vor der ChiChi-Bar wieder. Ein großartiger Abend, denke ich bitter. Frau Lipfert schreibt immer weiter in ihr Büchlein, eigentlich dürfte da bald kein Platz mehr drin sein. Tom räuspert sich.
    »Wenn ich noch mal einen Vorschlag machen dürfte?«
    Ich bedenke ihn mit einem Blick, der hoffentlich sehr deutlich »Schnauze, Voli!« sagt. Immerhin ist es Toms Schuld, dass Dwaine ausgerechnet in diesem Nobelschuppen sein Debüt geben musste. Eine Nummer drunter wäre mit Sicherheit besser gewesen, und wer weiß, in welchen Szeneladen uns der Herr

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