Salz der Hoffnung
Luft, doch endlich brach er an die Oberfläche und war frei, keuchte und atmete gierig.
»Sie haben mich vielleicht erschreckt«, sagte der Kutscher. »Ich bring’ Sie in Ihr Hotel zurück, die werden Ihnen da in Windeseile einen Doktor besorgen.«
Leonard hatte noch keine Kraft, um zu sprechen. Er lehnte sich zurück, dankbar für die Geistesgegenwart des Kutschers, und lauschte dem stetigen Klappern der Hufe. Er konnte sich nicht entsinnen, wie er von der Kutsche in sein Hotelzimmer gekommen war oder wer ihn ausgezogen hatte, doch er lag jetzt in einem breiten, bequemen Bett und fühlte sich ausgeruht. Ein Mann mit einem wirren, weißen Haarschopf, offenbar ein Arzt, hielt sein Handgelenk. »Wie fühlen Sie sich?«
»Ganz gut, nur ein bißchen flau. Ich habe wohl einen kleinen Schock.«
»Nein, Sir. Sie hatten einen Herzanfall. Doch die Hotelangestellten hier werden sie hegen und pflegen wie ihre eigene Mutter, in keinem Sanatorium wären Sie besser aufgehoben, um sich auszuruhen.«
Leonard setzte sich auf. »Ich habe mich gerade erst sieben Wochen lang ausgeruht. Auf einem Schiff von Boston hierher. Das muß reichen.«
»Aber Ruhe kann man nicht speichern. Mir ist gleich, was sie vor diesem Anfall getan haben, jetzt brauchen Sie Ruhe. Mein Name ist Doktor Flaherty, ich bin der Hotelarzt in diesem Palast. Ich schaue morgen wieder vorbei.«
»Kann ich morgen aufstehen?«
»Sicher, aber sparen Sie sich die Mühe, sich anzukleiden, denn weiter als bis zu dieser Tür werden Sie nicht kommen. Man sieht es hier nicht so gerne, wenn Droschkenkutscher ihre Kunden wie Stoffpuppen durch die Hotelhalle tragen, das ist nicht gut fürs Geschäft. Erst recht nicht, wenn es sich dabei um Amerikaner handelt.«
Am nächsten Morgen schickte Leonard nach dem Hoteldirektor, der einen seiner Angestellten für ihn abstellte, dem Leonard seine dringlichsten Briefe diktierte. Er durfte keine weitere Zeit verlieren.
Die erste Antwort kam von Jameson Jones, der ihn besuchte und ihm die Umstände von Regals Verhaftung schilderte.
»Wie lange ist das her?«
»Etwa drei Wochen.«
»Und was haben Sie unternommen?«
»Was konnte ich schon tun? Ich habe nur durch die beiden alten Herren bei der Bank von Schottland davon erfahren. Offenbar ist sie unter ihrem Mädchennamen verhaftet worden; sie erkannten zwar, um wen es sich wohl handeln mußte, aber es haben nur ein paar Zeilen darüber in der Zeitung gestanden. Das Haus steht leer. Ich kann Ihnen die Schlüssel besorgen.«
»Sie haben nichts unternommen?«
»Ich hatte keinerlei Instruktionen.«
»Dann bekommen Sie sie eben jetzt«, erwiderte Leonard. »Sie sind gefeuert. East Coast Mercantile hat Sie gut bezahlt und Sie haben bislang nicht viel für Ihr Geld tun müssen, aber jetzt haben Sie sich selbst um diesen ruhigen Posten gebracht. Scheren Sie sich raus.«
Mrs. Collins und Mrs. Spencer kamen ihn besuchen, zwei sehr verstörte, verängstigte Damen. Regal, wußten sie zu berichten, war im Bridewell-Gefängnis, und man hatte sie nicht zu ihr gelassen. Edwina war zu Regals Anwälten gegangen, um sie um Hilfe zu bitten. Sie war den Tränen nahe, aber sie riß sich zusammen und versuchte, Leonard alles zu sagen, was sie wußte. »Ich glaube nicht, daß ihre Anwälte sich auch nur im geringsten um sie bemühen. Wir sind ja so erleichtert, daß Sie gekommen sind, Leonard. Ich bin sicher, Regal wollte ihn nicht erschießen. Sogar mein Cameron meint, es müsse ein Unfall gewesen sein.«
Leonard erfuhr auch, daß Colonel Collins gestorben war. Kein Wunder, daß diese beiden bedauernswerten Frauen nicht wußten, an wen sie sich wenden sollten.
Und dann erzählten sie ihm von Jorgensen. Keineswegs mehr König, sondern eingesperrt in irgendeinem englischen Gefängnis. Unglaublich!
»Halten Sie es für möglich, daß Jorgensens zweite Verhaftung Regal um den Verstand gebracht hat? War es vielleicht einfach zuviel für sie?« fragte er.
»Das glaube ich nicht«, sagte Edwina. »Sie war wild entschlossen, seine Freilassung zu erreichen. Und Sie wissen, wie Regal ist, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat. Sie hätte
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