Salz der Hoffnung
geprellt.
»Ein paar Schilling«, sagte der Wirt. »Aber er wird mich schon bezahlen. Ich bin ein guter Menschenkenner und ich weiß, daß Jorgensen irgendwann hier reinspaziert und mein Geld bringt, sei’s in drei Tagen oder in drei Jahren.«
»Aber seine Freunde sind beunruhigt, weil er verschwunden ist«, erklärte William. »Was ich damit sagen will, Sir: Könnte er nicht irgendeinem Verbrechen zum Opfer gefallen sein?«
Der Wirt lachte. »Der Däne? Niemals! Das ist ein wirklich zäher Bursche, wer dem an den Geldbeutel will, dem schlägt er den Schädel ein. Und jetzt gehen Sie nach Hause, Söhnchen. Sie haben hier nichts verloren.«
Die Überfahrt auf dem eleganten Segelschiff Oceanic war ein großes Erlebnis für Regal und Edwina. Sie hatten eigens bis zum Sommer gewartet, um unfreundliches Wetter zu vermeiden, und sie wurden für ihre Geduld belohnt. Die Winde waren ihnen wohlgesinnt, so daß sie gut vorankamen, und trotz der beengten Verhältnisse genossen die beiden Damen dieses große Abenteuer.
Als das Schiff schließlich an einem grauen Morgen in London festmachte und die riesige Stadt sich vor ihnen erstreckte, verebbte jedoch ein Großteil ihres Selbstvertrauens. Sie waren nicht sicher, was als nächstes zu tun war. Sie konnten nicht erwarten, daß Maria sie hier im Hafen abholte, und sie wußten nicht, welche Transportmittel verfügbar und angemessen waren. So kam es, daß sie sich immer noch in ihrer Kabine befanden und Gepäckstücke zählten, um ihren Aufbruch so lange wie möglich hinauszuzögern, als der Kapitän sie aufsuchte. Er brachte gute Nachrichten: Zwei Herren der Schifffahrtsgesellschaft erwarteten sie an Deck, um sie an Land zu begleiten und ihnen auch weiter behilflich zu sein.
»Sie bringen außerdem Grüße von einer Mrs. Collins«, fügte er hinzu. »Sie läßt ausrichten, sie hoffe, daß Sie eine angenehme Reise hatten.«
»Oh, die hatten wir wirklich«, erwiderte Edwina erleichtert. »Und ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie dankbar ich Ihnen bin, daß Sie uns heil über das Meer gebracht haben.«
Bald saßen sie in einer großen Kutsche, ihr Gepäck festgezurrt, und die beiden freundlichen, hilfsbereiten Herren verabschiedeten sich. Und dann brachen sie zu ihrer ersten aufregenden Fahrt durch die Straßen von London auf.
Das Haus der Collins’ lag am Ende einer baumgesäumten Straße. Es war ein zweigeschossiges Bauwerk aus stuckverziertem weißem Mauerwerk mit symmetrisch angeordneten Fenstern. Regal, die verspieltere Häuser mit Veranda an Vorder- und Rückseite gewohnt war, fand es schön aber streng, die geraden Linien und Rechtecke nur unterbrochen von den Säulen links und rechts der Haustür.
Doch da eilte Mrs. Collins auch schon auf sie zu, und Edwina quietschte vor Freude. Ihre Gastgeberin hatte ein hübsches Gesicht, selbst wenn ihre Formen vielleicht eine Spur zu rundlich waren. Sie trug ein weites, gestreiftes Kleid mit einem schlichten weißen Kragen, dazu eine mit Spitze abgesetzte Seidenhaube. Regal mochte sie vom ersten Augenblick an.
Als die Ankömmlinge ausstiegen, was bei ihrer Aufregung, den weiten Röcken, langen Umhängen und großen, modischen Hüten gar nicht so einfach war, gab es ein Durcheinander von Umarmungen, Küssen und Tränen, denn sowohl Edwina als auch Mrs. Collins lachten und weinten gleichzeitig.
»Du siehst ja so gut aus!« rief Edwina, und Mrs. Collins erwiderte: »Du auch, meine Liebe.« Dann wandte sie sich an ihren zweiten Gast. »Regal! Meine Güte, was für eine elegante Dame Sie geworden sind! Sie ist wunderschön, nicht wahr, Edwina? Einfach wunderschön. Kommt herein. Kommt. Es ist so herrlich, euch endlich hier zu haben.«
Es verging noch ein Weilchen mit Fragen und aufgeregten Ausrufen, während die Diener ihr Gepäck abluden, doch schließlich betraten sie das Haus, durchquerten eine Halle, wo ein Hausmädchen ihnen Mäntel und Handschuhe abnahm, und wurden in den Salon geführt für eine kurze Ruhepause.
Im Gegensatz zur Fassade wirkte das Innere des Hauses sehr warm. Große, kostbare Teppiche bedeckten die blanken Parkettböden, und Rosenduft vermischte sich mit dem vertrauten Geruch von Politur. Die Wirkung der Mahagonimöbel war durch Polster aus mattem Gold
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