SALVA (Sturmflut) (German Edition)
Gewissen.“ Meine Stimme
war ruhig aber der tiefe Hass war nicht zu überhören.
„Vorsicht, junge Dame! Ich verbitte mir
solche Unterstellungen. Ihr Freund, Ihsan Tuck, war zwar sehr schwer verletzt
und es war auch nicht gerade ein Kinderspiel für unsere Ärzte, aber er ist am
Leben. Terrorist hin oder her, wir waren schließlich verpflichtet sein Leben zu
retten.“ Seine Worte klangen so verlogen, aber warum sollte er lügen? Ihsan
lebte. Er war tatsächlich am Leben. Ein Gefühl von Erleichterung raste durch
meinen Körper.
„Wir sind sogar bereit von einer Strafe
abzusehen, die sein neu gewonnenes Leben auf irgendeine Weise wieder verkürzen
oder doch sehr zum Negativen beeinflussen würde. Das hängt natürlich ganz von
Ihnen ab.“ Natürlich. Sie hatten ihn mit aller Macht am Leben gehalten um mich
erpressen zu können. Sie benutzten ihn als Druckmittel gegen mich, nur warum?
Was konnten sie von mir wollen? Wenn es wirklich so war, dann musste ich
zumindest versuchen, die Situation auszunutzen.
„Woher weiß ich, dass Sie mich nicht
anlügen? Ich will ihn sehen, vorher bin ich zu nichts bereit!“ Meine Stimme war
nun schon deutlich kräftiger. Ich war überrascht über mich selbst. Der Gedanke
an Ihsan gab mir Kraft.
„Immer langsam junge Dame. Erstens
stellen Sie hier nicht die Forderungen und zweitens haben wir doch noch gar
nichts verlangt. Aber Hut ab vor Ihrer schnellen Auffassungsgabe, so wird das
Gespräch bestimmt erheblich einfacher. Nicht, dass wir gedacht hätten, Sie
seien etwas begriffsstutzig, Sie haben bereits bewiesen, dass es nicht so ist.“
Meine Augenbrauen zogen sich zusammen. Ich konnte nur ahnen wie viel Petak über
mich wusste.
„Was Ihren Freund, den jungen Herrn
Tuck betrifft, so werden sie uns wohl einfach glauben müssen. Es ist nicht
lange her, da man fast zwei Dutzend Kugeln aus seinem Körper geholt hatte. Er
ist nicht transportfähig, natürlich, und steht in einem, speziell für diese
Fälle ausgestatteten, Krankenhaus unter Beobachtung. Nun zu Ihnen.“ Petak kam
noch einen Schritt näher. „Aus zuverlässiger Quelle wissen wir, das die
Angriffe auf unser Nachrichtensystem von ihrer Schule aus oder Orten im näheren
Umkreis gestartet wurden. Immer sehr schnell, immer sehr dezent und immer so
geschickt, das selbst die besten Spezialisten nur staunen konnten. Und es waren
viele. Ich ließ sie von überall ankarren, irgendwann war das Problem derartig...
delikat geworden, dass die Regierung persönlich Leute vorbeischickte, die sich
darum kümmern sollten. Unnötig zu erwähnen, dass mich das zu einer wahren
Witzfigur in Regierungskreisen gemacht hat, ganz von den Mitgliedern der
Regierung abgesehen. Deren Spezialisten ebenfalls bei dieser Aufgabe versagten.
Wenn sich solche Nachrichten zu lange im Netz befinden, dann beginnen
die Leute ihnen Glauben zu schenken. Was darauf folgt ist ein Rattenschwanz an
Problemen, mit denen sich wirklich niemand gern beschäftigt.“ Er beugte sich zu
mir vor, so weit, dass ich den dezenten Duft von Mundwasser wahrnehmen konnte
„Die Regierung der Vereinten Staaten wird nicht gerne verarscht Fräulein
Kovasana, ist Ihnen das bewusst?“
„Sie denken ich war das?“ Ich konnte ein
Grinsen nicht verhindern und schon im nächsten Moment spürte ich den Scherz von
seiner Hand, die meine Wange traf. Er hatte nicht mit aller Kraft zugeschlagen
aber fest genug um deutlich zu machen, dass die Verachtung auf Gegenseitigkeit
beruhte.
„Vorsicht Fräulein! Ich kann auch
anders, wenn der Anlass es erfordert. Diese Position habe ich schließlich nicht
geschenkt bekommen. Man kämpft sich hinauf und lernt mit der Zeit immer mehr
Opfer zu bringen.“ Für wenige Sekunden war sein Blick wie versteinert, doch
schnell fand er wieder zu seiner aufgesetzten Höflichkeit zurück. „Ihr Freund
Ihsan Tuck, hatte zuletzt ein recht vertrauenswürdiges Verhältnis zu meinem
Angestellten Branko Lukarac hier. Seither haben wir keine Zweifel mehr an der
Identität unseres Hackers. Oder besser Hackerin. Hören Sie also auf Ihre
Hände in Unschuld zu waschen und geben Sie es einfach zu. Sie haben uns über
Monate hinweg das Leben schwer gemacht, nicht wahr?“ Ich sah ihm fest in die
Augen, wusste aber nicht, was ich sagen sollte. Vermuteten sie es bloß und
wollten mich in die Falle locken oder war Ihsan wirklich so naiv gewesen?
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