Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
spurlos verschwunden. Vom Gesinde war nur noch die Dienstmagd übrig. Sie hatte sich unter ihrem Bett versteckt. Er hatte ihr empfohlen, dort zu bleiben.
Corrisande hatte er das gleiche Versteck empfohlen, doch sie hatte sich geweigert.
„Ich komme mit dir“, hatte sie angekündigt und seinen Arm mit ihrer kleinen, krallenbewehrten Hand gefaßt, während sie noch im Nachthemd dastand. Fast hatte er die Beherrschung verloren.
„Ich habe dich sterbend in den Armen gehalten, mit einer Kugel in der Brust“, zischte er. „Nicht noch einmal. Du. Versteckst. Dich. Du versteckst dich, weil ich nicht will, daß du erschossen wirst. Und ich will auch nicht, daß man dich erwischt. Was, denkst du denn, würde eine Meute frustrierter und verwirrter ‚Patrioten‘ mit einer Frau machen, die offenbar nicht ganz menschlich ist?“
Ihre Augen wurden weit bei der Frage. Über Nacht in seinen Armen hatte sie vergessen, daß sie anders war. Erstaunlich. Er war sich ziemlich sicher, daß seine Liebeskunst nicht überragend gewesen war, nicht nach den langen Tagen im Berg, Tagen voller Anspannung, Schmerz und Erschöpfung. Auch nicht nach all dem Enzian, den er in sich hineingegossen hatte. Ein Ritus von Liebe und Zusammengehörigkeit war es gewesen, keine wilde Leidenschaft, keine Romantik. Sie hatten sich aneinander festgehalten wie zwei Ertrinkende und waren schließlich Arm in Arm eingeschlafen.
„Ich weiß nicht“, antwortete sie besorgt auf das, was eher eine rhetorische Frage gewesen war. Schnell schlüpfte sie in Hemd und Strümpfe, warf sich das weiteste Kleid über, das sie besaß. Es paßte nicht um ihre Taille. Und ihr knielanges Haar war zudem im Weg.
„Ich auch nicht, Kleines. Aber sicher keine angenehme Erfahrung. Versteck dich. Mach schon.“
Es war ein Befehl, und er akzeptierte keine Widerrede. Ihre schönen blauen Augen blitzten streitlustig auf. Doch statt Widerworten gab sie ihm nur einen kleinen Kuß.
„Ich gehorche, mon Colonel “, sagte sie, schenkte ihm ein Lächeln und verschwand im Schrank.
„Leg dich auf den Schrankboden“, befahl er.
„Komm gesund wieder“, antwortete sie, als er die Schranktüren schloß. „Bitte, Philip. Ich habe … Angst.“
Die Schlafzimmertür öffnete sich plötzlich, und er sprang den Eindringling mit einem gewaltigen Satz an, bereit ihn sofort zu töten. Der Vampir fing ihn und stellte ihn in einer etwas peinlichen Umarmung auf die Füße.
„Falsches Ziel, richtiger Reflex, Delacroix. Sie sind schon ganz nah. Ich habe die Läden alle geschlossen.“
„Wunderbar“, schnaubte Delacroix sarkastisch und fühlte sich ein wenig albern, daß er die Situation so mißdeutet hatte. Er trat sehr rasch von dem Feyon fort. „Wenn sie das nicht warnt, daß etwas im argen liegt, dann sind sie wirklich blind. Vielleicht wären sie ja einfach nur vorbeigeritten.“
„Was für ein Optimist Sie sind – für einen Soldaten.“ Der Vampir lächelte trocken.
„Was für ein Pessimist Sie sind – für einen …“
„Beeilen Sie sich, Delacroix. Holen Sie Ihre Waffen. Ich bin froh, daß Sie schon auf sind und angezogen.“
„Haben Sie gedacht, ich lasse mich mit heruntergelassenen Hosen erwischen?“ fragte er giftig zurück, doch der Sí ignorierte den Einwurf.
„Sie kommen, ich kann ihre Kampfeslust bis hierher spüren. Sie suchen nach einem Schuldigen, nach jemandem, der verantwortlich ist für eine eingestürzte Höhle, ein gescheitertes Unterfangen und eine kalte Nacht in den Bergen.“
„Wunderbar. Dann können wir jetzt also zu zweit gegen eine ganze Truppe Dragoner antreten.“ Ganz gelang es Delacroix nicht, seine Frustration hinter seinem Sarkasmus zu verbergen.
Der Vampir sagte nichts dazu, lächelte nur in Richtung des Schrankes, der Delacroix’ Frau beinhaltete, und das Möbelstück verschmolz mit dem Hintergrund. Es war nicht verschwunden, doch es hatte sich dergestalt verändert, daß das Auge es kaum mehr wahrnahm. Es war unwichtig, etwas, an dem man vorbei-blicken würde, ohne es zu registrieren.
Delacroix’ Augenbraue hob sich anerkennend. Gelbe Augen trafen auf schwarze und versanken. Er durfte diesen Mann nicht so direkt ansehen. Er sollte es verdammt noch mal besser wissen.
„Danke“, preßte er etwas mühsam hervor, und der Vampir zwinkerte ihm zu.
„Ich treibe meine Schulden immer ein“, warnte er mit einem besonders charmanten Lächeln.
„Ich bleibe keinem etwas schuldig“, gab Delacroix eisig zurück.
Beide Männer
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