Samtpfoten im Schnee
war nicht mehr als eine Täuschung, und er hatte sie niemals, kein einziges Mal, ermutigt zu glauben, es sei mehr. Was er mit seinem Leben zu tun beschloss, war allein, ganz allein seine Entscheidung. Sie hatte kein Recht, über ihn zu urteilen. Doch der tiefe Schmerz, der ihr Herz umklammert hielt, war Antwort genug auf die Gedanken, die sie die ganze Nacht hindurch wach gehalten hatten.
Sie liebte Alexander. Und war es schon schwer genug, ihre unerwiderten Gefühle zu ertragen, so wäre es noch schwerer zu akzeptieren, dass sie sich so sehr in ihm geirrt hatte.
Grace zitterte, als der heftige Wind ihr die Kapuze vom Kopf riss. Sie blieb stehen, um sie sich wieder über die zerzausten Locken zu ziehen, und erstarrte, als plötzlich eine hohe Gestalt neben ihr auftauchte. Sie wusste, wer es war, noch ehe sie den Kopf hob, um in die unglaublich blauen Augen zu sehen.
»Hier seid Ihr.« Alexander lächelte, obwohl eine Spur von Verwirrung in seiner Stimme war.
Ohne Zweifel dachte er, sie müsse ein wenig verrückt sein, bei solchem Wetter spazieren zu gehen, dachte sie sich.
»Guten Morgen.«
»Ich hatte gehofft, Euch beim Frühstück zu sehen.«
Ihr Innerstes erbebte bei seinem Lächeln. Wie gut er aussah! So groß und stark, mit einer Spur von Mutwillen in seinen Augen.
Empfand Lady Falwell auch so tief für ihn? Oder amüsierte sie sich nur mit ihm?
»Warum habt Ihr das gehofft?«, zwang sie sich zu fragen.
»Um Euch das hier zu geben.«
Er reichte Grace eine schmale Schatulle, und ehe sie diese instinktive Geste unterdrücken konnte, hatte sie die Hand ausgestreckt und sie entgegengenommen.
»Was ist das?«
»Ein kleines Andenken an Weihnachten.«
Als Grace die Schatulle geöffnet hatte, stieß sie einen überraschten Laut aus. Auf dunklem Samt schimmerte eine goldene Kette, deren kleiner Anhänger ein Notenzeichen darstellte. Es war ein sehr bedachtsam ausgewähltes Geschenk, und sie spürte, wie ihr vor Freude die Tränen kamen.
»Oh.«
»Gefällt sie Euch?«
»Sie ist wunderschön«, hauchte Grace. Wunderschön und vollkommen, dachte sie auch noch, als die kleine Stimme in ihrem Hinterkopf ihr zuraunte, dass sie eine Närrin sei zu glauben, diese Kette sei mehr als nur ein weiterer Winkelzug, um die Umwelt von ihrer angeblichen Verlobung zu überzeugen. »Aber sie ist viel zu kostbar.«
»Unsinn.« Sein Lächeln blieb, aber seine dunklen Augenbrauen senkten sich leicht. »Es ist ein kleiner Dank für die große Last, meine Verlobte zu sein.«
Zum ersten Mal gelang es ihm nicht, Grace mit neckenden Worten zum Lächeln zu bringen. »Ich fürchte, dass unser Bemühen nicht groß genug war«, erwiderte sie.
»Was meint Ihr damit?«
Sie zwang sich, seinen Blick zu erwidern. »Mr. Wallace glaubt, dass unsere Verlobung nur ein Winkelzug ist, um Eure Beziehung zu Lady Falwell zu vertuschen.«
Alexander spannte sich merklich an, und ein wachsamer Ausdruck legte sich auf sein Gesicht. »Ich verstehe.«
»Selbstverständlich habe ich seine Anschuldigung zurückgewiesen.«
Für einen langen, beunruhigenden Augenblick betrachtete er ihr blasses Gesicht. Dann schien etwas in seinen Augen auf, was man als Enttäuschung hätte deuten können. »Aber Ihr habt sie geglaubt«, stellte er leise fest.
Ihre Hände umklammerten die schmale Schachtel, bis die Knöchel weiß hervortraten. »Es geht mich nichts an.«
Alexander trat zurück, als hätte sie ihn geschlagen. »Haltet Ihr mich für fähig, meine Geliebte zusammen mit deren Ehemann in mein Haus einzuladen?«
Grace schüttelte langsam den Kopf.
Was glaubte sie?
Wenn er bei ihr war, könnte Grace schwören, dass er zu einem solchen Verrat nicht fähig war. Doch sie konnte nicht ganz das Bild verdrängen, das sie gesehen hatte - Alexander, der Lady Falwells Hände hielt, während er ihr tief in die Augen sah.
»Wie ich schon gesagt habe ... es geht mich nichts an.«
Ihre Worte hatten eine erschreckende Wirkung auf Alexander. Plötzlich war der charmante Gesellschafter der vergangenen Wochen, in den sie sich verliebt hatte, durch den Fremden ersetzt, der ihr so kalt gegenüberstand wie damals, als sie ihm in seinem Schlafzimmer zum ersten Mal begegnet war.
Grace war zu Mute, als würde ihr bei diesem Anblick langsam das Herz entzweigerissen. Sie machte einen Schritt auf ihn zu, doch sein abweisender Gesichtsausdruck ließ ihren Fuß stocken.
»Bleibt nicht zu lange draußen, es ist recht kalt«, sagte er unpersönlich. Mit einer knappen Verbeugung
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