Sahnehäubchen: Roman
unsere Gäste sitzen auf dem Trockenen. Also wirklich …« Alex spricht mit Finja, als sei sie ein Schulkind. Ich gucke ihn scharf an.
»Mach dir keine Sorgen, Alex, ich bin ja auch ein Gast. Finja darf das also. Im Übrigen hat sie heute Geburtstag, also spiel du doch den Kellner.«
Alex guckt mich böse an, sagt aber nichts und zieht stattdessen mit der kalten Flasche ab.
»Was ist denn mit dem los?«, will ich von Finja wissen. Sie schüttelt nur den Kopf, dann folgt sie ihrem Göttergatten in Richtung Wintergarten. Ich bin zwar nicht vom Fach – aber glückliche Ehe geht bestimmt anders.
Im Wintergarten hat Dwaine mittlerweile seinen Monolog beendet und lässt nun auch Fragen zu. Jörg Hohentwiehl macht von diesem Recht Gebrauch.
»So, Sie sind also ein PUA. Ich dachte bisher immer, das sei die Abkürzung für Parlamentarischer Untersuchungsausschuss, aber da scheine ich mich geirrt zu haben.« Er lächelt süffisant, was Dwaine völlig ignoriert.
»Tja, Jens, da kannst du mal sehen, wie wenig Ahnung du von der Welt da draußen hast.«
»Jörg. Ich heiße Jörg.«
»Wie auch immer. Also, wenn du mal dein Krankenhaus verlässt, wirst du schnell feststellen, dass die PUAs die neuen Ritter dieser Zeit sind. Wir Pick-up-Artists sind die Gewinner im Kampf um die besten Frauen.«
»Aha. Ich hätte vermutet, dass das doch sehr darauf ankommt, welche Damen man selbst für die besten Frauen hält. Mit Sicherheit haben zum Beispiel Sie und ich nicht den gleichen Geschmack.« Beifall heischend schaut sich Hohentwiehl nun in der Runde um. Sein Gesichtsausdruck signalisiert ein deutliches Dem habe ich es aber gegeben. Dwaine lässt auch das unbeeindruckt.
»Nein, darauf kommt es überhaupt nicht an, Jens. Denn ich kann sie alle haben. Restlos alle. Frag ruhig Nina, die wird es dir bestätigen.« Alle Augen richten sich auf mich.
»Äh, ja …« Ich merke, dass ich rot werde. »Also, jedenfalls die Leser sind bisher restlos begeistert von Dwaines Buch. Es scheint ihnen sehr zu helfen«, stammle ich unsicher. Mist, ich wünschte, ich wäre so cool wie Dwaine. Stattdessen lasse ich mich vom hier versammelten Bildungsbürgertum ganz schön einschüchtern.
Mein Schwager grinst gönnerhaft. »Na ja. Für die Art Buch braucht man dann eben die richtige PR. Dafür ist deine Branche gemacht, Nina, richtig? Viel Lärm um nichts, das ist das Geschäftsmodell.«
»Also wirklich, Alex, das könnte man nun auch für unhöflich halten!«, mischt sich meine Schwester mit glockenheller Stimme ein und lacht ihr berühmtes Kleinmädchenlachen, um den Anwesenden zu erklären, dass es sich hier um nichts anderes als um einen freundlichen Schlagabtausch handelt.
»Warum denn? Ist doch wahr.« Alex hat offensichtlich keine Lust, heute die Form zu wahren. Er lehnt sich selbstgefällig in seinem Sessel zurück. Obwohl ich innerlich koche, fällt mir nichts ein, was ich diesem Idioten jetzt um die Ohren hauen könnte.
»Ach, lass deinen Alten ruhig den Macker geben, Finja«, ergreift zu meiner Verblüffung nun wieder Dwaine das Wort. »Das perlt an einem Profi wie deiner Schwester ab. Vor der habe selbst ich Respekt. Und sieh dir Freund Jens an – dem läuft der Sabber schon förmlich aus dem Mund, so scharf ist er auf die kühle Nina. Aber vergiss es, Kumpel: Eine Frau, bei der selbst ich mir die Zähne ausbeiße, machst du nie im Leben klar.« Dwaine grinst und hebt sein Glas. »Also, auf die anwesenden Damen! Das Beste, was uns Kerlen passieren kann!«
Alex und Jörg gucken säuerlich, heben aber gemeinsam mit den anderen Gästen das Glas. »Auf die Damen!« Alle prosten sich zu. Dann klatscht Finja etwas gekünstelt in die Hände.
»So, ihr Lieben, zu Tisch bitte!«
Beim Essen sitze ich tatsächlich neben Jörg Hohentwiehl, dem aber die Freude an der Konversation mit mir deutlich vergangen ist. Dafür hat sich Finja irgendwie neben Dwaine gemogelt. An dem Strahlen in ihrem Gesicht kann ich sehen, dass sie sich im Gegensatz zu mir blendend unterhält. Wie ungerecht! Dabei habe ich Dwaine mitgebracht!
Zum Hauptgang versuche ich die aufkommende Langeweile mit mehreren Gläsern Rotwein zu bekämpfen. Leider werde ich davon eher müde als besser gelaunt. Kurz bevor mein Kopf ganz auf die Tischplatte sinkt, schlägt Dwaine mit einem Löffel gegen sein Glas und weckt mich wieder.
»Liebe Finja, zum Ende dieses wunderschönen Abends möchte ich einem guten texanischen Brauch folgen.« Alle starren ihn entgeistert an. Was hat er
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