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Sakramentisch (German Edition)

Sakramentisch (German Edition)

Titel: Sakramentisch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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hin.
    Ab der übernächsten Nacht schliefen sie in getrennten Schlafzimmern.
    Am Tag der Abreise warf er ein Glas nach ihr.
    Was mit den gemeinsamen Erinnerungen an Malta geschah? Ottakring
packte sie einfach an die Stelle im Gehirn, die am ehesten kaputtgeht. Er ließ
sie mehrere Wochen dort ruhen, bis er sicher sein konnte, dass sie tatsächlich
zerstört waren, und konzentrierte sich auf seinen Weihnachtsfimmel. Er begann,
Geschenke für seine Lola zu kaufen.
    Der Weihnachtsrummel allerorten hatte noch nicht angefangen, da
schlug er Lola vor, für die Nacht wieder zusammenzuziehen. Sie war
einverstanden.
    Dann bot er ihr an, einen romantischen Winterspaziergang zu
unternehmen. Sie war einverstanden.
    Er nahm sie an der Hand und führte sie ins Dorf. Beim Bäcker Pledl
tranken sie einen dampfenden Kaffee vor der Tür und sahen die Straße hinunter.
Beim Blumen-Kauser wurden gerade frische Pflanzen angeliefert und mit
imposantem Getöse ausgeladen. Drüben der Schlecker-Parkplatz war leer bis auf
einen kohlrabenschwarzen Hund, der sich nicht von der Stelle rührte und mit
wachem Blick den Eingang im Auge behielt. Es war eine verschlafene Stimmung.
Nur das Ärztehaus und die Apotheke rechts von ihnen hatten regen Zulauf.
    Ottakring warf einen schiefen Blick auf seine Frau, bevor er die
leeren Tassen zurückbrachte. Sie lächelte.
    Auf den frisch geräumten Wegen entlang des Kirchbachs und durch den
vom Sommersturm zerstörten, tief verschneiten Wald begegneten sie nur wenigen
Spaziergängern. Die meisten waren Frauen, die ihre Hunde spazieren führten,
Kinder, die von der Schule kamen, und wenige Bahnpendler, die vom
Schichtbetrieb zurückkehrten.
    Lola und Ottakring unterhielten sich über unverfängliche Themen.
Wenn Menschen sich näherten, verstummten sie. Wenn sie gegrüßt wurden, sagten
auch sie Grüß Gott.
    Die meiste Zeit aber gingen sie schweigend nebeneinanderher und
hörten dem Knarzen ihrer Stiefel im tiefen Neuschnee zu.
    »Was fangen wir jetzt mit unserer Zukunft an, Joe?«, fragte Lola.
    Wir schieben sie weiter vor uns her, dachte er. Doch er sagte
diplomatisch, wie es gar nicht seine Art war: »Das werden wir erst wissen, wenn
sie Vergangenheit geworden ist.«
    Hinter ihnen rasselte ein Pferdeschlitten. Ottakring nahm seine Frau
bei der Hand und zog sie sanft an den Wegrand. Sie ließen das Gespann vorbei.
Zwei Köpfe unter zerdrückten Filzhüten und mit verdörrten Gesichtern, einem
männlichen, einem weiblichen, kauerten unter Lammfelldecken.
    Sie gingen weiter im warmen Geruch der Pferde.
    Ottakring wusste selbst, dass mit ihm im Moment nicht viel
anzufangen war. Er behielt Lola einfach an der Hand. Sie ließ es zu, und er war
ein bisschen glücklich.
    Das war in diesen Wochen das Leben von Joe und Lola Ottakring. Es
war wie das heisere Krächzen der Krähen hoch droben in den kahlen Bäumen.
    »Der verdammte Hund hat dich erkannt«, sagte Werner Stuffer zu
Hadi Yohl. »Und du hast seinen Kopf gestreichelt und ihn beim Namen genannt.«
    Die Worte kamen abgrundtief aus seiner Kehle und klangen wie
Messerwetzen und Säbelrasseln zugleich. Sie sollten auch so klingen.
Höllenfeuer schwelte in Werners Augen.
    »Ja, das ist mir auch aufgefallen«, sagte Hadi sanft. »Alle Hunde im
Dorf kennen mich noch aus der Zeit, als ich selbst einen hatte und mit ihm am
Bach entlang spazieren ging. Dass ich ›Joschi‹ zu ihm sagte – ich gebe zu, das
war deppert, eher ein Reflex. Aber mei, können sie daraus zutreffende Schlüsse
ziehen? Wir haben schließlich eingeplant, dass sie unterstellen, dass
Eingeweihte den Gachinger überfallen haben und es keine Touristen aus Long
Island oder Abu Dhabi waren. Dass also die Täter aus dem näheren Umfeld kommen
müssen, dürfte der Polizei recht schnell klar geworden sein.«
    Ganz zufrieden schien Werner mit der Erklärung nicht zu sein.
Andererseits hatte er damit die perfekte Eröffnung für seinen zukünftigen
Kriminalroman gefunden.
    Es sollte das letzte konspirative Zusammentreffen der drei
Kapitalverbrecher Hadi Yohl, Dr. Werner Stuffer und Artur Josef gewesen
sein. Denn Hadi gab die Order aus, sich nicht mehr persönlich zu begegnen.
Verständigung nur mehr telefonisch oder – eher selten – per Mail. Dass sie in
diesem Zustand der Ermittlungen abgehört wurden, befürchtete er als erfahrener
Schreibkriminalist nicht. Dass nicht zu viel Geld auf einmal ausgegeben wurde,
dafür sorgte Werner, der es verwahrte und nur bei Bedarf an Artur ausgab.
    Bedarf war

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