Samtschwarz - Page, S: Samtschwarz
eine Mal hatte sie Maryannes Wünsche respektiert und ihm nicht geschrieben.
Aber nun …
Sie würde Dash auf keinen Fall in eine Ehe zwingen. Alles, was sie sich erhoffte, war die Zustimmung ihres Schwagers, über einen kleinen Teil ihrer Mitgift verfügen zu dürfen. Genug Geld, um zurückgezogen auf dem Land zu leben. So wie ihre Mutter, Olivia, es getan hatte, würde sie vorgeben, verwitwet zu sein. Und auf diese Weise ein respektables Leben führen.
Um ihres Kindes willen durfte es keine Abenteuer mehr für sie geben.
Zum Glück hatte Venetia zugestimmt, ihrer Mutter noch nichts über die Geschichte mit Dash zu sagen. Obwohl ihre Mutter schon bald wegen der bevorstehenden Geburt von Venetias Baby eintreffen würde. Was sollte sie dann tun?
Zunächst einmal sollte sie die Tür zu Venetias Atelier öffnen, aber ihre Hand verharrte bewegungslos auf dem kühlen Metallknauf. Ihr Schultertuch rutschte ein wenig tiefer. Dashs Schwester hatte ihr Kind verloren. Solche Tragödien geschahen.
In ihrer Situation hätte sie nichts dagegen gehabt.
Um Himmels willen, wie konnte sie nur so etwas denken? Es gab andere Möglichkeiten, Mixturen, die man trinken konnte, Haken, die man auf eine bestimmte Art benutzte. Sie hatte gehört, wie über verschiedene Methoden getuschelt wurde, obwohl sie sich immer in die Welt ihrer Bücher zurückgezogen hatte, während Venetia ihrer Mutter bei den hausfraulichen Pflichten half. Sie kannte vom Hörensagen einige der verzweifelten Maßnahmen, die Frauen ergriffen, um ihre Babys loszuwerden.
Aber so etwas konnte sie nicht tun. Sie würde sich ihrem Schicksal stellen müssen.
Mit zitternder Hand öffnete Maryanne die Tür.
Ihre Schwester war nicht allein.
Marcus, Maryannes Schwager, lag ausgestreckt auf einer Chaiselongue. Ein unterdrücktes Keuchen kam über Maryannes Lippen. Sonnenschein spielte in Marcus’ schwarzem Haar und seinem gut aussehenden Gesicht und streichelte liebevoll seine nackte Brust. Du liebe Güte, seine muskulösen Beine waren ebenfalls nackt. Zum Glück war ein Leinentuch über seine intimste Körperstelle drapiert, allerdings war unter dem weißen Stoff deutlich eine Beule zu erkennen.
Im Spiel von Licht und Schatten sah Marcus mit seinem rabenschwarzen Haar und seinem kräftigen Körper fast so aus wie Dash. Mit dem Unterschied, dass die Augen ihres Schwagers in kräftigem Türkis leuchteten und nicht geheimnisvoll mitternachtsschwarz funkelten.
Maryannes Kehle wurde trocken. Zwischen den zerwühlten Seidenlaken seines Bettes hatte Dash so schön ausgesehen.
„Weißt du eigentlich, wie sehr es mich erregt, wenn ich dir dabei zusehe?“
Maryanne sprang fast in die Höhe, als sie plötzlich den verführerischen Klang von Marcus’ Stimme hörte. Zärtliche Heiterkeit schwang in seinen Worten mit, und der Blick, mit dem er Venetia ansah, war voll männlichem Begehren.
Ebenso hatte Dash sie angeschaut.
Was tat Venetia denn so Erregendes? Maryanne presste ihr Gesicht gegen den engen Türspalt und schaute in Richtung ihrer Schwester, die vor ihrer Staffelei stand. Venetia saugte am Stiel ihres Pinsels. Ihre weichen roten Lippen schlossen sich um den mit Farbe beklecksten Holzstab, während sie mit gerunzelter Stirn ihr Gemälde betrachtete. Im Sonnenlicht loderte ihr Haar wie eine Flamme, und ihre bernsteinfarbenen Brauen waren vor lauter Konzentration zusammengezogen.
Venetia trug das ungewöhnliche Kleid, das sie sich für die letzten Monate ihrer Schwangerschaft genäht hatte. Es ähnelte einem Unterkleid oder einem Nachthemd mit rundem Ausschnitt und langen Ärmeln. Vom Nacken aus fiel es in weichen Wellen bis zum Boden, und so, wie sie gerade auf ihrem Hocker saß, enthüllte es den Ansatz ihrer üppigen Brüste.
Maryanne legte die Hand fester um den Türknauf. Schon bald würde sie aussehen wie Venetia. Es war sinnlos, es zu leugnen – in fünf Monaten würde sie einen großen, runden Bauch haben und in diesem Bauch würde Dashs Kind stecken. Zweifellos würde dieses Kind ebenso wie Venetias im Laufe der Zeit mit der Enge dort drinnen immer unzufriedener sein und würde um sich treten, sich winden und kräftig boxen.
Sie konnte versuchen, die Wahrheit noch für einige Monate zu verbergen.
Würde es ihr besser gehen, wenn sie das tat, anstatt sich sofort dem Unheil zu stellen?
Es wäre so viel einfacher.
„Nein, tatsächlich, die Schulter ist nicht breit genug“, murmelte Venetia vor sich hin, während sie mit dem Pinselstiel gegen ihre
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