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Samuel Carver 02 - Survivor

Samuel Carver 02 - Survivor

Titel: Samuel Carver 02 - Survivor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Cain
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Körper.
    Es war noch eine Frau in dem Raum. Sie suchte Blickkontakt zu Aliks. »Genau wie zu Hause im türkischen Bad!«
    Das sagte sie auf Russisch.
    Aliks lächelte. »Nur dass wir in Moskau keinen Badeanzug tragen müssen. Nackt ist es so viel angenehmer.«
    »Was erwarten Sie? Das ist ein amerikanisches Hotel …« Die Frau schüttelte spöttisch bedauernd den Kopf. »Ein verrücktes Volk.«
    »Vorsicht«, meinte Aliks, »mein Freund ist Amerikaner.«
    »Dann ist er vielleicht eine Ausnahme!«
    Die Frau sah sich um und vergewisserte sich, dass sie allein waren. Dann fuhr sie fort; der Plauderton war verschwunden: »Was hat er unternommen, Ihr Freund?«
    »Er hatte gestern ein Treffen mit einem Italiener, mit wem, wollte er nicht sagen. Aber ich weiß, dass sie sich in einem Park getroffen haben, auf dem Aventin. Er hat erzählt, dass man dort eine wunderbare Aussicht auf den Petersdom hat. Vielleicht gibt’s da Überwachungskameras, die Ihnen helfen können. Und er hat eine Nachricht von Novak bekommen. Ich weiß nicht, worum es geht, aber sie betraf ein Haus in Frankreich.«
    Sie nannte die Einzelheiten. Die Frau war nicht sonderlich beeindruckt.
    »Das ist nicht genug – ein Treffen, aber Sie wissen nicht, mit wem; ein Haus, aber Sie wissen nicht, worum es geht. Moskau erwartet mehr von Ihnen.«
    »Tut mir leid. Ich versuche mein Bestes.«
    »Wie dem auch sei, ich soll Ihnen von der stellvertretenden Direktorin etwas ausrichten. Sie bedauert, Ihnen mitteilen zu müssen, dass Ihr Freund in Genf verstorben ist. Dementsprechend sind Ihre Zahlungen an die Klinik gestoppt worden.«
    Aliks schnappte nach Luft. Sie starrte die Frau mit aufgerissenen Augen an, dann schlug sie die Hände vors Gesicht, beugte sich vornüber und schluchzte, zuerst leise und schließlich hemmungslos.
    Die Fremde machte keinen Versuch, sie zu trösten.
    »Sie müssen einsehen«, sagte sie irgendwann, »dass das nichts an Ihrem Auftrag ändert. Den haben Sie weiterzuverfolgen. Das ist ein Befehl.« Sie stand auf, um zu gehen. »Entspannen Sie sich noch ein wenig.«

    »Was haben Sie denn?«, fragte Vermulen, als Aliks in die Suite zurückkam.
    Gute Frage. Aliks war so verstört, dass sie ihren Schmerz nicht überspielen konnte. Und als sie sich fragte, warum, sah die Antwort viel komplizierter aus als ein normaler Trauerfall.
    Natürlich war sie wegen Carvers Tod am Boden zerstört. Sie dachte an den Mann, der er einmal gewesen war, an ihre gemeinsame Zeit und die Zukunft, die sie hätten zusammen verbringen können. Monatelang hatte sie sich an die Hoffnung geklammert, er würde sich wieder erholen, vielleicht nicht vollständig, aber doch so, dass sie eine Beziehung führen könnten. Jetzt war die Hoffnung ein für alle Mal zerstört, und an die Stelle der beständigen dumpfen Qual, ihn in der Klinik in seinem Dämmerzustand zu erleben, war ein trostloser Schmerz über seinen Verlust getreten.
    Und gleichzeitig, obwohl sie es sich kaum eingestehen wollte, empfand sie noch etwas anderes: Erleichterung. Die Verantwortung, die Carvers Zustand ihr aufgebürdet und die ihre Gefühle für ihn vergiftet hatte, war eine schwere Last gewesen. Tief im Innern hatte sie es ihm übel genommen, dass er sie verlassen hatte, dass er sich in den Wahnsinn geflüchtet hatte, sodass sie allein mit der Situation zurechtkommen musste und sich schließlich gezwungen sah, den Vermulen-Auftrag anzunehmen. Andererseits hatte sie sich schuldig gefühlt, weil sie so schreckliche, ungerechte Gedanken hegte. Und selbst das hatte sie ihm noch übel genommen.
    Jetzt war er tot, und die Last war von ihr genommen. Sie durfte ihn nun im Gedächtnis behalten, wie er zu Anfang ihrer Beziehung gewesen war. Und sie konnte sich ein neues Leben aufbauen, ohne an die Kreatur gebunden zu sein, die aus ihm geworden war. Irgendwo in einer Nische ihres Bewusstseins wartete sogar ein Gefühl der Erregung angesichts der Möglichkeit, für etwas Neues frei zu sein.
    »Ach, eigentlich nichts«, sagte sie. »Ich habe nur eben eine alte Bekannte in der Lobby getroffen. Sie hat mir von einem gemeinsamen Freund erzählt. Er ist lange krank gewesen, und sie hat kürzlich erfahren … dass er gestorben ist.«
    Vermulen saß am Schreibtisch. Jetzt stand er auf und streckte ihr die Arme entgegen. In seinem Blick lag ein tiefes Verständnis, als wäre eine Frage beantwortet, ein Problem gelöst.
    Schließlich ging sie zu ihm, nicht, um ihren Auftrag zu verfolgen, sondern weil er ein lebendiger

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