Saigon - Berlin Thriller
ging unter.
»Jetzt kommt keiner mehr. Totalverlust.«
»Die Frage ... meine Frage«, wurde ich ungemütlich. Ich konnte nicht mehr sitzen.
»Ach ja, Eppstein.« Oliver kam ins Jetzt zurück. »Er ist in den Staaten dafür bekannt, dass er sich in den Ausbildungscamps der Luftwaffe die Besten eines jeden Jahrgangs aussucht. Die kommen dann zu einer Spezialausbildung der CIA.«
Der Lärm im Camp ebbte ab. Zikaden begannen ihr Abendkonzert. Es war müßig Oliver zu fragen, ob Brian Eppstein auch ihn ausgesucht hatte.
Die schwarze Krankenschwester war besonders liebevoll gewesen. Nach der üblichen Prozedur hatte sie mir einen Minireifenschlauch besorgt und gemeint, dass ich langsam auch auf dem Rücken schlafen könne, auf dem Schlauch.
Mich hatte Eppstein bestimmt nicht wegen meiner verborgenen Fähigkeiten ausgewählt. Wenn ich zu etwas ungeeignet war, dann zum Geheimdienstmann.
DRITTES KAPITEL
O STBERLIN , 27. D EZEMBER 1989
The-Marias Futonbett war nicht für meine Masse ausgelegt. Meine Narbe am Hintern schmerzte. Ich hatte schlecht geschlafen und noch schlechter geträumt.
Zwölf Uhr am Autotelefon, hatte der Grobian vom Sans Soucis gesagt. Ich stellte das Foto auf den Familienschrein zurück. Mehr als eine Katzenwäsche war nicht möglich. Die sanitäre Einrichtung erinnerte mich an Saigon. Das Hotel. Das Zimmer. Kleiner Drache und ein Ergebnis, um das ich hier kämpfen musste. Ob ich den Kampf gewinnen würde? Ich wusste es nicht. Der Gegner war genauso unsichtbar, aber allgegenwärtig, wie damals die Truppen des Vietcong.
Jetzt hatte ich noch eine Stunde. Mir war nach einer größeren Menge Kaffee. Die Kneipe sollte laut Aussage von Ewald Steiger schon offen haben. Nun musste nur noch der Mercedes an seinem Platz sein. Hoffentlich war er es.
»Kaffee gefällig?«
Ewald fing mich im Hausgang ab. Grinste. »Ich habe meinen Dienst getauscht. Komm, wir müssen reden. Aber mehr als Spiegeleier und Kommissbrot kann ich dir nicht anbieten. Bin ja kein ...«
»... Hotel«, vollendete ich seinen Satz.
Er beobachtete mich. »Schmecken Ost-Eier anders als West-Eier?«
Ich schüttelte den Kopf. Die Bemerkung, dass Ost-Kaffee kaum mit West-Kaffee zu vergleichen war, verkniff ich mir allerdings.
»Deine Nobelkarosse ist noch da. Ich habe sie freigeschaufelt. Phong hat sein Wort gehalten. Nur der Stern ist weg.« Ewald zuckte mit den Schultern und legte die Stirn in Falten, als habe er das zu verantworten. »Das ist eine Trophäe für die jungen Leute. Sie montieren sich dann ihren Traum von Luxus auf ihre Trabbis. Das darf man nicht so eng sehen.«
Eine Insignie des Luxus war weg. Ich sah es nicht so eng. Es war ein Leihwagen. Hauptsache, das Telefon war noch in dieser Karosse. Wie auf die Nabelschnur in einer Informationswüste waren nun zwei Kontrahenten auf diese Verbindung angewiesen. Nur, dass ich die schwächere Position hatte, passte mir nicht.
Ich hatte Hunger. Ewald breitete eine neue Pfanne Rührei zu und schnitt Hartwurst hinein. Sah mir stirnrunzelnd beim Essen zu. Etwas bedrückte ihn. Er wartete, bis mein Teller leer war, räumte das Geschirr ab und gab mir Feuer für das erste Zigarillo des Tages. Das musste sein. Sonst funktionierte meine Verdauungsmaschinerie nicht.
»Was soll jetzt mit dem Päckchen Opium passieren? Du weißt, dass ich dich deswegen verhaften müsste.«
»Und du weißt, dass es nicht mein Päckchen ist«, konterte ich.
Ewald nickte.
»Das ist auch ein Grund, es nicht zu tun. Aber melden müsste ich es. Auf den Besitz einer solchen Menge steht in der Deutschen Demokratischen Republik lebenslanges Gefängnis. Verstehst du?«
Ich verstand sehr wohl. Ewald schwankte als treuer Beamter zwischen Pflicht und Ungehorsam. Der Pflicht, etwas melden zu müssen. Egal, was es war. Es musste gemeldet werden.
»Das Opium, wenn es denn welches ist, kommt doch aus eurer DDR. Also beschlagnahme es. Melde einen dicken Fund. Vielleicht wirst du dann noch befördert.«
Ewald schüttelte den Kopf und zündete sich eine seiner russischen Papyrossi, dieser stinkenden Zigaretten, an.
»Du weißt doch, dass das sinnlos ist. Hier ist alles in Auflösung begriffen. Beschlagnahme ich das Zeug, kriegt es sofort jemand in die Finger, der damit richtig Geld macht. Daran gehen wir hier doch kaputt. Jeder wirtschaftet nur in die eigene Tasche.«
Ewald brühte frischen Kaffee auf. Noch fünfzehn Minuten bis zum Anruf. Ich ging den Wagen inspizieren. Die Wut des Himmels war offenbar
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