SALVA (Sturmflut) (German Edition)
kein normaler Mensch. Er schien von diesem Kraftakt nicht einmal
erschöpft zu sein. Sie konnten ihn immun gegen Krankheiten machen, dann konnte
sie noch mehr verändern. Er lief zu der am Boden liegenden Schutztruppe und
nahm seine Waffe an sich. Bevor er zurückkam, versetzte er dem Mann noch einen
Schlag gegen den Kopf. Ich starrte immer noch auf den reglosen Körper, als
Aljoscha mich packte und aus dem Fenster hob.
„Vorsicht!“ Er ließ los und ich landete
unsanft in der Kuhle zwischen den Schienen und der angrenzenden Betonwand, auf
der sich der Zaun befand. Es war ein Summen zu hören und die Luft schien durch
den Stromfluss des Zauns förmlich zu vibrieren. „Pass auf, berühr' nicht den
Zaun!“ Er sprang hinterher und von weitem konnten wir schon die Lichter der
Schutztruppen sehen, die auf uns zu liefen. Sie kamen von beiden Seiten.
„Was jetzt?!“ Ich drehte mich
verzweifelt zu Aljoscha. Sein Gesicht war wie versteinert, doch sein Brustkorb
hob und senkte sich so schnell, dass kein Zweifel daran bestand wie angespannt
er war.
„Los! Da rauf!“ Er zeigte auf den Zug.
Ich ergriff den Fensterrahmen, aus dem wir geklettert waren und er machte eine
Räuberleiter für mich. Die Reste des Glases Schnitten in das Fleisch meiner
Hände. Es brannte wie Feuer, doch ich ignorierte die Schmerzen einfach. Das
Blut sickerte zwischen meine Finger und machte es schwer richtig Halt zu
finden. Mit einem Ruck schob ich mich nach oben und stand auf dem unteren Teil
des Fensterrahmens. Ich klammerte mich an den oberen Teil, um auf das Dach des
Wagons zu gelangen. Ich war noch nicht ganz oben, da hörte ich Schüsse. Ich
verlor für einen Moment den Halt und drohte wieder nach unten zu stürzen, doch
Aljoscha war bereits dicht hinter mir und drückte mich nach oben. Meine
blutigen Hände pressten sich gegen das Metall des Zuges und ich zog mich mit
aller Kraft hinauf. Kaum stand ich fest, drehte ich mich um und versuchte ihm
zu helfen. Ich packte seine Hand und wollte ihn raufziehen, doch in diesem
Moment explodierte ein Schmerz in meinem Arm und ich schrie auf. Blut lief nun
auch über meinen Arm und ich ließ ihn los. Ich stürzte zurück und hielt sofort
meinen Arm. Der Schmerz war so heftig, das ich ein zweites Aufschreien nicht
unterdrücken konnte. Etwas hatte mich getroffen. Das Pulsieren der Verletzung
reichte bis in die Schulter und die Spitzen meiner Finger. Dann begriff ich
wieder, was gerade geschehen war und sah panisch zu Aljoscha, doch er hatte
sich bereits aus eigener Kraft raufgezogen. Er war noch nicht ganz oben, da
ergriff er wieder das Gewehr und begann zu schießen. Wir waren jetzt völlig
ohne Deckung aber es war die einzige Chance zu entkommen. Ich stand auf und
kaum war ich auf den Beinen, lief Aljoscha schon los. Ich folgte ihm, konnte
aber kaum mit seinem Tempo mithalten. Mittlerweile waren auch die Schutztruppen
auf dem Zug und kamen von beiden Seiten auf uns zu. Wir hatten keine Chance zu
entkommen. Wir waren umzingelt. Er blieb stehen und ich lief in ihn hinein,
drückte mich für einen kurzen Moment an seinen Rücken und betete, dass es
schnell gehen würde aber niemand schoss mehr auf uns. Ich sah Aljoschas Waffe
zu Boden fallen und wie er seine Hände über den Kopf nahm. Auch ich hob die
Hände so gut es ging. Der Schmerz hemmte meine Bewegungen und meine Hände
zitterten unkontrolliert. Ich sah, wie mein Blut im Sekundentakt auf das Dach
des Zuges tropfte und schloss die Augen. Für einen kurzen Moment war alles
still, dann waren Schritte zu hören. Ich öffnete die Augen wieder und vor uns
stand ein Mann in Uniform. Er war schon älter, hatte bereits graue Haare und
Falten. Er versuchte offensichtlich auch nicht etwas dagegen zu unternehmen.
Der Rest von ihm strahlte Kraft und Härte aus. Er war groß, fast riesig und
sein Kreuz war ungewöhnlich breit. Ich erkannte ihn sofort, obwohl ich ihm noch
nie begegnet war. Sein Gesicht war, so wie das von Petak, fast täglich in den
Medien. Es war Adam Kahrgin, der Leiter der Schutztruppen. Für eine Weile sah
er nur zwischen Aljoscha und mir hin und her ohne ein Wort zu sagen. Als er
sein Schweigen endlich brach, sah er Aljoscha an.
„Ich war überrascht, das muss ich
wirklich zugeben. Ein Spion in unserer Mitte und dann ist es auch noch mein
engster Vertrauter.“ Er rieb sich das Kinn, als würde er nachdenken. Ich sah
zwar Aljoschas Gesicht nicht, war mir aber sicher,
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