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Samurai 1: Der Weg des Kämpfers (German Edition)

Samurai 1: Der Weg des Kämpfers (German Edition)

Titel: Samurai 1: Der Weg des Kämpfers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Bradford
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mit einem schwarzen Vollbart und leeren weißen Augen.
    »Kann mir jemand sagen, was das ist?«, fragte Yamada.
    Kiku hob die Hand.
    »Ein Daruma. Er zeigt Bodhidharma, den Gründer des Zen. Man schreibt den eigenen Namen auf das Kinn, füllt ein Auge schwarz aus und wünscht sich dabei etwas. Geht der Wunsch in Erfüllung, malt man auch das zweite Auge schwarz an.«
    »Richtig, aber ein Daruma ist noch viel mehr.« Yamada gab der Puppe vor ihm einen Schubs.
    Die Holzpuppe neigte sich zu einer Seite, wurde langsamer, neigte sich zur anderen Seite, wurde wieder langsamer und wiederholte diese Bewegung in immer kleineren Ausschlägen.
    Geduldig warteten die Schüler darauf, dass Sensei Yamada fortfuhr, doch der Alte schien in Trance gefallen zu sein. Erst als die Puppe sich nicht mehr bewegte, hob er den Kopf und sah seine Schüler an, als sei er erstaunt, dass sie überhaupt noch da waren.
    »Kann mir jemand die ›neun Ansichten‹ nennen?«, fragte er. Offenbar hatte er vergessen zu erklären, was ein Daruma noch alles war.
    Niemand hob die Hand.
    Sensei Yamada wartete.
    Immer noch meldete sich niemand, doch Yamada wartete trotzdem weiter, als müsste sich die Antwort in den Köpfen der Schüler erst bilden.
    Endlich meldete sich Kiku zögernd.
    »Ja, Kiku-chan?«
    »Sind das vielleicht die neun Regeln auf dem Weg zur Erleuchtung?«
    »Nicht genau, Kiku-chan, aber schon recht gut«, sagte Yamada sichtlich erfreut. »Es handelt sich um eine ansteigende Folge von neun Stufen oder Ansichten, die der Samurai während der Meditation durchlaufen muss. Das richtige Verständnis der neun Ansichten führt letztlich zum satori , zur Erleuchtung.«
    Ein rätselhaftes Lächeln erschien auf seinen Lippen und seine Augen funkelten wie die Sonne auf einem Fluss. Jack spürte, wie der Blick ihn erfasste, und er fühlte sich wie ein Blatt, das im selben Fluss trieb.
    »Diese Technik der Meditation heißt zazen . Ziel des Zazen ist es, zu sitzen und die Gedanken zu öffnen. Ist der Geist erst von seinen vielen Fesseln befreit, kann er zur wahren Natur des Daseins vordringen und dabei zur Erleuchtung gelangen.«
    Sensei Yamadas angenehme Stimme klang wie ein plätschernder Bach, ein summender Bienenschwarm und eine zärtliche Mutter zugleich. Jack verstand zwar nicht genau, wovon Sensei Yamada redete, aber er ließ sich willig in dem hypnotischen Auf und Ab der klangvollen Worte des Lehrers treiben.
    »Heute wollen wir Zazen an dem Daruma üben«, sagte Yamada. »Wir meditieren für die Dauer eines Räucherstäbchens.« Er zündete ein kurzes Räucherstäbchen an, das die Zeit messen sollte.
    »Die erste Ansicht besteht darin, die richtige Meditationshaltung einzunehmen, wie ihr es bereits tut – man sitzt mit gekreuzten Beinen, der Rücken ist gerade, aber entspannt, die Hände liegen aufeinander, die Augen sind halb geschlossen.«
    Alle folgten seinen Anweisungen.
    »Die zweite Ansicht beinhaltet, aus dem hara unmittelbar über dem Bauchnabel zu atmen. Dort liegt euer Zentrum. Ihr atmet langsam, ruhig und gleichmäßig. Mokuso. « Er begann mit der Atemmeditation.
    Jack konzentrierte sich, hatte aber Schwierigkeiten, sein Atemzentrum von der Brust nach unten in den Bauch zu verlagern.
    »Mit dem hara , Jack-kun, nicht mit der Brust«, sagte Yamada leise.
    Wie hat er das gemerkt?, dachte Jack verblüfft. Er konzentrierte sich wieder auf seinen Atem und versuchte, den Bauch hinauszudrücken, statt die Brust zu heben.
    Sensei Yamada ließ die ganze Klasse einige Minuten lang langsam atmen.
    »Bei der dritten Ansicht geht es darum, den Geist zu beruhigen. Lasst alle unwichtigen Gedanken, störenden Gefühle oder Ärgernisse los. Stellt euch vor, sie sind Schnee in eurem Kopf. Lasst sie schmelzen, bis sie verschwunden sind.«
    In Jacks Kopf schwirrten die Gedanken wie in einem Wespennest. Er dachte an Kazuki, das Buch seines Vaters, an Drachenauge, Akiko, sein Zuhause, Masamoto, seinen Vater, Jess … Sobald Jack einen Gedanken beiseiteschob, nahm gleich der nächste seinen Platz ein.
    »Die vierte Ansicht ist die Erfüllung. Wenn eure weltlichen Gedanken verschwinden, füllt euren Körper mit Ki. Stellt euch vor, ihr seid ein leeres Gefäß. Gießt eure Lebenskraft hinein wie Honig. Sie soll euch von der Sohle bis zum Scheitel erfüllen.«
    Jack konnte sich nicht auf die nächste Stufe konzentrieren. Ständig lenkten ihn neue Gedanken ab.
    »Die fünfte Ansicht ist die der natürlichen Weisheit. Wer in sich ruht und sein Gleichgewicht

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