Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sally

Sally

Titel: Sally Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Päsler
Vom Netzwerk:
meinen Putzlappen zu Hause denkst«, forderte er mich auf.
    »Tut mir leid, aber ich glaube, das bring ich nicht«, sagte ich.
    »Okay«, meinte er geduldig, als hätte er schon mit so einer Antwort gerechnet. »Dann sprich mir einfach nach. Einverstanden?«
    »Einverstanden.«
    »Dieser Putzlappen von einer Frau ist die dreckigste widerlichste Schlampe, die ich jemals gesehen habe«, sagte er.
    »Dieser Putzlappen von einer Frau ist die dreckigste widerlichste Schlampe, die ich jemals gesehen habe«, echote ich, während ich mich mit seinen Hoden befasste.
    »Na also, geht ja.«
    Er wirkte zufrieden.
    »Diese hinterhältige Schlampe soll in der Gosse verrecken«, sagte er.
    »Diese hinterhältige Schlampe soll in der Gosse verrecken«, sagte ich.
    Auf diese Art machten wir weiter, auch noch, als er sich umgedreht hatte und ich mich auf sein bestes Stück konzentrierte. »Putzlappen« schien sein Lieblingswort zu sein, gefolgt vom verwandten »Putzlumpen«. Das Wort »Nutte« verwendete er nie, vielleicht aus Höflichkeit mir gegenüber, zumindest versuchte ich mir das einzureden.
    Auf einmal richtete er sich auf.
    »Und jetzt pinkelst du mich an«, sagte er.
    Diesen Satz hatte ich nun schon verblüffend oft gehört. Manchmal, wenn ich mir auf der Straße die Männer ansah, dachte ich daran, dass sich wohl auch ein guter Teil dieser Herrn für ihr Leben gern anpinkeln ließ. Ich hätte etwas Derartiges früher niemals für möglich gehalten.
    »Das bringe ich definitiv nicht.«
    Er spürte die Bestimmtheit in meinen Worten, blieb aber auch diesmal wieder geduldig.
    »Okay«, sagte er. »Dann geh aufs Klo, mach ins Glas und bring es mir.«
    Ich wäre am liebsten im Boden versunken, als ich ihm das Glas mit der noch warmen Körperflüssigkeit überreichte. Er setzte es ansatzlos an die Lippen und trank es in einem Zug aus.
    Beinahe hätte ich auf den Boden gekotzt.
    »Tut mir leid, aber ich muss jetzt gehen«, sagte ich rasch.
    Ich faselte noch etwas vom nächsten Termin, nahm meine Sachen und rannte durch die graue Steinwüste. Als ich endlich im Auto saß, hätte ich noch immer am liebsten die Tür aufgerissen und auf die Straße gekotzt. Dreihundertachtzig Euro waren allerdings gutes Geld. Deshalb sah ich ihn wieder. Das Programm blieb immer gleich. Einmal bot er mir tausend Euro als Erfolgsprämie an, falls ich es schaffen würde, dass er in mir käme. Mit Kondom natürlich.
    »Ich hab da ein Problem«, gab er zu. »Aber du bist so schön, vielleicht schaffe ich es mit dir.«
    Er tat mir inzwischen ein bisschen leid. Ich strengte mich für ihn an, konnte aber auch nichts anderes tun, als eine Frau eben in dieser Situation tut. Ich spannte meine Beckenbodenmuskulatur an, so gut ich konnte. Aus der Prämie wurde auf die Art nichts. Als ich genug andere Kunden hatte, ging ich nicht mehr zu ihm.

7
    DEZEMBER 2008. »Wo bist du?«
    »Sorry, komme nicht zum Essen.«
    »Habe gekocht.«
    »Esse am Abend.«
    »Die Kinder werden enttäuscht sein.«
    »Muss mich um Arbeit kümmern.«
    Wieder eine Abfuhr von Mario, diesmal per SMS. Der Platz an unserem Esstisch, an dem bereits sein Teller stand, würde auch heute leer bleiben. Er ließ mich nicht nur mit den Kindern allein, sondern auch mit den Sorgen. In meinem Portemonnaie befand sich nur noch ein einziger Zehn-Euro-Schein. Unsere EC-Karten waren bereits gesperrt. Das Einzige, was noch im Kühlschrank glänzte, war das weiße Plastik der leeren Fächer. Bargeld würde ich erst in fünf Tagen bekommen. Mir fehlte sogar das Geld für die kleinen Investitionen wie Zwirn, den ich dringend in der Schneiderei brauchte. Allein saß ich mit dem stummen Handy in der Küche. Zehn Euro. Bald würde ich mit den Kindern auf der Straße sitzen. Ich musste mir schnell etwas einfallen lassen. Im Keller hatte ich einen kleinen Vorrat für Notfälle angelegt. Selbst gemachte Marmelade und einige Gläser Apfelmus gab es dort noch. In die Schule würde ich Anke und Georg je ein Stück Brot mit Butter und Salz mitgeben. Aus den Beeren aus dem Garten, die ich im Spätsommer eingefroren hatte, konnte ich ein Kompott machen. Ich stemmte mich gegen den Untergang.
    Zwei Wochen später stocherte ich resigniert in meinem kunstvoll kreierten Mahl herum. Es war mir nicht leicht gefallen, aus einer Dose Mais, ein paar Nudeln und zwei ScheibenSchinken etwas zu zaubern, das die Mägen der Kinder füllte. Während ich den beiden beim Essen zusah, dachte ich an die strenge Diät, die ich mir vor Jahren selbst

Weitere Kostenlose Bücher