Samtschwarze Nacht - Dodd, C: Samtschwarze Nacht - Into the Shadow (Darkness Chosen 03)
tieferen Sinn seiner Worte verstand. Eine Woge der Erleichterung erfasste sie - gefolgt von einer tiefen Verlustangst. Wieso hatte sie mit einem Mal Angst, ihn zu verlieren? War sie eigentlich nur blöd? Zumal sie unter Einsatz ihres Lebens versucht hatte, von hier wegzukommen. Jetzt durfte sie ganz offiziell nach Hause, mit dem guten Gewissen, dass sie seiner sexuellen Dominanz nicht erlegen war. Das mit der Lustsklavin war Schnee von gestern, ihr angeknackster Stolz und ihr Selbstwertgefühl waren spontan wiederhergestellt.
Trotzdem nagte das Gefühl des Verlusts an ihr.
Und die Angst, denn sie wusste, dass er sie freiwillig niemals würde gehen lassen. Irgendetwas Gravierendes, Schreckliches war da im Busch.
»Und wieso? Was ist passiert?«, wollte sie wissen.
»Meine Bande hat Söldnertruppen auf beiden Seiten der Grenze vertrieben, die es auf mich abgesehen hatten, weil sie selbst die Kontrolle übernehmen wollen. Die Varinskis sind bekannt für ihre Taktik des Terrors. Hier ist es zu gefährlich für dich geworden.«
»Okay, wie du meinst. Ich brauche meine Stiefel und ein paar Sachen, die mir passen.«
Er schnellte zu ihr herum, und sie war schockiert, dass er lachte. »Die praktische, sachliche Karen.« Er griff unter den Tisch, ertastete einen Schlüssel, den er ihr in die Hand drückte. »Da, in der Truhe.« Er zeigte mit dem Finger darauf.
Sie stand auf. »Dann zieh ich mich jetzt an.«
Er lief zur Zeltöffnung, schob die Stoffbahn beiseite und lauschte. »Beeil dich!«, raunte er, seine Miene angespannt.
Das ließ sie sich nicht zweimal sagen. Sie zog Morgenmantel und Nachthemd aus und sprang hastig in ihre Sachen. Als er Anstalten machte, ihr dabei zu helfen, versuchte sie zunächst ihn wegzuschieben, bis sie feststellte, dass er keinerlei erotische Ambition hegte. Stattdessen verteilte er Waffen an ihrem Körper. Er streifte ihr ein Holster mit einer Glock über die Schulter und befestigte ein Messer an ihrem Unterarm. Dann packte er Munition und Trockenvorräte in ihren Rucksack. Er befüllte eine Wasserflasche und befestigte sie an Karens Gürtel, gab ihr Werkzeug, einen Kompass und ein GPS mit. Und - o Wunder - er hängte ihr ihren Pass um den Hals.
Ihr Pass - sie war überzeugt gewesen, er wäre mit dem Erdrutsch verloren gegangen. »Wo hast du denn den her?«
»Ich hab ihn vor vielen Wochen aus deinem Zelt gestohlen.«
»Du Schuft«, murmelte sie, trotzdem war sie ihm dankbar. Der Pass vereinfachte die Heimreise - außerdem bräuchte sie ihren Vater nicht um Unterstützung zu bitten.
Während sie die letzten Reisevorbereitungen trafen, bemerkte sie, dass er angespannt auf die Geräusche lauschte, die sich draußen abspielten. Anfangs hörte sie nichts, weil die dicken Teppiche und Wandbehänge den Lärm dämpften. Der Tumult wurde indes zunehmend lauter, durchschnitt die Stille im Zelt wie ein Messer.
Als sie ihre Stiefel zugeschnürt hatte, kniete er sich vor sie. »Dein Ziel heißt Kathmandu. Du musst dich die nächsten achtzehn Stunden durchschlagen, ohne eine Pause zu machen, okay? Vertrau keinem, außer den Mitarbeitern in der amerikanischen Botschaft, und selbst da wäre ich vorsichtig.« Er sah auf, seine Augen dunkel und ernst. »Halte durch - du musst es schaffen.«
»Ich pack das schon.«
»Ich weiß.« Er ging zur rückwärtigen Seite des Zelts und riss den Saum auf.
Unversehens drang der Lärm des Tumults kakophonisch zu ihnen. Sie hörte Schreie, Schüsse, wütende Fausthiebe, wildes Kampfgeheul.
Er betätigte einen geheimen Mechanismus, woraufhin sich ein Holzbalken über die klaffende Lücke schob. Aha, das war die Behelfsbrücke, nach der sie seinerzeit verzweifelt gesucht hatte. »Denk dran, was ich dir gesagt hab.«
»Mach ich.«
»Wenn du in Amerika bist, kannst du mir dann noch einen Gefallen tun?«
Seine Mutter anrufen, mutmaßte sie automatisch. »Klar, jederzeit«, versicherte sie.
Er umschloss mit den Händen zärtlich ihr Gesicht und küsste Karen. Küsste sie stürmisch, leidenschaftlich, als wollte er diesen Kuss in ihr Gedächtnis eingravieren.
Zunächst zögernd erwiderte sie seinen Kuss. Sie schmeckte ihn, fühlte ihn, saugte ihn in ihren Mund. Und hatte mit einem Mal Angst um ihre Beziehung,
Angst um den Mann, dessen Schicksal von Anfang an unter einem schlechten Stern gestanden hatte.
Er löste sich von ihrem Mund, senkte seinen Blick in ihren. »Irgendwie und irgendwann komme ich nach. Warte auf mich.« Er küsste sie abermals. Schnellte
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