Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Samuel Carver 02 - Survivor

Samuel Carver 02 - Survivor

Titel: Samuel Carver 02 - Survivor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Cain
Vom Netzwerk:
Mann war und sie den Schutz seiner starken Arme und seiner breiten Schultern brauchte. Sie lehnte den Kopf an seine Brust, und er strich ihr übers Haar und ließ sie weinen. Dann fasste er ihr unters Kinn und tupfte ihr die Tränen von den Wangen. Sie küssten sich, zuerst zaghaft, dann mit wachsender Leidenschaft, und ohne ein weiteres Wort nahm er ihren Arm und führte sie in sein Schlafzimmer.

47
    Drei Tage waren vorbei, einer lag noch vor ihnen. Es war später Nachmittag, und bis Sonnenuntergang dauerte es noch eine Weile. Sie überquerten einen nach Südosten zeigenden Hang, wo sie vor dem Wind, der vom Meer her wehte, geschützt waren. Die Berge waren hier nur fünfzehn- bis achtzehnhundert Meter hoch, aber sie waren von scharf gezackten Felsspitzen gekrönt, die alle wie ein kleines Matterhorn oder wie ein kleiner Eiger aussahen, wodurch sie umso imposanter erschienen. Carver war wieder genauso fit wie Larsson. Sie erklommen den Hang in Serpentinen, um sich den Aufstieg zu erleichtern. Sie redeten nicht viel. Bei den täglichen Anstrengungen war der Atem zu kostbar, und sie wollten ihn nicht durch Plaudern verschwenden.
    Der Hang führte zu einem lang gestreckten freien Kamm, einem wenige Meter breiten Gebirgsgrat, der zu beiden Seiten fast senkrecht abfiel, bevor er sich zu einem weniger steilen Hang verbreiterte, der wie die Seite einer Pyramide zu dem dreihundert Meter tiefer gelegenen Talboden hinabführte. Die beiden Männer hatten vor, den Kamm zu überqueren und zu tieferen, geschützteren Stellen hinunterzufahren, wo sie ihr Zweimannzelt aufschlagen konnten. Dort wollten sie auf ihrem Naphthakocher Wasser erhitzen und die Trockennahrung zubereiten. Carver freute sich auf Rindfleischcurry mit Reis, eine klassische Mahlzeit aus dem Kochbuch der Royal Marines – es war wie der Geschmack alter Zeiten.
    Je höher sie stiegen, desto ungeschützter waren sie. Der Wind frischte auf, zerrte an ihren Jacken, drückte gegen die Rucksäcke, schlug ihnen die Kapuze gegen die Ohren. Seit einer Stunde erhob sich der Hang vor ihnen und füllte ihr Blickfeld fast ganz aus. Allmählich waren graue Wolken aufgezogen und hatten den Himmel ein wenig verdunkelt. Aber nun, wo sie sich dem Kamm näherten, öffnete sich der Blick bis zum Atlantik.
    Ein paar Schritte weiter zeigte Larsson ein paar Mal energisch zum Horizont und schrie nur das Wort »Sturm«.
    Das brauchte er Carver nicht zu sagen. Von Nordwesten drohte eine schwarze Wolkenwand und verdeckte die untergehende Sonne, als wäre ein gigantischer Vorhang vor den Himmel gezogen worden.
    Der Wind gewann mit jeder Minute an Kraft und peitschte Schneeflocken durch die Luft, die ihnen fast horizontal ins Gesicht flogen. Die Temperatur fiel, und die Auskühlung durch den Wind wurde fast zur größeren Bedrohung. An ungeschützten Hautstellen kann man innerhalb von Minuten Erfrierungen erleiden.
    Carver sah an Larsson vorbei zum Kamm, dann zu der anrückenden Sturmwand hinüber. Bis das Unwetter einsetzte, würden sie es nicht mehr bis über den Kamm schaffen. Wenn es sie dort oben einholte, wo nirgends eine Deckung war, würden sie wie Löwenzahnsamen weggeweht werden. Selbst wenn sie den Wind überlebten, hätten sie noch mit dem Whiteout zu kämpfen. Der aufgewirbelte Schnee und das diffuse, düstere Licht würden alle Konturen verschwinden lassen, sodass sie in dem gestaltlosen Weiß, wo sich rechts und links, oben und unten auflösten, die Orientierung verlieren würden. Auf ebenem Grund war ein Whiteout schon gefährlich genug. Auf einem schmalen Gebirgsgrat, wo es auf beiden Seiten steil in die Tiefe ging, bedeutete es den sicheren Tod.
    Carver zeigte nach oben, schüttelte einmal energisch den Kopf und zog einen Finger quer über die Kehle. Larsson nickte zur Antwort und zeigte nach unten. »Zelt aufschlagen – jetzt!«, schrie er. Bei dem tosenden Wind war er kaum zu verstehen.
    Sie machten kehrt und fuhren ein Stück zurück zu einem kurzen ebenen Felssims im Windschatten des Hangs, der einen dürftigen Schutz vor den Elementen bot. Sie schnallten die Skier ab und stießen sie zusammen mit den Stöcken senkrecht in den Schnee, dann stellten sie die Rucksäcke daneben. Jeder hatte eine Schneeschaufel bei sich. Die banden sie los und fingen wortlos an, aus dem Schnee ein rechteckiges Loch auszuheben, dem Abschnitt eines flachen Schützengrabens vergleichbar, und kämpften dabei gegen Wind und Schneetreiben an, die entschlossen schienen, ihre Arbeit

Weitere Kostenlose Bücher