Salvatore, R.A. - Todfeind2
würde dieser traurige Anblick schon bald zu einer Gewohnheit werden.
Er fiel zum vierten Mal hin.
Cadayle rannte auf ihn zu, aber Bransen winkte eigensinnig ab. Am ganzen Körper zitternd, schaffte er es, sich auf den Bauch zu wälzen und auf die Knie zu kommen. Er war nur darauf bedacht, sein verzerrtes Gesicht zu verbergen, als er den mitfühlenden und besorgten Blick bemerkte, der zwischen Cadayle und Callen hin- und herwechselte.
Sie befanden sich auf der Straße nördlich von Delaval und wanderten am Ufer der majestätischen Wasserstraße entlang, die vor Kurzem erst auf den Namen Masur Delaval getauft worden war, nach Nord-Nordwesten. Obwohl dieses nordöstliche Ufer als die »zivilisierte« Seite des Flusses betrachtet wurde, war der Straße, besser dem Weg, nichts davon anzumerken. Sie hatten Delaval-Stadt erst vor vier Tagen verlassen und befanden sich in einer Gegend, die vom Krieg noch unberührt war. Trotzdem fiel es schwer, ihren Weg als Straße zu bezeichnen. Uneben, morastig und mit den dicken Wurzeln der ausladenden Weiden bedeckt, die den Fluss säumten, konnte dieser Weg auch den vorsichtigsten Reisenden jederzeit zu Fall bringen. Jeder Schritt bedeutete eine Mutprobe für Bransen, der eigensinnig, wie er war, seinen Seelenstein in einem Beutel trug und noch nicht einmal in der Hand hielt, geschweige denn auf seine Stirn gebunden hatte.
Auf Händen und Knien kauernd, um sich zu orientieren und zu Atem zu kommen, kämpfte Bransen gegen den Impuls an, die Hand in den Beutel zu stecken und den Edelstein hervorzuholen. Er bemerkte eine Pfütze roter Flüssigkeit und begriff erst in diesem Augenblick, dass er sich bei seinem letzten Sturz die Nase angeschlagen und gleichzeitig die Lippe aufgerissen hatte. Er spuckte mehrmals aus, rote Tropfen spritzten aus seinem Mund.
Er spürte Cadayles Hand auf seinem Rücken und sagte sich, dass sie ihn liebte und sich um ihn sorgte, und das völlig zu Recht.
»Meinst du nicht, das reicht für einen Tag?«, fragte sie leise.
»W … W …« Bransen hielt inne und spuckte wieder, dann griff er nach seinem Beutel. Bei dieser Bewegung wäre er beinahe umgekippt, hätte Cadayle ihn nicht aufgefangen und gestützt. Sie fasste seine umherflatternde Hand und führte sie behutsam zum Beutel und dem Edelstein und half ihm dann, den Stein gegen seine Stirn zu drücken.
»Wir haben kaum zwei Meilen geschafft«, protestierte er mit einer Stimme, die klar und kräftig klang. Dieser plötzliche Wechsel war für Bransen ein Schock.
»Wir sollten versuchen, bis zum Einbruch der Dunkelheit weitere fünf zurückzulegen«, sagte Cadayle. »Bei unserer Geschwindigkeit schaffen wir keine einzige Meile mehr, und wenn du dich ernsthaft verletzen solltest …«
Bransen wandte den Kopf und sah sie beschwörend an.
»Ich verstehe«, flüsterte sie, »und ich kenne deine Gründe. Ich würde niemals das Recht für mich in Anspruch nehmen, dir zu widersprechen. Aber ich bitte dich, Geliebter, dein Tempo zu mäßigen. Du mutest deinem Körper mehr zu, als er ertragen kann. Du wirst mehr als den Seelenstein brauchen, wenn du dir ein Bein brichst. Und was wird dann aus mir und meiner Ma?«
»Meine Geduld mit dieser Kreatur namens Storch ist ein für alle Mal erschöpft«, sagte Bransen.
»Aber meine ist es keineswegs.«
Den Edelstein immer noch gegen seine Stirn drückend, sprang Bransen auf und fing sich sicher und mit unglaublicher Gewandtheit. Jetzt war er wieder der Wegelagerer, der Straßenräuber, der eine Burgmauer aus eng gefügten verwitterten Steinen erklimmen konnte. Er war der Wegelagerer, der den besten Kämpfer eines Fürsten zum Kampf herausfordern und besiegen konnte.
Bransen nahm den Edelstein von der Stirn. Augenblicklich begann er zu schwanken. Er fing sich jedoch und hielt Cadayle mit einer Handbewegung auf Abstand. Dann verstaute er den Edelstein wieder in seinem Beutel und ließ ihn los.
Er machte einen Schritt, unbeholfen und unsicher. Beinahe stürzte er, hielt sich aber auf den Beinen und schaffte es sogar, sich zu Cadayle umzudrehen und zu sehen, wie sie und ihre Mutter besorgte Blicke wechselten.
Mit zitternder Hand und fuchtelndem Arm schaffte Bransen es, die Finger erneut um den wertvollen Edelstein zu legen. Er holte ihn hervor und fand auch das schwarze seidene Kopftuch, mit dem er den Stein auf seiner Stirn festzubinden pflegte.
»Ich möchte nicht mit einem Stolpern enden«, erklärte er und befestigte den Stein an Ort und Stelle. Er brachte ein
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