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Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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er und erwartete schon das herablassende Lächeln des Fährmannes, der seine Frage nur als Beweis für seine Ängstlichkeit sehen würde.
    Da lächelte er auch schon. Verdammt sollte er sein.
    „Das ist eine schwierige Frage, Menschenmann. Er ist im gleichen Berg mit uns, schon seit Anfang dieser Reise. Vielleicht ist er gerade neben uns. Aber eben noch nicht da. Obwohl er es in gewisser Weise doch sein könnte.“
    Das sollte wieder geheimnisvoll klingen, wußte Delacroix. Ihr Gastgeber liebte es, verwirrende Antworten zu geben. Mehr als einmal hatte Delacroix nur sehr mühsam den Drang unterdrückt, die schuppigen Schultern des Kerls zu nehmen und ihn so lange zu schütteln, bis ein paar vernünftige Sätze herauskamen. Doch je länger sie beieinander waren, desto leichter verständlich wurden die Äußerungen. McMullen verstand sicher mehr, als er zugab, doch auch Delacroix hatte zu begreifen begonnen, daß sie durch verschiedene Zeitschichten reisten. Die Geographie war zur Chronographie geworden. Das Hier und Jetzt war nur ein Moment und keine Position auf der Erde, konnte nicht in Längen- und Breitengraden gemessen werden. Ihr Verfolger war hinter ihnen, nach ihnen in der Zeit, egal ob er sich physisch gerade im Boot selbst befinden mochte. Und doch war nur Zeit zwischen ihm und ihnen, und von einem Augenblick zum nächsten mochte er sie erreichen.
    „Kann er schneller reisen als wir?“ fragte er. „Wird er uns einholen?“
    Der Nackte zuckte mit den Schultern und grinste. Delacroix juckte es in den Händen, und er faltete sie mühsam beherrscht ineinander.
    Er war sich sicher, daß der Mann ihnen gar nichts erklären sollte. Sí waren nicht dafür bekannt, Menschen Einblicke in ihr Dasein zu erlauben. Dieser hier konnte allerdings der Versuchung nicht widerstehen, ein wenig mit seinem Wissen zu prahlen, und so sagte er mehr, als er vermutlich sollte. Vom menschlichen Standpunkt aus war er ein arroganter Prahlhans und benahm sich wie ein Jungspund, der sich pausenlos selbst beweisen mußte. Wäre er nicht ein Fey, eine tüchtige Abreibung wäre ihm gewiß in seiner Entwicklung förderlich gewesen. Und ein wenig militärische Disziplin mochte ihm auch nicht schaden. Und Kleidung. Definitiv Kleidung. Die augenfällige körperliche Vollkommenheit des Mannes ging Delacroix auf die Nerven. Sie war wie ein Fehdehandschuh. Ein herablassender Wettbewerb, den man nur verlieren konnte.
    Er war Tausende von Jahren alt. Sein Leben mochte langweilig sein.
    Delacroix würde es nie herausfinden. Er hatte nicht vor, seinen Gastgeber zu fragen, ob der sich langweilte oder einsam war, oder ob sein Dasein voller Fey-Freunde und nächtlicher Reigentänze um mondbeschienene Waldweiher war. Er würde die Frage ohnehin nicht beantworten, außer mit einer abfälligen Bemerkung. Die einzigen Fragen, die er beantwortete, hatten mit ihrer derzeitigen Situation zu tun. Tatsächlich blickte er ein wenig besorgt drein, sah schon so aus, seit Delacroix seine Frage gestellt hatte, vor einigen Sekunden. Oder Minuten?
    „Er kann nicht auf die Menschenebene dringen ohne fremde Hilfe. Doch du gibst ihm diese Hilfe. Du lockst ihn, markierst deine Spur. Mehr kann ich dir nicht sagen.“
    „Sie wollen mir nicht mehr sagen? Oder wissen Sie selbst nicht mehr?“
    Der Mann sah ihn irritiert an und grinste dann.
    „Ich bin nicht allwissend. Es sieht für euch in eurer Beschränktheit nur so aus.“
    „Es sieht keinesfalls so aus, Durchlaucht. Seien Sie versichert, daß Sie weiß Gott nicht so wirken, als wüßten Sie alles. Doch wenn ich in meiner Beschränktheit eine Spur lege, dann sollten Sie mir verdammt noch mal sagen, wie ich damit aufhören kann.“
    „Du kannst nicht damit aufhören. Er glaubt, du gehörst ihm.“
    Delacroix biß auf seine Frustration wie auf eine Kandare. Wenn er mehr erfahren wollte, mußte er mehr preisgeben.
    „Fast gehörte ich ihm einmal. Eine gottverdammte Magierloge hat versucht, mich ihm zu opfern.“
    Der Fährmann nickte, seine geschwungenen Brauen hoben sich.
    „Das erklärt die Verbindung. Du kannst sie nicht trennen.“
    „Was ist mit Ihnen? Können Sie sie trennen?“
    „Nicht, ohne dich zu töten. Möchtest du, daß ich das tue?“
    Delacroix schwieg und versagte sich eine Antwort. Die Frage war keine Stichelei, sondern ein ernstgemeintes Angebot. Wie auch immer, er wollte sie nicht beantworten.
    „Wenn er die Ebene, wo wir Menschen leben, erreicht, wird er ihnen nicht gefährlich werden?

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