Samuel Carver 02 - Survivor
Vermulen einige angenehme, aber durchschnittliche Verabredungen mit Megan gehabt, der Anwältin, die er zum ersten Mal bei dem Italiener in Georgetown gesehen hatte. Sie war eine gut aussehende Frau. Aber Natalja spielte in einer ganz anderen Liga.
Allerdings war Aussehen nicht alles. Kurt Vermulen hatte dieselben grundlegenden Instinkte wie jeder heterosexuelle Mann, aber er war auch intelligent und umsichtig. Was ihn wirklich für sie einnahm, war etwas Tieferliegendes, eine gewisse Verletztlichkeit, sogar Traurigkeit, bei der man dachte, das Leben habe ihr übel mitgespielt. Es mochte die Scheidung gewesen sein, vermutete er, obwohl das seiner Erfahrung nach bei Frauen eher Zorn oder Bitterkeit erzeugte. Auf jeden Fall spürte er bei Natalja Morley einen erlittenen Verlust, der ihn an seinen eigenen erinnerte.
Als sie sich das erste Mal miteinander unterhielten, kam es tatsächlich dazu, dass er über Amy und ihren Tod sprach. Das war bei einem Vorstellungsgespräch kein geeignetes Thema, wie er wohl wusste. Doch es ergab sich so natürlich, und Natalja reagierte so liebenswürdig, dass er sich wünschte, sie möge ein Teil seines Lebens sein. Die angebotene Stelle war für ihn eigentlich nur noch ein Mittel, sogar ein Vorwand, um sie bei sich zu haben. Am Montag darauf hatte sie bei ihm angefangen.
Seitdem war ihre Arbeit einwandfrei gewesen. Terminüberwachung, Korrespondenz und Reisearrangements wurden tadellos und kompetent erledigt. Der brutale Mord an der Sekretärin eines Lieutenant General mitten in der Innenstadt hatte beträchtlichen Medienrummel hervorgerufen, doch Natalja hatte selbst die zudringlichsten Reporter in Schach halten können. Da sie wusste, dass bei ihm zu Hause niemand war, der für ihn sorgte, brachte sie seine Kleidung in die Reinigung, fand Fachkräfte für die Haus- und Gartenarbeit und arrangierte die Lieferung frischer Lebensmittel durch Dean & DeLuca in sein Haus in Dumbarton Oaks. Die anderen Angestellten von Vermulen Strategie Consulting schienen sie zu mögen, einschließlich der Frauen. Das wertete Vermulen als beträchtlichen Erfolg. Er hätte erwartet, dass sie sie um ihr Aussehen und die Nähe zum Chef beneideten.
Andererseits war sie ihm nie zu nahe gekommen. Natalja Morley war immer freundlich. Sie lachte über seine Scherze, hörte sich seine Probleme an und bezauberte jeden Kunden, der einen Fuß in sein Büro setzte. Wenn sie je schlechte Laune hatte, so verbarg sie das vor Vermulen. Doch ebenso wenig bemerkte er irgendwelche Anzeichen, dass sie an ihm genauso interessiert wäre wie er an ihr. Ihr Benehmen war immer korrekt. Sie flirtete nie mit ihm, und obwohl sie ihre elegante Kleidung hätte einsetzen können, um ihre Figur noch mehr zu betonen, waren ihre Röcke knielang und ihre Blusen betont zurückhaltend. Wenn etwas passieren sollte, würde er den ersten Schritt tun müssen.
Allerdings hatte er in erster Linie ein Unternehmen zu führen und, was noch wichtiger war, eine False-Flag-Operation zu organisieren. Vermulen hatte sich selbst überzeugt, dass es unverzeihlich wäre, sich zurückzulehnen und nichts zu tun, wenn er mit der Bedrohung durch islamistische Terroristen recht hatte. Selbst wenn seine Handlungsweise fragwürdig sein sollte, war sie immer noch besser als die Alternative.
Seine Pläne nahmen langsam Gestalt an. Er würde sich ein paar Monate frei nehmen. Wenn jemand fragte, würde er sagen, dass er Urlaub brauchte und eine Europareise unternähme, wo er auch gleich neue Kontakte knüpfen wollte. Er würde nicht erwähnen, dass die Kontakte erforderlich waren, um eine Atombombe zu beschaffen. Seine Reiseroute würde ihn anfangs nach Amsterdam, Wien und Rom führen, danach würde er abwarten, wie sich die Dinge entwickelten. Natalja konnte ihm die Flüge und Hotels buchen, die er brauchte.
Und dann kam ihm ein Gedanke. Wenn er in Europa war und sie in D. C. war es immer ein bisschen schwierig, in Kontakt zu bleiben und sich zu vergewissern, dass alles glattlief. Es wäre viel effizienter, wenn sie ihn begleitete, immer in seiner Nähe wäre und täglich für ihn sorgen könnte. Natürlich durfte er ihr nicht sagen, wer die Leute waren, mit denen er sich traf, und er würde sie kurz vor der Endphase der Operation nach Hause schicken müssen. Bis dahin aber wären sie in der romantischsten Stadt der Welt aufeinander angewiesen. Wenn da nichts passierte, dann niemals.
Vermulen hätte ihr einfach die dienstliche Anweisung geben können, ihn zu
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