Samtpfoten im Schnee
spielen lassen kann.«
»Du wirst uns doch wissen lassen, wenn du tatsächlich damit Erfolg haben solltest, nicht wahr?«, scherzte Layton.
Mit dem Zustrom weiterer Gäste wurde das Abendessen eine immer offiziellere Angelegenheit und das Angebot an abendlicher Unterhaltung vielfältiger. Stets sorgsam abwä-
gend zwischen dem, was sie über die persönlichen Vorlieben ihrer Gäste wusste, und dem, was die gesellschaftliche Etikette erforderte, brachte Irene das Kunststück fertig, die Sitzordnung von Tag zu Tag zu ändern. So kam es, dass Meghan eines Abends auf Lord Justin als ihren Tischherrn traf.
Erst kurz bevor der Butler verkündete, dass das Dinner serviert sei, war Irene mit der Sitzordnung fertig geworden.
»Ha! Das ist ja wie die Reise nach Jerusalem«, stellte Deirdre Thompson mit Entzücken fest und ließ sich von Lord Travers zu Tisch führen.
»Nur eine Marquise kommt damit durch, die Etikette so zu beugen«, murrte eine würdevolle ältere Dame, aber Meghan bemerkte durchaus, dass die Worte so leise gesprochen worden waren, dass sie nicht bis an das Ohr der Gastgeberin drangen.
»Mrs. Kenwick, ich hoffe, dieses Arrangement findet Eure Zustimmung?«, sagte Lord Justin und bot ihr seinen Arm an.
In der Verwirrung, die entstand, während die große Gesellschaft sich formierte, ergab sich für sie ein kurzer Moment der Ungestörtheit. Fand dieses Arrangement ihre Zustimmung? Meghan war sich nicht sicher. Doch ein Gast akzeptierte in jedem Fall die Entscheidung seines Gastgebers. Und schließlich hatte sie ja auch auf eine Möglichkeit gehofft, mit ihm zu sprechen.
»Um die Wahrheit zu sagen, Mylord -«
»Justin.«
»Wie bitte?«
»Nennen Sie mich Justin. So nennen mich meine Freunde.«
Seine Freunde? Er wollte, dass sie ihn als Freund betrachtete? »Wie Sie wünschen, Justin. Und ich ziehe >Meghan< der formelleren Form der Anrede vor.«
»Gut.« Er legte ihre Hand auf seinen Arm. »Diese Hürde haben wir also genommen.«
»Wie ich schon sagen wollte, Sir« - sie wurde mit dem mahnenden Heben seiner Augenbraue bedacht - »Justin, ich habe auf eine Gelegenheit gehofft, Euch meine Entschuldigung anbieten zu können.«
»Eine Entschuldigung? Wofür denn?« Er sah in ehrlicher Überraschung zu ihr herunter.
»F-Für meinen sehr unfreundlichen Empfang, als Ihr mich nach Kenwicks Tod besucht habt. Mein Benehmen tut mir sehr Leid.«
»Denkt nicht mehr daran. Wir alle waren wegen des Un-glücks durcheinander. Jedoch muss ich gestehen, dass ich froh bin, dass Ihr uns nicht länger für das Geschehene verantwortlich macht.«
»In solchen Zeiten scheint es immer genügend Schuld zu geben - wirkliche oder eingebildete -, um sie jemandem zu-zuweisen. Ich habe es als sehr schwer empfunden - und ich tue es noch -, mir dafür zu vergeben, dass ich nicht verhin-dert habe, dass mein Sohn an diesem Ausflug teilnimmt, der nur für Erwachsene gedacht gewesen ist.« Ihre Stimme klang leise und voll von Selbstvorwürfen.
»Bei einem solchen Schicksalsschlag ist man immer versucht, das Was-wäre-wenn zu erwägen«, sagte Justin. »Ich habe mich oft gefragt, was geschehen wäre, wenn ich genauer kontrolliert hätte, welche Medikamente meine Frau eingenommen hat? Aber - Ihr wisst ja - >jenes finst're, dumpfe Grübeln ...<«
Meghan schaute auf und erwiderte seinen Blick. Das Mitgefühl, das in seinen Augen lag, wärmte sie, während das Ende des Zitats ihr durch den Sinn ging. »... dem mich lass entfliehen. Ich glaube, das musste ich jetzt hören. Danke.«
»Dafür nicht.« Er lächelte. »Ich hoffe, Ihr seid gut in Charaden?«
»Charaden?«, fragte sie, von dem abrupten Themenwech-sel überrascht.
Er beugte sich zu ihr und sagte in gewollt theatralischem Flüsterton: »Zufällig weiß ich, dass Irene für heute Abend Charaden auf ihrem Programm stehen hat.«
Meghan lachte. »Nun, der arme Mann, der mit mir als seiner Partnerin enden wird!«
3. Kapitel
Wie bei so großen Hausgesellschaften üblich, war das Frühstück eine zwanglose Mahlzeit, zu der die Gäste ganz nach ihrem Belieben erschienen.
Als Meghan am nächsten Morgen das Speisezimmer betrat, waren bereits einige Personen anwesend. Robert und Justin nahmen das Frühstück zusammen mit Lady Helen, der älteren der Hamlin-Damen, und zwei Herren ein. Einer dieser Gentlemen war ein junger Dandy namens David Islington, von dem Meghan wusste, dass er über sieben Ecken mit den Wingates verwandt war. Sie grüßte und gab den Herren mit einer Geste
Weitere Kostenlose Bücher