SALVA (Sturmflut) (German Edition)
Arbeit gibt es in diesen Städten?“
„Du weißt von den Städten?“ Ich verzog
nur das Gesicht und Aljoscha verstand schon. Es war unnötig diese Frage zu
stellen. Niemand wusste davon und doch wussten es alle. Manche Dinge kann man
nicht geheim halten und diese Städte verschwinden auch nicht von der Landkarte,
nur weil man sie nicht mehr betreten darf. „Wir unterhalten uns später weiter
darüber. Ich muss jetzt los.“
„Wag' es nicht, jetzt einfach zu
gehen.“ Er stand auf und ich tat es ihm gleich, um meine Entschlossenheit zu
demonstrieren. Ich wollte nicht mehr von ihm an der Nase herumgeführt werden.
Er schuldete mir Antworten, immerhin war ich die letzten Wochen unwissend auf
ihn angewiesen gewesen. Ich hatte das Recht, die Wahrheit zu erfahren. Es war
eine Sache, von Petak und den anderen Mitgliedern der Regierung wie eine
Marionette behandelt zu werden, doch Aljoscha und ich standen offensichtlich auf
der gleichen Seite. Er nahm mein Gesicht in seine Hände und im ersten Moment,
wollte ich sie wegschlagen, tat es dann aber doch nicht. Es war lange her, dass
ein Mann mich so berühren durfte. Es war keine intime Stelle, es war noch nicht
einmal eine besonders eindeutige Geste, ich war einfach nicht mehr daran
gewöhnt, so berührt zu werden. Zuletzt hatte ich jede freundschaftliche oder
liebevolle Geste von Radu abgeblockt und mich auch schon davor kaum anfassen
lassen. Ich konnte spüren, wie mein Gesicht rot anlief.
„Beruhig' dich, Milla. Niemand will dir
hier etwas verheimlichen. Zum richtigen Zeitpunkt wirst du alles erfahren.“ Er
sprach mit mir, wie mit einem Kind und meine Verlegenheit wurde noch schlimmer.
Ich drehte mich weg. Aus irgendeinem Grund, wusste dieser Aljoscha, wie man
meine Knöpfe drücken musste und das war mir nicht nur unangenehm, ich hasste es
sogar ein wenig. Trotzdem, wollte ich es ihm nicht zeigen und es fiel mir
selbst schwer, das zu kapieren. Ich kannte ihn gar nicht wirklich und noch
niemals zuvor war ich unentschlossen darüber, was ich für eine Person empfinden
sollte, die mir nicht nahe stand. Entweder mochte ich sie, oder sie waren mir
egal. Nur wenige hasste ich wirklich. Aljoscha brachte dieses Konzept zum
wanken.
„Wir sehen uns heute Abend.“ Er klopfte
auf den Tisch und ging. Als ich mich wieder herumdrehte, konnte ich sehen wir
er lächelte und dabei den Kopf schüttelte. Wieder war ich verwirrt. Ich sah zu
Anna, die noch immer am Tisch saß.
„Ich denke, es ist am besten, wenn du
die wichtigen Dinge von Aljoscha erfährst.“ Ich setzte mich wieder hin und
starrte auf die Tischplatte. Ich wollte gar nicht mit ihr diskutieren. Dieser
Satz machte schon deutlich, dass sie sich nicht weiter winden wollte um mir
irgendwelche Halbwahrheiten zu präsentieren. Sie schien ein sehr lieber Mensch
zu sein und zu ihr so harsch zu sein, wie ich es zu Aljoscha war, konnte ich
mir nicht vorstellen. Dennoch, gab es Dinge, die mich beschäftigten.
„Ihr seid also beide so was wie
Agenten?“
„Soldaten viel mehr, aber wir hatten
ein spezielles Training und wurden dann hier eingeschleust. Es gibt noch mehr
Leute wie uns. Sie sind über ganz Europa verteilt und kommen aus
unterschiedlichen Ländern, doch wir haben alle das gleiche Ziel.“ Anna und eine
Soldatin? Das konnte ich mir einfach nicht vorstellen, aber vielleicht schätzte
ich sie auch völlig falsch ein.
„Wie ist es so, außerhalb von Europa?
Habt ihr auch die Pandemie erlebt?“
„Ja, natürlich. Überall auf der ganzen
Welt sind die Menschen daran gestorben aber wir haben auch Wege gefunden, etwas
dagegen zu unternehmen. Es waren nur andere als hier. Ansonsten ist es ganz
normal bei uns...“ Anna sah mich mit einem gequälten Blick an. Woher sollte ich
wissen, was für sie normal bedeutet? Wahrscheinlich hatte sie gerade Mitleid
mit mir und das wollte ich am wenigsten.
„Was für Wege waren das?“ Ich war mehr
als gespannt auf die Antwort.
„Eigentlich nur einen: Genetik. Es gibt
bestimmte Menschen in unserem Land, die verändertes Genmaterial haben. Diese
Menschen werden ganz gezielt 'erschaffen',damit sich schnell und
effizient ein Impfstoff gegen solche Viren herstellen lässt. Es gibt auch
Menschen, die aus diesem Grund immun gegen die Medikation sind, die eure
Regierung euch verabreicht. Durch ihre
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