Samurai 2: Der Weg des Schwertes (German Edition)
auf und umringten ihn. Hilfe suchend sah Jack zur Halle der Löwen, doch niemand ließ sich blicken. Akiko, Yamato und Saburo lagen bestimmt schon im Bett und schliefen.
»Ich soll dich in Ruhe lassen?«, rief Kazuki höhnisch. »Warum kannst du uns nicht in Ruhe lassen? Was hast du denn in unserem Land zu suchen? Warum tust du so, als seist du ein Samurai? Geh doch nach Hause.«
»Genau, geh nach Hause, Gaijin!«, echoten Nobu und Hiroto.
Die anderen Jungen wiederholten die Worte im Sprechchor.
»Geh nach Hause, Gaijin. Geh nach Hause, Gaijin. Geh nach Hause, Gaijin!«
Jack spürte, wie er rot im Gesicht wurde. Er wollte ja nichts lieber als nach Hause zu seiner Schwester Jess zurückkehren, aber er saß gegen seinen Willen in diesem Land fest, das ihn nicht wollte.
»Lasst mich einfach in Ruhe!«
Er wollte gehen, doch Nobu trat vor und stieß ihn zurück. Jack prallte mit einem anderen Jungen zusammen und der Junge schubste ihn von sich weg. Jack stolperte gegen einen Balken, verlor das Gleichgewicht, bekam den Kimono eines Jungen zu fassen und riss ihn auf.
»Pass doch auf!«, rief der Junge und trat ihn gegen das Bein.
Jack krümmte sich vor Schmerzen. Zugleich starrte er unverwandt auf die entblößte Brust des Jungen.
»Soll ich dich noch mal treten?«, fragte der Junge und holte mit dem Bein aus.
»Ich glaube, er bewundert deine Tätowierung, Goro«, sagte Hiroto. Er hatte dieselbe näselnde Stimme wie die vierte Person, die beim irezumi -Ritual anwesend gewesen war.
»Sieht gut aus, nicht wahr? Wir haben alle eine.« Hiroto zog seinen Kimono auseinander und ein kleiner schwarzer Skorpion kam zum Vorschein. Dann verpasste er Jack einen heftigen Fußtritt in die Rippen.
Er trat gleich noch einmal zu. Auch die übrigen Mitglieder der Skorpionbande zeigten ihre Tätowierungen und stellten sich lachend an, um Jack ebenfalls zu treten.
»Lasst ihn!«, befahl Kazuki plötzlich. »Da hinten kommt ein Lehrer.«
Die Jungen verschwanden hastig.
Zitternd vor Schmerzen, Wut und Scham lag Jack am Boden und hörte das vertraute Klopfen eines Stocks. Sensei Yamada näherte sich schlurfend.
Auf seinen Bambusstock gestützt sah er zu Jack hinunter wie damals vor fast einem Jahr, als Kazuki Jack das erste Mal aufgelauert hatte.
»Du sollst nicht auf Baustellen spielen. Das kann gefährlich sein.«
»Danke für die Warnung, Sensei«, sagte Jack bitter und versuchte seine Demütigung zu verbergen.
»Ärgert dich wieder jemand?«
Jack nickte. Er setzte sich auf und betastete seine geprellten Rippen. »Einige aus meiner Klasse wollen, dass ich aufgebe und nach Hause zurückkehre. Ich würde ja gern, wenn ich könnte …«
»Aufgeben kann jeder, Jack. Es ist die leichteste Sache der Welt.« Sensei Yamada half Jack auf. »Aber durchzuhalten, wenn alle erwarten, dass man klein beigibt, das zeugt von wahrer Stärke.«
Jack sah seinen Lehrer unsicher an. Sensei Yamada schien felsenfest an ihn zu glauben.
»Ich könnte dich fragen, wer es war«, fuhr der Sensei fort, »aber das würde nichts ändern. Du musst für dich selbst kämpfen, wenn du auf eigenen Füßen stehen willst. Und ich weiß, dass du das kannst.«
Er begleitete Jack zur Halle der Löwen. Bevor er sich in seine eigene Unterkunft begab, erteilte er Jack noch einen letzten Rat: »Denk dran: Nur wer aufgibt, scheitert.«
Er ging und Jack dachte über seine Worte nach. Vielleicht hatte Sensei Yamada ja Recht. Er musste es weiter versuchen. Die einzige Alternative war, das Handtuch zu werfen, aber genau das bezweckte Kazuki und so leicht wollte Jack sich seinem Gegner nicht geschlagen geben.
Er starrte die kalte Mondsichel an, die tief am Himmel stand, und gelobte sich, noch mehr zu trainieren. Er wollte früher aufstehen und mit dem Schwert üben. Außerdem wollte er Akiko bitten, ihm beim Bogenschießen zu helfen. Er musste alles dafür tun, um bei den Prüfungen unter die ersten fünf zu kommen.
Denn er musste die Technik der beiden Himmel lernen – wenn er sie nicht gegen Drachenauge brauchte, dann ganz bestimmt gegen die Skorpionbande.
Er wollte gerade die Halle der Löwen betreten, um schlafen zu gehen, da sah er aus den Augenwinkeln Akiko ganz in Schwarz gekleidet um die hintere Ecke des Butokuden biegen. Sie eilte im Laufschritt auf den Nebeneingang der Schule zu.
Schlagartig war Jack überzeugt, dass es sich bei dem ersten Eindringling, den er gesehen hatte, auch um Akiko gehandelt hatte.
Er rannte über den Hof, um sie einzuholen,
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