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SALVA (Sturmflut) (German Edition)

SALVA (Sturmflut) (German Edition)

Titel: SALVA (Sturmflut) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Suslik
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füllte es bis zur
Hälfte und drückte es mir in die Hand. Ich starrte auf das Glas und dann wieder
zu ihm. „Keine Angst, ich habe nicht aus der Flasche getrunken. Um ehrlich zu
sein, habe ich noch keinen Schluck genommen. Irgendwie war ich abgelenkt.“ Er
stellte die Flasche auf den Tisch und sah mich wieder an, auf seinem Gesicht
war dieses warme Lächeln, das mir schon am ersten Tag aufgefallen war. Es
schien nie ganz zu verschwinden. Als wäre es ein wesentlicher Teil seines
Wesens. Ich kannte ihn nicht, trotzdem konnte ich mir vorstellen, dass sein
Leben auch nicht leicht war. Er lebte jeden Tag mit der Gefahr enttarnt zu
werden und trotzdem konnte er so lächeln. Es drängte sich mir wieder die Frage
auf, was er hinter diesem Lächeln verbarg.
             „Woran hast du gedacht, als ich rein
kam?“ Er antwortete nicht direkt, sondern sah wieder auf das Glas in meinen
Händen und ich nahm vorsichtig einen kleinen Schluck, denn er schien es
irgendwie zu erwarten.
             „Ich habe überlegt, wie du Europa am
besten verlässt. So etwas will gut geplant sein. Und ich muss gestehen, der
Film hat mich auch etwas abgelenkt. Hab ihn schon zwei Mal gesehen, aber ich
finde ihn immer noch irgendwie ganz unterhaltsam.“ Ich lächelte schwach.
             „Ja, ich hab ihn auch schon oft
gesehen...“ Ich sah wieder zu ihm auf und er nickte nur kurz, dann folgte ein
kurzes Schweigen.
             „Was ist, wenn ich gar nicht gehen
will?“ Ich wusste selbst nicht, was mich dazu gebracht hatte, diesen Satz zu
sagen. Ich wollte tatsächlich nicht einfach weggeschickt werden. Man hatte mir
Freiheit gegeben, dann wollte ich auch für mich selbst entscheiden dürfen.
Selbst, wenn es letztlich die Entscheidung war zu gehen. Ich wollte sie nur
selber treffen dürfen. Niemand hatte mich bis jetzt gefragt, was ich wollte.
Man sagte mir, dass ich helfen könnte. Das ich wichtig sei, aber niemanden
schien es zu interessieren ob ich mich in der Lage sah, die Last dieser Aufgabe
zu tragen. Sie hatten mir das Leben gerettet und ich schuldete ihnen dafür sehr
viel, das war mir bewusst, aber ich wollte wenigstens die Wahl haben.
             „Glaub mir, es ist das Beste. Du kannst
viel mehr für die Menschen hier und auch für dich selbst tun, wenn du nicht
mehr hier bist.“ Er sagte es ganz ruhig. Vermutlich hatte er diese Worte schon
ein Dutzend Mal formuliert. Ich wollte etwas darauf entgegnen, nur war mir
nicht ganz klar, was. Er wusste, wovon er sprach und was wusste ich? Nichts.
Selbst, wenn er es bloß sagte um mich zu beruhigen oder mich zum Gehen zu
überreden, konnte ich doch nicht wirklich gegen ihn argumentieren. Ich hatte
keinen wirklichen Plan, was ich tun würde, wenn ich mich durchsetzten könnte.
             „Habe ich denn wenigstens die Wahl?“ Er
schien etwas überrascht und legte den Kopf schräg.
             „Natürlich. Ich werde dich nicht gegen
deinen Willen verschleppen. Für mich besteht einfach nur kein Zweifel daran,
welche Entscheidung du treffen wirst. Alles an dir zeigt die Kämpferin, die du
bist. Korrigiere mich, wenn ich mich irre, aber tatenlos bleiben, wo doch die
Möglichkeit existiert etwas zu tun... so bist du nicht.“ Er lehnte sich mit
dieser Annahme weit aus dem Fenster, doch er hatte auch Recht. Es störte mich
irgendwie, wie gut er mich einschätzen konnte. Las er in mir, wie in meinem
offenen Buch? Wie schaffte er das. Es nützte nichts, Spielchen zu spielen und
zu diskutieren. Ich nickte nur langsam und sah ihm dann wieder in die Augen.
Dieses seltene Grün war wirklich faszinierend.
             „Du hast Recht. Ich kann es nur nicht
ertragen, wenn ich mein Leben nicht selbst in der Hand habe.“
             „Das kann ich gut verstehen. Hier in
Europa bleibt nicht viel übrig, was man selbst für sich entscheiden kann.“ Er
atmete tief ein und wieder aus und plötzlich war es mir egal, ob ich zu viel
von mir Preis gab oder er mich sowieso schon mit jedem Blick durchschaute. Ich
sehnte mich nach etwas Normalität. Ein simples, vertrautes Gespräch.
             „Kannst du mich da ein wenig
verstehen?“ Ich sah ihn immer noch an und er schloss die Augen für einen kurzen
Moment.
             „Ich verstehe dich sogar sehr gut.
Vertrau mir Milla, ich werde mein Bestmögliches tun, damit du bald jede
Entscheidung ganz für dich alleine treffen kannst. Egal, worum es geht.
Versprochen.“ Seine Worte

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