Salomes siebter Schleier (German Edition)
Ellen Cherry Boomer all das nicht sagen. Deshalb antwortete sie: «Weil du geschnarcht hast.»
Er blinzelte erneut. Traute seinen Ohren nicht. «Ich hab nicht geschnarcht», sagte er empört. «Ich hab auf dich gewartet.»
Als der Streifenwagen neben dem Truthahn zum Stehen kam, war Ellen Cherry noch dabei, sich seine Worte durch den Kopf gehen zu lassen, als könnte sie, wenn sie sie begriff, entscheiden, ob sie ihn liebte oder nicht.
I & I
«Phönizien bedeutet ‹Land des Purpurs›. Trauben? Glyzinien? Blutrote Durchfallprosa? Ein violetter Dunstschleier in den Bergen? Nein, phönizische Kaufleute waren im ganzen Mittelmeerraum und darüber hinaus berühmt für ihre rot gefärbten Waren.
Ob Sie es glauben oder nicht, aber die Quelle der roten Farbe war die Schneckenmuschel, jenes Meerestier, das Panzer wie den konstruierte und bewohnte, der mir hier in der Stunde der Not beisteht. Die Phönizier fingen die Schneckenmuscheln um der Farbe willen, die sie enthielten. Wenn sie das Tier auslösten, wurde das Gehäuse gewöhnlich beschädigt, weshalb große, unbeschädigte Exemplare wie unsere Freundin hier recht selten waren.
In gewissem Sinne war die Farbmuschel ein Symbol Phöniziens. Das Phönizische war eng verwandt mit dem Hebräischen, der Sprache König Ahabs, und es gab auch andere kulturelle Verbindungen; trotzdem hatte Jezabel Heimweh nach dem Land ihrer Geburt. Miss Conch Shell war ihr Trost und diente ihr als emotionale und spirituelle Stütze, da sie nicht nur Astarte repräsentierte, sondern auch für jene friedlichen, palmengesäumten Küstenstädte stand, wo Gebäude, Straßen und Arbeiterhände unauslöschlich purpurrot gefärbt waren. Für die Königin war die durch und durch phönizische Miss Shell das Zentrum von Samarias Tempel der Göttin. In purpurroten Papyrus gewickelt, fand sich die Muschel häufig an ihren königlichen Busen gedrückt.
Land des Purpurs. Das klingt gut. O du Land des Purpurs, Heimat der Malvenfarbe. Unser Mr. Sock ist purpurrot, wenn man es recht bedenkt, rot wie die Ringe unter den Augen eines Mafiabosses, rot wie der Gütestempel auf einem Stück rohen Fleisches. Ich würde nur allzu gern wissen, was Mr. Sock auf dem phönizischen Markt wert gewesen wäre. Hoppla! Ich darf nicht lachen, sonst läuft mir die Sauce raus.»
I & I
«Du lieber Himmel!», sagte Patsy. «Bud war ja mächtig gut drauf, als er ging.»
«Warum auch nich?»
«Hab nich gesagt, dass er’s nicht sein sollte, nur dass er’s war.»
«Irgendwas muss passiert sein, als er nach dem Essen eingenickt ist. Irgendwas, weiß der Teufel, was. Vielleicht is ihm wirklich im Traum der Herr erschienen oder so. Vielleicht war es was, was du und ich nich verstehen würden. Die Wege des Herrn sind unergründlich.»
«Da hast du recht», nickte Patsy. Sie wandte sich wieder ihrer Häkelei zu, während Verlin erneut versuchte, seine Straßenkarte zusammenzufalten. «Aber weißt du, Schatz, diese Geschichte mit dem Wiederaufbau des Tempels – meinst du nich, da steckt was anderes hinter?»
«Ich hab keinen gottverdammten Schimmer, was dahinterstecken könnte. Was soll schon dahinterstecken?»
«Nun ja, es scheint, als wärn jede Menge Prediger heutzutage nur auf Ruhm und Geld aus.»
«Kann schon sein. Aber Buddy hat doch gar nix zum Investieren.»
«Noch nich.»
«Willst du wieder rumkritteln, Patsy?»
Sie seufzte. «Dazu hab ich wohl kein Recht.» Sie schwieg einen Augenblick, grübelte über ihre eigenen Sünden nach und verglich sie mit denen, die sie bei Buddy Winkler vermutete. Die Schwachheit des Fleisches im Kampf mit dem Hunger des Ehrgeizes. Doch das brachte sie natürlich nicht weiter, und schließlich gab sie auf. Sie lächelte resigniert und versteckte das Lächeln hinter ihrer Häkelei.
Ich würd mal so sagen
, schloss sie für sich.
Von den sieben Todsünden schießt die Fleischeslust mit Sicherheit den Vogel ab.
I & I
Während der Frühlingsnachmittag verstrich, lärmende Vögel mit Insektensaft gurgelten und Knospen sich Schicht für Schicht aus ihren enggeschnürten viktorianischen Unterkleidern zu schälen versuchten, erzählten Painted Stick und Conch Shell, wie die frauenfeindliche Jahwe-Partei erbarmungslos den Ruf Astartes und ihrer Fürsprecherin in Israel, Königin Jezabel, schändete und die verwitwete Jezabel schließlich von Elishas jahwistischer Marionette Jehu ermorden ließ. Sie berichteten, wie mutige Bauern ihnen beiden halfen, unterzutauchen, indem sie sie
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