SAM
kurzen Augenblich nach: „Was hat er gemeint, als er sagte, du wüsstest, ob er die Wahrheit sagt?“
„Ich habe seine Gedanken gelesen und ich bin in der Lage zu erkennen, ob jemand lügt oder die Wahrheit sagt“, sagt Rhys schlicht.
„Das ist also deine ganz besondere Fähigkeit, nicht wahr?“, hake ich nach. Er nickt, kaum merklich. Irgendetwas verschweigt er mir jedoch, ich spüre es ganz deutlich. Ich stehe vom Sessel auf und stelle mich in seinen Weg. Er schaut auf mich herab, mit seinen dunklen, leidenden Augen.
„Wir werden nach Schottland fahren und ich möchte, dass du mich begleitest. Wir werden Alexander nicht den wahren Grund unseres Aufenthaltes dort nennen. Wir werden diese Abtei aufsuchen und schauen, ob wir an die Schriften kommen. Sobald irgendwelche Schwierigkeiten auftauchen, werden wir die ganze Aktion abbrechen. Wir behalten Stillschweigen über unseren kleinen Ausflug und keiner merkt etwas, okay?“ Rhys blickt mich ungläubig an. „Du bist unglaublich stur, Samantha!“
„Das hat mir vor nicht allzu langer Zeit bereits schon einmal ein Vampir bestätigt“, entgegne ich lächelnd. Ich sehe, wie sich Rhys Mundwinkel zu einem winzigen Lächeln verziehen.
„Okay, aber wir spielen nach meinen Regeln! Wenn ich glaube, es wird zu gefährlich für dich, dann packe ich deinen süßen Arsch und verfrachte dich schneller als du den nächsten Atemzug machen kannst, in ein Flugzeug! Alles klar?“ Jetzt bin ich es, die ihn offen angrinst: „Alles klar!“
Schon wieder packe ich meinen Koffer. Ich frage mich allmählich, ob ich irgendwann einmal zur Ruhe kommen werde. Alexander habe ich auf die Mailbox gesprochen. Ich hoffe er merkt nicht, dass ich nicht ganz die Wahrheit gesagt habe, als ich ihm erzählte, dass ich für ein paar wichtige Papiere hinsichtlich Grannys kleinen Buchladens und des Cottages noch mal nach England fliegen müsste. Ich versichere ihm, dass Rhys mich auf Schritt und Tritt bewacht und er sich keine Sorgen machen muss. Ich bete, dass er keinen Verdacht schöpft, denn ich will auf keinen Fall riskieren, dass er noch mal so außer sich vor Wut ist, wie bei meinem Ausflug in den Club in New York. Unser Flieger nach Edinburgh geht um fünfzehn Uhr und Rhys und ich checken gerade ein, als mein Handy klingelt.
„Hallo?“
„Hi, Sweetheart! Ich habe eben deine Nachricht gehört. Wieso musst du unbedingt persönlich nach England um diese Papiere zu unterschreiben? Kann man das nicht per Fax machen oder E-Mail?“ Verdammt! Als wenn ich es nicht geahnt hätte….!
„Sicher könnte man das, aber ich will auch noch mal ins Cottage. Es sind doch noch ein paar sehr persönliche Dinge dort geblieben, die ich wieder haben möchte. Ich hoffe du verstehst das!“, …und ich hoffe meine Stimme klingt überzeugend. Rhys hat die Augenbrauen zusammengezogen und lauscht unserem Gespräch.
„ Kannst du das nicht später machen? Ich will nicht, dass du alleine nach England fährst, ohne mich. Sophie ist immer noch dort und …“
„Rhys ist doch bei mir,“ unterbreche ich ihn, „Mach dir keine Sorgen. Du kennst ihn doch. Er klebt förmlich an meinen Hacken und lässt mich nicht eine Sekunde aus den Augen.“
Die Stille am Telefon macht mehr als deutlich, dass ich Alexander noch nicht überzeugen konnte.
„Was ist mit Luca? Hast du ihn gefunden?“, will ich dann wissen, um vom Thema abzulenken.
„Ja! Es geht ihm nicht gut. Er redet nicht und schlachtet alles ab, was sich auch nur ansatzweise als Anhänger des Hohen Rates zu erkennen gibt. Er ist nicht mehr er selbst…!“
Nach einer kleinen Pause fragt er: „Wie war die Trauerfeier? Ich hoffe es war nicht zu schlimm für dich!“
Ich schüttle den Kopf: „Die Beisetzung war sehr bewegend. Du hast an meiner Seite gefehlt und natürlich hätte Luca da sein müssen. Rhys hat mir sehr geholfen.“
Es entsteht eine kleine Pause, ehe er sagt: „Wenn du in England bist, dann will ich, dass du dich bei mir meldest. Ich will ständig auf dem Laufenden gehalten werden, wo du dich befindest und ich will, dass du sobald wie möglich wieder zurück kommst. Rhys soll bei dir bleiben, wenn nötig Tag und Nacht und Sam,“ er macht eine kleine Pause um dem folgenden mehr Nachdruck zu verleihen, „bitte pass auf dich auf!“ Seine Stimme klingt wirklich beunruhigt.
„Ich bleibe nur so lange wie unbedingt nötig,“ versichere ich ihm.
„Ich muss wieder los,“ entgegnet Alex offensichtlich schweren Herzens.
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