Samurai 1: Der Weg des Kämpfers (German Edition)
man die letzte Wahrheit über das Leben selbst erfahren muss, statt sie durch Lernen herauszufinden.«
»Wie bitte?« Jack hatte trotz aller Anstrengung immer noch nicht verstanden, worum es ging.
»Sensei Yamada will uns führen, nicht belehren. Die Antwort muss jeder für sich selbst finden. Wenn Sensei Yamada sie euch einfach gesagt hätte, hättet ihr sie nicht in ihrer wahren Bedeutung erkannt.«
»Ich schon!«, fiel Saburo ein. »Und ich hätte mir einige Kopfschmerzen erspart!«
Am Abend zündete Jack in seinem Zimmer ein kurzes Weihrauchstäbchen an, setzte sich im Halblotus auf den Boden und betrachtete die rote Puppe. Er stieß sie an und sah zu, wie sie hin- und herschaukelte. Dann wartete er geduldig auf die Erleuchtung.
Das Stäbchen brannte herunter und die Erleuchtung blieb aus. Also zündete er noch eins an und gab der Puppe wieder einen Schubs.
Die sanfte Schaukelbewegung machte ihn schläfrig. Er schubste die Puppe noch einmal an. Seine Gedanken begannen zu wandern. Niemand störte ihn und die Puppe schaukelte vor sich hin.
Er entspannte sich … Seine Augen gingen halb zu … Sein Atem verlangsamte sich … Er wurde ruhiger … Seine Gedanken begannen sich zu ordnen … Eine sanfte Wärme erfüllte ihn … das Ki … Ein einzelner Gedanke leuchtete hell auf.
Jack wusste, was er sich wünschen wollte.
Er malte das erste Auge aus.
29
Sensei Kyuzo
Jack flog durch die Luft.
Der Boden kam ihm entgegen. Mit einem hässlichen Knirschen landete er auf dem Rücken und bekam keine Luft mehr. Würgend lag er da.
Im nächsten Augenblick plumpste Yamato neben ihm herunter, gefolgt von Saburo, der auf Jack und Yamato fiel, sodass sie sich nicht mehr bewegen konnten.
»Idiot!«, schimpften sie.
»Entschuldigung.« Saburo rollte von ihnen herunter und rieb sich die Brust. »Aber ich konnte einfach nicht glauben, was er sagte.«
»Jetzt weißt du, dass es stimmt!« Yamato stieß ihn weg.
Jack sah Saburo verärgert an. Saburo war schuld an ihrer Blamage. Sensei Kyuzo hatte sich vorgestellt, seine Siege über verschiedene berühmte Krieger aufgezählt, und Saburo hatte in seinem Leichtsinn ungläubig geschnaubt. Empört hatte Sensei Kyuzo sich vor ihm aufgebaut.
»Glaubst du, ich würde lügen, um einen blutigen Anfänger zu beeindrucken? Glaubst du, jemand meiner Größe kann einen ein Meter achtzig großen Koreaner nicht besiegen? Steh auf! Und ihr auch, Yamato-kun und der Gaijin da.« Er zeigte mit einem knotigen Finger auf Jack. »Greift mich an! Alle zugleich!«
Verlegen und ein wenig wie erschrockene Kaninchen hatten die drei dagestanden. Der Alte war kleiner als sie, wirkte aber so gefährlich wie eine Klapperschlange.
»Na los, ich dachte, ihr seid Samurai!«, spottete er. »Ich gebe euch sogar noch einen Vorsprung. Ich werde nur den rechten Arm verwenden.«
Die anderen Schüler hatten gekichert, zu ungleich schien der Kampf.
»Greift an, los!«, brüllte der Sensei.
Die Jungen hatten einen Blick gewechselt und Sensei Kyuzo dann gleichzeitig angegriffen. Jack hatte den Lehrer noch gar nicht berührt, da flog er schon als Erster durch die Luft, unmittelbar gefolgt von Yamato und Saburo. Eine demütigende Niederlage!
Jack kniete sich wieder zwischen die anderen. Kazuki grinste ihn hämisch an.
»Ich danke meinen Eltern, dass sie mir einen so kleinen Körper mitgegeben haben«, sagte Sensei Kyuzo herausfordernd. »Andere Krieger unterschätzen mich deshalb, wie auch ihr mich unterschätzt. Glaubst du mir jetzt wenigstens, Saburo-kun?«
»Hai, Sensei«, sagte Saburo und verbeugte sich so hastig, dass er mit der Stirn auf den Boden schlug.
Sensei Kyuzo fuhr mit dem Unterricht fort. Um seine Worte zu unterstreichen, trommelte er immer wieder mit den Fingern gegen einen hölzernen Pfosten. Seine Finger waren so hart wie Eisen und der Pfosten erzitterte jedes Mal, wenn er dagegenschlug.
»Um größere Gegner besiegen zu können, musste ich meine Technik perfektionieren und doppelt so viel üben.«
Sensei Kyuzo sprach abgehackt und im Takt der trommelnden Finger.
»Wenn mein Gegner eine Stunde übt, übe ich zwei. Übt er zwei Stunden, übe ich vier. Der Schlüssel zur Kunst des Kampfes ohne Waffen ist harte Arbeit, ständige Übung und Disziplin. Hai?«
»Hai, Sensei«, murmelten die Schüler.
»Ich habe gefragt, ob ihr das verstanden habt. Auch die Götter im Himmel müssen eure Antwort hören. Hai?«
»Hai, Sensei!«, brüllten die Schüler im Chor, dass die Wände
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