Samuel Carver 04 - Collateral
an. Es waren auch ein paar Falten hinzugekommen, und die schwarzen lockigen Haare waren stahlgrau geworden, doch seine Ausstrahlung von Vitalität und kämpferischer Entschlossenheit war ungemindert.
»Schön, Sie wiederzusehen, Sam«, sagte Klerk und quetschte ihm die Hand. »Freut mich, dass Sie es einrichten konnten. Sie sollen wissen, dass ich nicht vergessen habe, was Sie für mich und meine Familie getan haben. Das kann ich Ihnen nie vergelten. Nie.«
Carver lächelte schräg eingedenk des dicken Honorars, das auf seinem Schweizer Bankkonto eingegangen war. »Sie haben es angemessen versucht, Mr. Klerk.«
Der Tycoon lachte. »Ja, das ist wahr! Aber he, nennen Sie mich Wendell. Sie sind mein Gast und in meinem Haus. Da möchte ich nicht auf Förmlichkeiten beharren.«
Er ging zu dem Tisch, wo das Tablett stand, ignorierte das Wasser und goss sich einen großzügig bemessenen Whisky ein, kippte ihn hinunter und schenkte sich nach, bevor er zu Carver an den Kamin trat.
»David Shepherd hat das für mich gemalt – der beste Tiermaler der Welt«, sagte er und schaute zu dem Gemälde auf. »Bemerkenswert ist, dass er es ausschließlich nach Fotografien malte. Der alte Bulle war tot. Ich habe ihn geschossen – ganz legal, sollte ich wohl hinzufügen. Das sind seine Stoßzähne: hundertelf und hundertdreizehn Pfund schwer. Wir waren in Nordostnamibia, im Caprivi-Zipfel. Ich sag Ihnen, Mann, als ich mit diesen Prachtexemplaren nach Kapstadt zurückkam, wollte mir niemand glauben. Stellen Sie sich vor, sie haben mich die Liebe einer schönen jungen Frau gekostet.«
»Wie das?«
»Sie hieß Renée, ein schönes Mädchen, aber es war ihr zuwider, dass ich so prachtvolle Tiere erlege. Ich habe versucht, ihr zu erklären, dass es zur Arterhaltung notwendig ist, eine gewisse Anzahl Tiere zu töten. Wenn die Elefantenpopulation zu groß wird, vernichten die Tiere ihren Lebensraum, indem sie ihn kahl fressen. Danach ist für sie und andere Tiere, mitunter auch für die Menschen, nichts mehr übrig, und die Lage wird übel. Da ist es für alle besser, durch eingeschränkte Jagd vorzubeugen. Dadurch wird auch legales Elfenbein erwirtschaftet, sodass die Wilderer weniger Gelegenheit zum Geldmachen haben.«
»Was hat Renée dazu gesagt?«
»Es sei ihr egal. Tiere töten sei falsch, und sie könne keinen Mann lieben, der einen wehrlosen Elefanten umbringt. Ich habe erwidert, sie solle doch mal auf einen zornigen Bullen zugehen und sehen, wie wehrlos er ist, und ob es ihr gefallen würde, so einen Stoßzahn in die Eingeweide zu bekommen.«
»Ich wette, das gefiel ihr nicht.«
»Nein, ganz entschieden nicht! Doch mein Argument ist stichhaltig. Manchmal muss ein Teil der Herde ausgemerzt werden, und ab und zu muss man auch einen bösartig gewordenen Bullen erlegen. Verstehen Sie das, Sam?«
»Sicher.«
»Gut«, sagte Klerk, »denn Sie sollen etwas Ähnliches für mich tun.«
26
Einen Moment lang schloss Carver seufzend die Augen. »Sie wissen, solche Aufträge übernehme ich nicht mehr«, sagte er.
Klerk nickte. »So hörte ich, ja.«
»Warum fragen Sie mich also?«
»Weil dies ein spezieller Fall ist.« Klerk stellte sein Whiskyglas auf den Kaminsims. Als er zur Erklärung ansetzte, hob er bittend die Hände. »Hören Sie, ich bin wirklich überzeugt, dass das, worum ich Sie bitten werde, unsere Welt besser macht. Sie können Zehntausende, sogar Hunderttausende Leben retten. Millionen Menschen werden freier, gesünder und wohlhabender sein.«
Carver trank einen Schluck. »Und wie genau soll ich das anstellen?«
Klerk sah ihm in die Augen. »Indem Sie diesen wahnsinnigen, tyrannischen alten Bastard Gushungo töten, den Präsidenten von Malemba.«
»Wozu? Der Mann ist über achtzig. Er wird sowie nicht mehr lange leben.«
»Das haben die Leute schon gesagt, als er über siebzig war«, erwiderte Klerk. »Und während die Leute zehn Jahre lang darauf gewartet haben, ist das ganze Land verkommen. Wir sprechen von einer jährlichen Inflationsrate von elf Millionen Prozent. Es ist billiger, sich den Hintern mit malembischen Dollar abzuwischen, als Toilettenpapier zu kaufen. Sie haben gerade eine Hundert-Trillionen-Dollar-Note gedruckt, und sie ist nicht mal das Papier wert.«
»Ist das der Grund, warum Sie ihn tot sehen wollen? Um die Inflationsrate zu senken? Sind Sie sicher, dass nicht persönlichere Gründe im Spiel sind?«
»Wissen Sie, Carver, das schätze ich so an Ihnen: Sie lassen sich keinen Mist erzählen.
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